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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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nur wenigen Jahrmillionen abgelaufenen) Evolutionsschüben gekommen ist (adaptive Radiationen, z. B. die bekannten Artbildungsprozesse eines verdrifteten Finkenvogel-Schwarms auf den Galapagos-Inseln; weitere Beispiele s. Kapitel 7). Über die Bedeutung der
natürlichen Selektion
(5.) als entscheidende »Triebkraft« der Evolution gibt es ebenfalls keine kontroversen Diskussionen mehr. Ebenso ist die geschlechtliche |82| Zuchtwahl (
sexuelle Selektion
, 6.) als »auslesende Kraft« bei zahlreichen Tiergruppen (z. B. Fische, Vögel) unumstritten (Kutschera und Niklas 2004, Klingsolver und Pfennig 2007, Kutschera 2008 a). Zwei Beispiele zur sexuellen Selektion im Tierreich sind in Abb. 3.5 dargestellt.
    Wir müssen an dieser Stelle aber auch die Irrtümer im klassischen »Darwinismus« benennen. So liefert Darwin (1859/ 1872) nirgendwo eine befriedigende Definition des Artbegriffs und bleibt bei der Beschreibung von Artbildungsprozessen (Aufspaltung einer Abstammungslinie in Tochter-Spezies, s. Stammbaum Abb. 3.4) bei wenig spezifischen Aussagen. Der Titel des Buches
On the Origin of Species
… sollte eigentlich heißen
On the Transformation of Species
, da Darwin (1859/ 1872) im Wesentlichen den Arten-Wandel entlang der Zeitachse behandelt hat. Über den eigentlichen Ursprung (
Origin
) der ersten Lebensformen finden wir im Artenbuch keine auf Fakten basierenden (naturalistischen) Angaben. Bezüglich der Ursache der biologischen Variabilität verweist Darwin (1859/1872) auf Lamarck (1809) (Gebrauch/Nicht-Gebrauch von Organen, verbunden mit einer Vererbung erworbener Körpereigenschaften)– eine These, die durch Fakten widerlegt wurde (s. unten).
    Es soll in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, dass einige von Darwin (1859/1872) ständig gebrauchte Begriffe , wie z. B. »higher forms« (höhere Formen) oder »perfection« (Perfektionierung) bzw. »imperfect organs« (nicht perfekte Organe ) in der modernen Evolutionsbiologie nicht mehr gebraucht werden, da sie im Lichte unserer heutigen Erkenntnisse unzutreffend sind. Evolution bedeutet nicht
notwendigerweise
eine Komplexitätszunahme oder »Höherentwicklung«; »perfekte« Organismen gibt es in der Natur nicht (Kutschera und Niklas 2004). Es soll weiterhin betont werden, dass Darwin (1859/ 1872) unter dem Wortpaar »My theory« in der Regel eine Kombination seiner Konzepte 1. und 2. verstanden hatte: Im zusammenfassenden Kapitel XV finden wir z. B. mehrfach die folgende Formulierung: »The theory of descent with modification through variation and natural selection«, d. h. die »Theorie der Abstammung mit Abänderungen (d. h. Evolution an sich) durch Variation und natürliche Auslese (d. h. das Selektionsprinzip)«. 
    Abb. 3.6: Darwins Pangenesis-Hypothese zur Erklärung der Vererbung erworbener Körpereigenschaften, illustriert am Beispiel einer männlichen Generationen-Abfolge . Nach Darwin (1868) sollen von allen Zellen des Körpers so genannte Keimchen (gemmules, pangenes) abgegeben und in den Gameten konzentriert werden. Diese Keimchen-Pakete fusionieren in den Spermien bzw. Eizellen und sollen dann nach Befruchtung ein neues Individuum ergeben. Die Keimchen-Produktion soll durch die Umwelt modifiziert werden. Diese Darwinschen Spekulationen konnten nicht bestätigt werden.
    |83| In seinem Buch
Darwinism
bezieht sich A. R. Wallace (1889) auf alle drei »Arten-Monographien«, d. h. die Werk-Trilogie
On
the Origin of Species, The Variation of Animals and Plants under
Domestication
, und
The Descent of Man
(Darwin 1859/1872, 1868, 1871) wird als Einheit gesehen (s. Kapitel 1). In diesen fünf den »Darwinismus« darlegenden Bänden wird u. a. die
Pangenesis-Hypothese
vorgestellt. Wir wollen im Folgenden die im Doppelband Darwin (1868) ausführlich beschriebene Version dieser bis heute unbelegten Spekulationen diskutieren (Abb. 3.6) und hierbei u. a. die originellen Analysen von Dobzhansky (1955) berücksichtigen.
    Wie bereits dargelegt, nahm Darwin (1859/1872) in seinem Hauptwerk eine strikte Trennung von gesichertem Faktenwissen bzw. dessen Interpretation (»facts, theory«) und unbelegten Glaubensinhalten (»the doctrine of creation«) vor. Da der Autor die Ursache der biologischen Variabilität nicht erklären konnte, war hier Raum für die Einwirkungen eines übernatürlichen »Designers« übrig geblieben. In Darwins Bekanntenkreis wurde u. a. der unbekannte »Variationen-Generator« theologisch gedeutet (der biblische Gott soll Unterschiede

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