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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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raucus
(Archostemata). Diese versteinerte Zwischenform verbindet die archaischen Vertreter des Tribus Priacmini mit den moderneren Cupedini (nach Tan, J. & Ren, D.:
J. Nat. Hist.
40, 2653 – 2661, 2006).
    In der Woche, als ich die letzte Revision dieses Kapitels vorgenommen habe, ist zufälligerweise in der Wochenzeitung
Die
Zeit
ein kurzer Bericht erschienen, in dem ein seltener Ur-Käfer der Gattung
Tetraphalerus
abgebildet war (Abb. 5.9). In diesem Beitrag bezeichnete der oben zitierte Archostemata-Spezialist R. Beutel die Ur-Käfer als »Auslaufmodelle der Evolution«. Eine Antwort auf die (theologische) Frage, warum der »blinde Käfermacher « (Dawkins 1986), auf den wir im nächsten Abschnitt zu sprechen kommen werden, seine »Geschöpfe« aus dem Erdmittelalter (Abb. 5.7 bis 5.9) im Verlauf der letzten Jahrmillionen Art für Art hat aussterben lassen, bleibt gläubigen Menschen vorbehalten.

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|147| Der blinde Käfermacher: Warum gibt es so viele Coleopteren auf der Erde?
    In einem Interview, das ich im Februar 2007 in San Francisco, Kalifornien (USA) am Rande einer internationalen Wissenschaftskonferenz gegeben hatte, äußerte ich mich u. a. wie folgt: »Der Schöpfer war ein Käfermacher! Warum sonst hätte er Hunderttausende verschiedene Käferspezies erschaffen … und nur etwa 4600 Säugetierarten zustande gebracht? Der Kreationismus liefert dazu keine Antwort, die moderne Evolutionstheorie sehr wohl.« Da das Interview im auflagenstarken Magazin
Stern
(Nr. 13, 22. März 2007) unter der Überschrift »Der Schöpfer ist ein Käfermacher« veröffentlicht wurde, erhielt ich bald darauf zahlreiche Protestbriefe bibelgläubiger Bundesbürger , die sich bei mir u. a. über diesen »arroganten, gottlosen Käfermacher-Ausspruch« beschwert haben.
    In diesem Abschnitt möchte ich daher die lange überfällige Begründung nachliefern, wie ein Evolutionsbiologe die
Tatsache
erklärt, dass etwa jede vierte Tierart der Erde ein Käfer ist. Welche speziellen Merkmale zeichnen die Coleopteren als Insektenordnung aus?
    Abb. 5.9: Das graduelle Aussterben einer ehemals weltweit verbreiteten Käfergruppe durch Konkurrenz besser angepasster Arten, illustriert am Beispiel eines etwa 2 cm langen, heute nur noch sehr seltenen Ur-Käfers (
Tetraphalerus
bruchi
). Der Vertreter der Archostemata, der in der rezenten Fauna ein Relikt aus dem Erdmittelalter darstellt, wurde von der Bauchseite her aufgenommen (nach einem Foto von A. Marvaldi aus der Wochenzeitung
Die Zeit
, 22, 21. Mai 2008).
    |148| Die Rekapitulation der Systematik liefert eine erste vorläufige Antwort. Die Tierklasse der Kerbtiere oder Insekten (Insecta, Stamm Gliedertiere, Arthropoda) umfasst mit sechs Laufbeinen versehene Wirbellose (Hexapoda), deren Körper in Kopf, Halsschild (Scutum) und einen mächtigen Hinterleib (Abdomen) untergliedert ist. Käfer gehören zu den Fluginsekten (Unterklasse Pterygota) der Überordnung Neuflügler (Neoptera). Von den weltweit etwa 340 000 beschriebenen Arten leben z. B. in Mitteleuropa nur rund 20 000. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Käfer Kosmopoliten sind: Wir finden sie weltweit in allen nur denkbaren Lebensräumen der Erde – an Land und im Wasser.
    Betrachten wir nun den Körperbau der Käfer (Ordnung Coleoptera ), so wird deutlich, dass die Vorderflügel als feste, stabile, meist verdickte Schutzschilde umgebildet sind. Diese
Elytren
gaben den Käfern ihren Namen (das Wort Coleoptera kann mit »Dickflügler« übersetzt werden). Die verdickten Vorderflügel schließen nahtlos aneinander und umhüllen im angelegten Normalzustand den Insektenkörper (Abdomen) wie ein fester Panzer (Abb. 5.6). Weiterhin liefern die Vorderflügel (Elytren) über eine speziell gebaute, u. a. aus Chitin-Fibrillen bestehende und mit darüberliegender Wachsschicht versehene Cuticula einen Transpirationsschutz von hoher Effizienz. Käfer sind jene »krabbelnden Klein-Lebewesen«, die noch an den trockensten Orten der Erde existieren können (man denke in diesem Zusammenhang an die Mehlkäfer, Familie Tenebrionidae, die als Haushalts-Schädlinge in weitgehender Abwesenheit von Wasser leben und sich u. a. in Haferflocken-Vorräten vermehren ). Die versiegelten, verschließbaren Elytren und andere anatomische Besonderheiten sorgen des Weiteren dafür, dass die Käfer vor Krankheiten erregenden (pathogenen) Organismen, wie Bakterien, Protozoen und Pilzen sehr gut geschützt sind. Auch bei hoher Luftfeuchtigkeit

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