Tatsache Evolution
beschrieben in den Kapiteln 8 und 10). Für Säugetiere (Klasse Mammalia, einschließlich der Art
Homo sapiens
) hatte »Er« nur wenige ökologische Nischen auf der Erde eingerichtet, woraus sich die kleine Säuger-Artenzahl erklärt.
Anders formuliert: Kleine, auf ein Leben in Nischen angepasste Insekten (Coleoptera) konnten unzählige Mikro-Lebensräume erobern, besetzen und gegen konkurrierende Arten verteidigen , während für relativ große Wirbeltiere (Mammalia) derartige Räume in dieser Zahl nicht zur Verfügung standen – Elefantenherden benötigen ganz einfach viel mehr Platz und Ressourcen als Käfer- oder gar Bakterien-Populationen. Man könnte an dieser Stelle einwenden, dass aber doch derzeit auf der Erde etwa 6,7 Milliarden Menschen leben – die Spezies
H. sapiens
ist in Anbetracht dieser Tatsache mit einer gewaltigen Käfer-Horde zu vergleichen! Als Antwort soll das folgende Argument angeführt werden. Die seit etwa 1900 zu verzeichnende Massenvermehrung der Säuger-Spezies
H. sapiens
hat sozio-ökonomische und keine biologischen Ursachen (aber Konsequenzen) und soll daher in dieser vergleichenden Diskussion zu den Artenzahlen unberücksichtigt bleiben. Im Naturzustand |154| (d. h. bis vor die Zeit der industriellen Revolution) kam es nicht zu einer derartigen Massenvermehrung, d. h. die Menschen waren eine in die Natur integrierte Säugerart, die z. B. mit Wölfen und Bären um Nahrungsangebote u. a. Ressourcen konkurrieren musste.
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Darwins Selektionstheorie und Diskussionen zum Alter der Erde
In diesem Kapitel haben wir, ausgehend von den Ausführungen des Naturwissenschaftlers R. Bommeli (1890), dargelegt, dass nur wenige Jahre nach Erscheinen von Darwins Hauptwerk (1859/1872) das Andersartigwerden der Organismen (d. h. Evolution an sich) als Tatsache anerkannt war. Diese Schlussfolgerung wird durch die Darstellungen zur Evolution der Coleopteren unterstützt. Auf Grundlage der bekannten Käfer-Fossilfunde und molekularer Daten können wir die Abstammung und Diversifikation von Darwins Lieblings-Insektengruppe (Abb. 5.1) heute recht gut rekonstruieren (Hunt et al. 2007). Wie bereits in Kapitel 3 dargelegt wurde, war jedoch 50 Jahre nach Erscheinen von Darwins »Artenbuch« (d. h. 1909) ein gravierender Wandel bezüglich der akzeptierten Antriebskräfte der Arten-Transformationen eingetreten. Eine so genannte
Mutations-Theorie
, neue Typen von Organismen über spontane individuelle Erbgutänderungen erklären wollend, hatte das Variations/Selektions-Prinzip und die damit zusammenhängenden Konzepte (Populationen als Kollektive sich fortpflanzender Organismen usw.) verdrängt.
In diesem Zusammenhang war damals das Argument von einer »relativ jungen Erde« von großer Bedeutung. In einem klassischen Lehrbuch, welches unter dem Titel
Die Abstammungslehre
. Eine gemeinverständliche Darstellung und kritische
Übersicht der verschiedenen Theorien mit besonderer
Berücksichtigung der Mutationstheorie
erschienen ist, äußerte sich der heute in Vergessenheit geratene Autor P. G. Buekers (1909) zu dieser Frage wie folgt. Nach ausführlichen Darlegungen der damals gängigen Gegenargumente zum Darwin-Wallace’schen |155| Selektionsprinzip kommt Buekers auf das Erdalter zu sprechen: »Als Lord Kelvin (1899) die Ergebnisse der bis dahin gemachten Versuche, das Alter … der Erde zu bestimmen , zusammenfasste, kam er zu dem Schlusse, dass dieses Alter zwischen 20 und 40 Millionen Jahre liegen müsse. Eugen Dubois (1900/1902) schließt auf 36 bis 45 Millionen Jahre. Aus der Konstitution der Sonne leitet Helmholtz 20 Milllionen Jahre ab. Setzt man die Gesamtdicke der geologischen Schichten auf 80 km und die Schnelligkeit des Absatzes sedimentärer Bildungen auf 30 cm im Jahrhundert, so kommt man zu 26 Millionen Jahren.« Nun kommt Buekers (1909) zu seinem »Beweis« gegen die Darwinsche Variations/Selektions-Theorie: »Huxley und nach ihm Brooks berechnen mit manchen Forschern , dass der ganze Evolutionsprozess des Lebens nach der Selektionslehre bis zu 2500 Millionen Jahre erfordern würde. Haeckel schätzt die Dauer des Lebens auf 100 Millionen Jahre. Solche Schwierigkeiten, die einer Anwendung der Selektionstheorie ernstlich im Wege stehen, machen der Mutationstheorie keine Not oder lassen sich von ihrem Standpunkte aus viel leichter überwinden. Wir wollen sie in diesem Lichte etwas näher betrachten.«
Diese Ausführungen zeigen, dass fünf Jahrzehnte nach Veröffentlichung von Darwins
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