Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
meiner Antwort in die Augen zu sehen. Betreten blickte ich zu Boden. Ich musste ihm unbedingt klarmachen, dass es das war, was ich wirklich wollte.
»Ich werde mich dann in einer sicheren, glücklichen, stabilen Partnerschaft befinden«, erklärte ich, blickte wieder auf und hob das Kinn. »Mit einem Mann, der mich liebt und der mich nicht enttäuschen wird.«
»Das bist definitiv nicht du, die da gerade spricht.«
»Ich bin es, Sean – und das ist es, was ich will.« Ich merkte, wie ich Fahrt aufnahm. »Mir war klar, dass du das nicht verstehen würdest. Dad hat sein Unternehmen aus dem Nichts heraus aufgebaut. Er musste hart arbeiten, um es aufrechtzuerhalten, und dabei hat er sich auch noch um mich gekümmert, als ich klein war.« Ich hielt inne und dachte einen Augenblick an Dad. Das hatte ich in letzter Zeit viel zu selten getan. »Über die Jahre hinweg hat er für mich so viel aufgegeben, und nun ist es an der Zeit, dass ich etwas für ihn aufgebe.«
»Was – etwa deine Freiheit?«, fragte mich Sean und hob ungläubig die Augenbrauen.
Ich starrte ihn so kühl an, wie ich nur konnte.
»Ich gehe mal davon aus, dass dein Vater keine Ahnung von … von dieser geschäftlichen Seelenvereinigung hat?«
»Nein, hat er nicht. Außerdem würde ich das so nicht bezeichnen. Dad mag David, und er ist froh, dass ich ihn heirate. Alles andere wird für ihn ein Bonus sein, wenn wir erst einmal verheiratet sind. Und David ist nicht gefühllos, wenn es das ist, was du meinst. Es ist nur so, dass seine derzeitigen Lieferantenverträge kurz nach der Hochzeit auslaufen, und er erwähnte, das sei eine gute Möglichkeit, unsere beiden Familien miteinander zu vereinen.«
Sean musterte mich skeptisch.
»Außerdem bist du doch hier der gewiefte Geschäftsmann – ich hätte gedacht, gerade du würdest mich verstehen.« Ich wandte mich ein wenig von ihm ab und verschränkte abwehrend die Arme.
Sean schüttelte den Kopf. »Ich handele mit Grundbesitz und Unternehmen, die in Schieflage geraten sind. Ich kaufe und verkaufe Wirtschaftsgüter, Scarlett – ich handele doch nicht mit Menschen!«
Ich drehte mich wieder zu ihm um und starrte ihn finster an, doch ich merkte schnell, wie mir allmählich die Tränen kamen. Diese Genugtuung wollte ich ihm nicht geben.
»Bist du sicher, Sean? Seit wir uns kennengelernt haben, bin ich leider zu einem anderen Schluss gekommen.«
Sean versteifte sich, sämtliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht, und das, obwohl er doch geradezu um eine solche Retourkutsche gebettelt hatte, nachdem er mir mitsamt seinen anderen cleveren Analogien unterstellt hatte, meine Seele zu verkaufen. »Und jetzt werde ich zu Bett gehen, bevor irgendeiner von uns etwas sagt oder tut, was er bereuen könnte. Gute Nacht, Sean.« Ich ging zur Tür und drehte mich ein letztes Mal zu ihm um.
Sean sah jedoch wieder zum Fenster hinaus, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte.
»Gute Nacht, Scarlett«, erwiderte er kühl. »Schlaf gut. Das heißt, wenn dein Gewissen das überhaupt zulässt.«
26
W ährend unserer Rückreise nach London war die Stimmung recht gedämpft. Wenn wir miteinander sprachen – über die Abflugzeit, den Transport unseres Gepäcks und die Ankunft der Taxis –, verhielten wir uns höflich und gesittet.
Als wir endlich in Notting Hill angekommen waren, bezahlte Sean den Fahrer und trug dann wortlos und ohne zu fragen meinen Koffer die Eingangstreppe hinauf.
»Kommst du von hier aus klar?«, fragte er und vermied es, mir dabei in die Augen zu schauen.
»Ja«, erwiderte ich und fühlte mich mit einem Mal sehr befangen und gehemmt in seiner Gegenwart. »Danke, Sean, nicht nur für den Koffer. Auch dafür, dass du mitgekommen bist, mir bei der Suche nach meiner Mutter geholfen hast und so weiter.«
»Kein Problem. War’s das?« Er ging die Stufen wieder hinunter, blieb jedoch am Fuß der Treppe stehen und schaute noch einmal zu mir herauf.
Mir fiel nichts mehr ein, was ich noch hätte sagen können, deswegen lächelte ich ihn halbherzig an.
»Bis später, Scarlett«, erwiderte er mit einem angespannten Lächeln. Doch dieses »Bis später« war eher ein »Bis dann irgendwann mal« als ein »Wir sehen uns bald wieder«. Der Gedanke, dass ich Sean in der näheren Zukunft nicht mehr so schnell zu Gesicht bekommen würde – mit Ausnahme einer kurzen zufälligen Begegnung auf ebenjenen Stufen vor der Tür –, machte mich traurig.
Sean sprang die Treppe zu seiner Haustür hinauf und
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