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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Platz von einem milden Scheine erleuchtet, der den Augen wohltat, ohne sie zu blenden.
    Man kann sich wohl denken, daß die schöne und zärtliche Hurschid diese Art der Erleuchtung viel angenehmer fand, als all die bunten Lampen und Schwärmer des Prinzen von China, und daß sie solches augenblicklich für das Zeichen ihres geliebten Ferahschad erkannte.
    Siaûr und seine Wesire fingen auch an, die Entwicklung zu ahnen, als man auf beiden Seiten des großen Zeltes Numidier heraustreten sah, lebendige Löwen mit ihren Löwinnen Und jungen Löwen vorführend, die alle vollkommen gezähmt waren, und als sie an Hurschids Fenster kamen, sie ehrerbietig grüßten und sich ruhig auf der einen Seite des Platzes in eine Reihe stellten. Ihnen folgten ebenso viele Tiger und Panther und Leoparde, die ebenso zahm und mit noch mehr Zierlichkeit und Leichtigkeit der Prinzessin ihre Huldigung darbrachten.
    Sodann folgte ein Tanz, von Straußen ausgeführt; und hierauf hörte man eine Art Konzert von mannigfaltig abgestuften Zischtönen: die Instrumente dieser Musik waren nämlich Schlangen von den verschiedensten Farben; numidische Reiter auf prächtigen Rossen hielten diese Schlangen in den Händen und schwangen sie gegeneinander, ohne sich jedoch Schaden zu tun.
    Endlich erfolgte die große Auflösung des Ganzen, auf die man durch die bisherigen Vorspiele höchst gespannt war; die Wände des Zeltes sanken plötzlich nieder, und man erblickte auf einem von Gold und Edelsteinen funkelnden Throne den königlichen jungen Helden, der auf der Stelle für den Prinzen von Mauretanien erkannt wurde. Zugleich begann ein afrikanischer Sängerchor ein glänzendes Vorspiel zur Einleitung eines persischen Liedes, das der Prinz oder vielmehr der König von Numidien mit wohllautender und mächtiger Stimme sang, so daß es bis in den Palast hinein tönte. Es lautete aber also:
    Erkenne, o Sultan, Afrikas König – Willig erfülle dann dein Versprechen.
Anbetungswürdige Hurschid, o edle Prinzessin – Ferahschad, dem zärtlichen, schuldest du die Hand.
O Karfunkel, glänzender Edelstein, köstlicher Schmuck des väterlichen Thrones – Minder Licht strahlst wahrlich du aus,
Als ein einziger Blick Hurschids, der Flammen erzeugt: – Ihrer Augen Glanz muß jeder andre weichen.
    Alles erkennet die Macht der göttlichen Hurschid: – Unermeßlicher Wüsten grimme Bewohner vergessen die frühere Wildheit:
Schmeichelnd naht sich der Löwe, es seufzt der Tiger.
Würdest verwandeln in blühende Wonne-Gefilde, schöne Hurschid, ja du, die brennende Wüste:
Wenn die Schönheit den Wohnsitz verändert, sind Frühling und Liebe in ihrem Gefolge.
    Es läßt sich nicht beschreiben, welch tiefen Eindruck dieser begeisterte Gesang auf alle Perser und insonderheit auf Siaûr und Hurschid machte. Noch niemals wurde ein Fest zu so allgemeiner Befriedigung gegeben und beendigt. Selbst der Prinz von China sah sich zu dem Geständnis gezwungen, daß Ferahschads Fest das seinige weit übertroffen habe; er entschuldigte sich durch gewisse Umstände, die er nicht habe voraussehen können. Übrigens verzichtete er auf die Hoffnung, die Prinzessin von Persien zu erhalten; ja, er verlangte nicht einmal, sie zu sehen, nachdem er von dem Unheil vernommen hatte, das ihre Blicke bei denen anrichten konnten, die sie nicht heilen wollte. Und er reiste mit prächtigen Geschenken, die Siaûr ihm verehrte, heim nach China.
    Man feierte nun mit der größten Pracht Ferahschads Hochzeit mit Hurschid. Danach reisten die beiden glücklichen Gatten zusammen nach Afrika, und ihre Nachkommenschaft herrschte mehrere Jahrhunderte hindurch über diesen Weltteil.



Die Geschichte der drei Unglücklichen
    Es ist im ganzen Morgenlande wohlbekannt, daß Harun al-Raschid, Bagdads Kalif, oft in Begleitung seines Günstlings und Wesirs Dscha'afar nachts verkleidet durch die Gassen und Vorstädte Bagdads wanderte. Dabei lernte er nun manche Unregelmäßigkeiten kennen, die der Wachsamkeit seiner Wachtleute entgangen wären, und war imstande, sie zu unterbinden.
    Eines Nachts nun sah er im Mondenscheine drei Männer vor einer Türe stehen, die ihrer Kleidung und ihrem Aussehen nach dem Bürgerstande anzugehören schienen und sich vertraulich und ernsthaft unterhielten. Unbemerkt trat er zu ihnen und vernahm, wie sie sich mit den bittersten Worten ob ihres Mißgeschicks beklagten, das nach der Behauptung eines jeden nicht seinesgleichen hatte.
    Der erste sprach: »Kann ein Muselmann unglücklicher

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