Tausendschön
zurückgewiesen hatte, und immer noch vermochte er nicht zu überblicken, wie viel Schaden ihm das eingebracht hatte.
Ich bin gierig gewesen, gestand er sich selbst ein. Ich habe mir alles gewünscht und bin mit weniger als einem Bruchteil dessen belohnt worden. Weil ich nicht mehr verdient habe.
Einige wenige Male während der vielen dahinschleichenden Autostunden wanderten seine Gedanken zu Fredrika. Sie, die immer so tat, als würde es ihr nicht passen, dass er ihr die Autotür aufhielt, wo es doch eine verdammte Lüge war, dass sie jemals etwas anderes akzeptieren würde. Wie würde ein Alltag mit ihr aussehen? Wollten sie wirklich ein fester Bestandteil im Leben des anderen werden, oder würden sie an dem Tag, an dem sie endlich zusammenlebten, auf einmal feststellen, wie das so vielen anderen in ihrer Situation erging, dass ein gemeinsames Leben nur verlockend war, solange es nie realisiert werden konnte? Der Mensch war nur zu gut darin, sich in derlei Sachen selbst zu betrügen. Was immer er besaß, fehlte ihm nicht, und drum wurde es auch nicht wertgeschätzt.
Spencer wurde nervös, als er daran dachte. Vielleicht würde Fredrika, die so aufrichtig war, ihm erklären, dass sie so, wie er es nun plante, gar nicht mit ihm zusammenleben mochte.
Was zum Teufel mache ich dann?, fragte sich Spencer matt. Wohin gehe ich dann bloß?
Vielleicht waren es all diese schwermütigen Überlegungen, die ihn nachlässig machten und die Kontrolle über das Auto verlieren ließen. Es dauerte eine Sekunde, bis er merkte, dass der Wagen auf dem schneebedeckten, vereisten Boden die Haftung verloren hatte und dass die Glätte das Auto auf die entgegengesetzte Fahrbahn schleuderte. Und in dem småländischen Wald unter einem nachtschwarzen Himmel, von dem unermüdlich der Schnee fiel, hörte man einen Moment später das gewaltsame Geräusch zweier Fahrzeuge, die kollidierten. Zeugen sahen, wie sie aufeinanderprallten, zerstört und dann von der Straße geschleudert wurden, um schließlich gegen die Bäume zu krachen, die schon seit Jahrzehnten den Straßenrand säumten.
Nach dem Krachen kam die Stille, und man hörte überhaupt nichts mehr.
Kurz nach sechs Uhr ging Fredrika Bergman in die Teeküche und wärmte sich zum Abendessen eine Pirogge auf. Alex kam hinter ihr her. Sie hatte das Gefühl, als wolle er nicht nach Hause gehen.
» Wir können Johanna Ahlbin nicht erreichen«, sagte er frustriert.
» Auch nicht auf dem Handy? Sie hat uns doch ihre Nummer gegeben?«
» Nein.«
Die Mikrowelle machte Pling, und Fredrika holte ihr aufgewärmtes Essen heraus.
» Vielleicht sollten wir eine Streife zu ihrer Wohnung schicken und kontrollieren, ob alles in Ordnung ist«, schlug sie vor.
» Schon geschehen«, antwortete Alex. » Es hat niemand aufgemacht, als sie geklingelt haben. Die Wohnung ist dunkel. Sie haben auch bei ein paar Nachbarn geklingelt, aber niemand hat etwas gehört oder gesehen.« Alex setzte sich ihr gegenüber, als Fredrika anfing zu essen. » Warum wollte Sven Ljung die anderen in dem Kreis um Ragnar Vinterman nicht mit Namen nennen?«, fragte er nachdenklich.
Fredrika kaute und schluckte. Die Pirogge hatte sich im Ofen in Gummi verwandelt und schmeckte lasch.
» Weil er Angst hat?«
» Das habe ich auch gedacht«, sagte Alex bedächtig. » Vielleicht ist er zum Schweigen verdonnert worden, aber es kann genauso gut sein, dass er versucht, jemanden zu schützen.«
» Zum Beispiel seinen Sohn Viggo«, sagte Fredrika schlicht. » Ein Vater, der seinen Sohn schützt, das ist doch der Klassiker.«
Alex’ Kopf fühlte sich schwer an, als er nickte.
» Stell dir vor, da rede ich mit diesem Viggo, und der erwähnt nicht mit einer Silbe, dass er der Sohn der Eheleute Ljung ist und dass er im Grunde genommen neben Jakob und Marja Ahlbin aufgewachsen ist und mit ihren Töchtern gespielt hat. Er hat sogar behauptet, er hätte sie nie zuvor gesehen.«
Fredrika legte diskret das Besteck weg. » Nun wissen wir aber doch mit Sicherheit, dass Karolina zumindest mit Måns mehr als nur gespielt hat«, begann sie.
» Und?«, fragte Alex.
» Wissen wir denn auch, was für eine Verbindung die Schwestern zu Viggo hatten?«
Alex zögerte. » Darauf wage ich keine Antwort«, sagte er dann. » Ich glaube nicht, dass die Techniker sich heute auch noch mit seinen Einzelverbindungsnachweisen befassen können. Die sind ja gerade erst gekommen …«
Noch ein Stückchen Pirogge runtergezwungen.
» Wir werden etwas finden, da
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