Tausendschön
traurig aus. » Nein, aber es war offenbar wichtig, dass er an genau diesem Tag überreicht wurde.«
» Hat Jakob Ahlbin den Umschlag persönlich entgegengenommen?«
» Ja. Erst sah er erstaunt aus, als er mich erkannte, doch dann schien er zu begreifen, dass es diesmal nicht um Ronny Berg ging.«
Joar trommelte vorsichtig mit den Fingern auf die Tischplatte. » Hat er den Brief in Ihrem Beisein gelesen?«
Tony feixte. » Ja, allerdings. Er wurde sauwütend und sagte mir, ich solle diejenigen grüßen, die mich geschickt hätten, und sie sollten sich hüten, ihm zu drohen. Den Brief würde er verbrennen, behauptete er.«
» Was haben Sie dafür gekriegt, dass Sie den Boten spielten?«, fragte Peder.
Tony Svensson sah ihm direkt in die Augen.
» Sie würden mich im Gegenzug in Ruhe lassen«, antwortete er schließlich. » Und wenn ich Glück habe und meine Karten richtig ausspiele, dann werden sie auch meine Tochter in Ruhe lassen.«
» Die haben also gedroht, ihr etwas anzutun?«, sagte Peder ruhig.
Tony Svensson nickte mit feuchten Augen.
Joar sah einen Moment lang konzentriert und in sich gekehrt aus, dann setzte er sich plötzlich ganz gerade auf.
» Sie haben sie«, sagte er und klang beinahe beschwingt. » Sie haben sie als Garantie dafür mitgenommen, dass Sie Ihren Auftrag erledigen.«
Peder starrte von Joar zu Tony Svensson.
» Stimmt das?«, fragte er.
» Das stimmt«, sagte Svensson mit belegter Stimme. » Und ich weiß nicht, wie sie darauf reagieren, dass ich schon wieder hier war.«
Nachdem sie das Verhör mit Tony Svensson abgeschlossen hatten, entschuldigten Peder und Joar sich kurz, damit sie sich kurz besprechen konnten, ehe Svensson wieder nach Hause geschickt wurde.
» Ich glaube nicht, dass er blufft«, sagte Peder, sowie er mit Joar allein war.
Dieser Joar! Seine Abneigung gegen ihn war massiv und beeinträchtigte seine Urteilskraft. Das Einzige, was seine Gefühle im Augenblick milderte, war die Erinnerung an das Wochenende, an dem er, weil einer seiner Söhne krank geworden war, den Samstagabend und fast den ganzen Sonntag mit Ylva verbracht hatte.
» Es ist wichtig, dass wir zusammenhalten, wenn es darauf ankommt«, hatte er ihr gesagt, als sie vom Krankenhaus nach Hause gekommen war und er in der Küche stand und für sie alle Essen kochte.
Als wären sie eine Familie. Als gehörten sie richtig zusammen.
Ylva war derselben Meinung, und zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit verbrachten sie einen geruhsamen gemeinsamen Abend. Er fragte sie, wie es in ihrem Job lief, und sie erzählte ihm, dass es ihr jetzt viel besser ging. Das freute ihn zu hören, aber er hatte sich trotzdem nicht durchringen können, von seiner eigenen Situation zu berichten. Er hatte es noch nie ertragen können, ihr unterlegen zu sein, und dieses Mal war keine Ausnahme gewesen.
Joars Stimme ließ ihn wieder in der Gegenwart landen.
» Ich glaube auch nicht, dass er blufft, und denke definitiv, dass wir das Drohbild gegen ihn ernst nehmen sollten, aber …«
» Was aber?«, fragte Peder wütend.
» Ich bin nicht sicher, ob sie wirklich seine Tochter in ihrer Gewalt haben, wie er behauptet.«
» Doch, ich glaube ihm das«, sagte Peder entschieden, ohne darüber nachzudenken.
Was Joar wieder einen Vorteil verschaffte. » Wirklich? Denk mal nach, Peder. Warum sollten die das Risiko eingehen? Denn das wäre es wirklich: als Allererstes seine Tochter einzukassieren. Sie würden sie kaum hinterher freilassen können, denn dann würde sie ja jeden von ihnen identifizieren. Das aber heißt, dass sie sie töten müssten, und dann wären sie Kindsmörder. Davor schrecken die meisten Verbrecher erst mal zurück.«
» Das hier scheinen mir keine gewöhnlichen Kleinkriminellen zu sein.«
» Stimmt. Was es noch unwahrscheinlicher macht. Sie sind zu intelligent, um sich an einem kleinen Kind zu vergreifen. Allerdings zweifle ich keine Sekunde daran, dass sie ihm damit gedroht haben. Aber das ist eine andere Sache.«
» Du meinst also, Tony Svensson lügt uns vor, dass seine Tochter entführt worden ist, damit wir uns zurückhalten?«
» Genau. Und damit wir uns auch in Zukunft von ihm fernhalten.«
Peder dachte nach. » Uns fernhalten? Das geht nicht.«
» Finde ich auch«, sagte Joar verbissen. » Deshalb schlage ich vor, dass du wieder reingehst und das Verhör abschließt und den Papierkram erledigst, während ich raufgehe und mir die Genehmigung hole, den Typen zu beschatten. Ich glaube nämlich,
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