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Tausendstern

Tausendstern

Titel: Tausendstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ein und hofften, daß das Monstrum bald erscheinen möge. Heem, von dem man wußte, daß er in der Nähe der Gefahr für eine unbestimmte Zeitspanne still und nachdenklich wurde, stellte fest, daß seine Gedanken sich mit fundamentalen Spekulationen beschäftigten. Wo waren er und seine Geschwister hergekommen? Woher wußten sie, wie sie sich untereinander verständigen sollten? Was war ihre letzte Bestimmung?
    Die dritte Frage hatte eine klare und häßliche Antwort: Sie waren dazu bestimmt zu sterben. Die meisten waren bereits dieser Bestimmung gefolgt. Wahrscheinlich war die Flucht aus dem Tal die einzige Hoffnung, am Leben zu bleiben. Heem spürte seine eigene Sterblichkeit, das Anfangsstadium und die Unausweichlichkeit des Todes. Brachte es irgendwelche Vorteile, wenn man sich dagegen wehrte? Wenn nicht, warum hatte ausgerechnet er den Kampf dagegen aufgenommen?
    Doch er verließ diese Denkrichtung. Er litt wohl schon unter der Wasserkälte, unter dem Zustand der Unbeweglichkeit. Er hob sein metabolisches Niveau leicht an und hoffte dabei, daß das intensivere Aroma, das ihn umgab, von seinen Gefährten nicht wahrgenommen würde. Vielleicht machten sie sogar das gleiche.
    Nun wandte er sich einer anderen Frage zu. Kommunikation? Irgendwie hatten sie schon immer gewußt, wie sie sich Aroma zusprühten und zudüsten und nadelstrahlten, und sehr schnell lernten sie es auch, die verschiedenen Geschmacksnuancen als Informationsträger zu verstehen. Bestimmte Düfte und Geschmäcke transportierten bestimmte Dinge, wie es auch in der Natur üblich war. Süße bezeichnete Bekräftigung, Bitterkeit Ablehnung, Verneinung. Von diesem Ursprung aus entwickelten sich die Geschmacksarten zu immer komplexeren Definitionen und Erklärungen. Daß die Entwicklung in dieser Form ablief, schien in der Natur der Spezies zu liegen.
    Wie sah ihre eigene Herkunft aus? Soweit er sich hatte überzeugen und versichern können, waren sie alle gleichzeitig im Tal erschienen. Sie alle waren von körperlichem Wuchs recht klein gewesen. Er wußte es deshalb, weil Landmarken, Felsen und derartige Dinge früher einmal groß erschienen, mittlerweile jedoch klein wirkten, so daß man berechtigterweise davon ausgehen konnte, daß es die Lebenden waren, die sich veränderten. Alle hatten von Anfang an für sich selbst sorgen können, und ihnen fehlte lediglich die aus Erfahrung geborene Vorsicht. Jeder hätte sich vor jeder der Gefahren, die sie heimgesucht hatten, schützen können, hätten sie damals schon über Heems derzeitiges Wissen verfügt. Ganz bestimmt waren sie in aller Unschuld von irgendwo gekommen - aber woher? Auf diese Frage gab es keine Antwort; dieser Zeitpunkt lag noch vor dem großen Beginn.
    Es mußte einen festzulegenden Ursprung geben, entschied er. Intelligente Kreaturen tauchten nicht aus dem Nichts auf. Anderenfalls hätte es mehr Kreaturen von seiner Art gegeben. Das war nicht der Fall. Daher schien es so, als seien sie alle in einem einzigen Schöpfungsprozeß geschaffen worden. Oder sie waren alle an diesem Ort abgesetzt und ihrem eigenen Überlebenskampf überlassen worden. Heem fand die letztere Möglichkeit einleuchtender. Damit wäre eine Erklärung gefunden, was geschehen war, aber nicht warum. Warum sollte irgendwer oder irgendwas das alles getan haben?
    Ganz gleich, von welcher Seite er das Problem durchdachte, Heem konnte mit keiner Erklärung, die ihm einleuchtete, hervorrollen. Was immer für diese Situation verantwortlich war, mußte absolut böse sein. Falls er je die Chance bekommen sollte, sich zu revanchieren...
    Das Monstrum näherte sich! Heem spürte die Schwingungen im Wasser, getrennt von den Schwingungen in der Luft, als das Ding sich niedersenkte. Die gewaltigen Wasserstrahlen schossen nach unten und bewirkten unangenehm starke Turbulenzen. Einzig Strahldüsen mit gewaltiger Kraft konnten derartige Reaktionen hervorrufen, und der
    Aufruhr im Wasserloch wurde immer stärker.
    22
    Heem hatte plötzlich Angst. Vorher hatte er seine Nervosität unterdrükken können, nun brach sie hervor und entlud sich in einem ziellosen Herumstrahlen. Sämtliche kleine Poren seiner Haut öffneten sich, und die Schließmuskeln seines Körpers preßten die Wasserreserven hinaus. Es war eine Panikreaktion, die nichts weiter bewirkte, als daß er seine lebenswichtige Fortbewegungsflüssigkeit vergeudete.
    Mit Mühe sammelte er sich und spürte in diesem Moment das verschwimmende Aroma der Ausscheidungen seiner Gefährten.

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