Tausendstern
der Erb.
»Heems Nadeln können dir im Wasser nichts anhaben«, klärte der Squam sie auf.
»Das stimmt!« blinkte Windblume überrascht.
»Du wirst auch das andere Ende der Leine mitnehmen«, bestimmte der Squam. »Ich kann es nicht lange im Wasser aushaken. Ich muß Sauerstoff oder andere Gase einatmen, um meine Körperfunktionen aufrechterhalten zu können.«
»Zusätzliche zum Essen?« fragte Heem.
»Jeder von uns hat seine Schwächen«, blinkte der Erb nachsichtig.
Der Squam akzeptierte diese Bemerkung mit großem Takt. »Mein Leben wird in deiner Obhut liegen.«
Der Erb, von diesen Worten ermutigt, schlang die Leine um ihren kräftigen Stiel und bewegte sich zum Wasser. Heem folgte.
Als sie das Gitter erreicht hatten, grub der Erb ihre Wurzeln in das Sediment des Kanalbodens und verankerte sich fester, als es irgendeinem Tier möglich gewesen wäre, dann schloß sie ihre Blütenblätter zu dem kräftigen Bohrkeil. Der Bohrer begann zu rotieren und schob sich in das Gitter, es gab rüttelnde Vibrationen, und die Gitterstäbe rissen aus ihren Verankerungen. Kein Wunder, daß Squams sich vor Erbs fürchteten! Heem war es intellektuell bewußt gewesen, daß diese Pflanzen ein gutes Drehmoment besaßen, doch hatte er nicht geahnt, wie mächtig es war.
Windblume warf das verbogene Gitter ins Wasser. Es sank sofort auf den Grund, und Heem schmeckte die Aromen der Sedimente, die es an die Oberfläche wirbelte. Schon bald hatte er ein klares Bild - Jessicas Sehvermögen war wieder eine große Hilfe - von dem ganzen Sektor. Dicht hinter der Stelle, wo Windblume das Gitter herausgerissen hatte, befand sich eine zweite Abflußröhre, die diese rechtwinklig schnitt. Er rollte sich dort hinein, formte seinen Körper flach, wegen der Strömung, und erreichte das Ende der Röhre, die ebenfalls durch ein Gitter abgeschlossen war.
Der Erb folgte ihm. Doch hier ergab sich ein Problem. Das Gitter war zu hoch angebracht; Windblume konnte es nicht erreichen, als sie aus ihren Blütenblättern einen Bohrer formte. Heem konnte sich nicht mit ihr verständigen, da ihnen kein Übersetzer zur Verfügung stand, doch konnte er ihre Schwierigkeit schmecken. Wieder waren sie blockiert. »Kann sie auf dir stehen?« fragte Jessica. Das war es! Gewicht war im Wasser kein großes Problem. Wenn die ängstliche Windblume ihm nur trauen würde... Heem berührte vorsichtig Windblumes Wurzeln. Sie riß sie zurück, als ob sie verbrannt worden wären. Er flachte die Unterseite seines Körpers ab, verankerte sie fest in Rissen und Spalten im Boden des Rohres, und wölbte seinen Rücken empor. Und blieb so, ohne sich zu rühren.
Windblume war ein intelligenter Erb. Sie erkannte, was er beabsichtigte. Vorsichtig berührte sie ihn mit einer Wurzel. Heem blieb reglos. Eine zweite Wurzel. Bald stieg sie auf ihn und verankerte ihre Wurzeln mit einem unguten Gefühl in seiner weichen Haut. Ihm gefiel der Kontakt genausowenig wie ihr! Und doch war da ein fremder Reiz in Windblumes Berührung, die ihm seltsam angenehm war. »Sie ist eine Weibliche«, sagte Jessica. »Männliche mögen die weibliche Berührung, und du bist dafür besonders empfänglich - und nicht nur für die körperliche...« Sie brach den Satz ab, als ihr die Sinnlosigkeit solcher Spekulationen bewußt wurde.
»Auf solarischen Planeten - berühren die Leute einander?« fragte Heem. »Sie düsen einander nicht nur aus der Entfernung zu, sondern stellen engen Kontakt her - so wie hier?« »Das tun sie. Nicht auf diese Art, da wir keine Wurzeln besitzen, doch sehr eng. Wir nennen es eine Umarmung.« »Widerlich!« sagte Heem unwillkürlich. Sie lachte. »Es kann wirklich sehr angenehm sein, Heem; das würdest du bald feststellen, wenn du es probieren könntest.«
»Vielleicht«, sagte er, plötzlich neugierig. Was er über den fremden Gesichtssinn erfahren hatte und über eine Zusammenarbeit mit verschiedenen fremden Kreaturen, machte ihn zunehmend liberaler gegenüber fremden Eigenschaften. Plötzlich durchfuhr eine schwere Erschütterung seinen ganzen Körper. Der Erb begann mit dem Bohren. Heem verankerte sich fester, obwohl sich die Wurzeln noch schmerzhafter in sein Fleisch bohrten. Es gab einen furchtbaren Ruck, der ihn fast vom Boden der Röhre riß. »Festhalten, Heem! Sie bohrt das Gitter auf!«
Er wußte das. Er hielt sich fest. Die Erschütterungen wurden fast unerträglich. Pflanzenfasern mußten wirklich zäh sein, um diese Belastung aushalten zu können. Dann,
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