Tausendstern
sie. In Wirklichkeit drückte sie sich akustisch oder optisch aus, jedoch empfing er einen Nadelstrahl. »Sie benutzen den Transfer sogar als Methode der Geschlechtsbestimmung, wenn dies in bestimmten Fällen nicht auf Anhieb möglich ist. Zum Beispiel wenn der Vertreter einer Spezies in verschiedenen Lebensabschnitten das Geschlecht wechselt, wie bei den Mintakern zum Beispiel. Wenn eine Aura in einem männlichen Wirt landet, dann ist sie auch männlich.«
»Einverstanden. Deshalb muß das, was du mit dem Begriff >weiblich< belegst, in Wirklichkeit männlich sein.«
»Ist es bei deiner Spezies üblich, daß die männlichen Vertreter Nachkommen hervorbringen?«
»Nein. Das tun bei uns die weiblichen Individuen.« »Ich - tue es.«
»Du hast doch behauptet, du stammst aus dem Klon eines Männlichen!«
»Das stimmt auch. Nach dem Klonen wurde nur ein Detail verändert.«
»Von wegen Detail! Nach der Veränderung konntest du dich nicht mehr als dieselbe Persönlichkeit betrachten wie vorher!«
»Ich hatte kaum die Möglichkeit der Wahl, da es bereits wenige Stunden nach der Empfängnis geschah.«
Heem ignorierte ihre seltsame Zeiteinteilung. »Du mußt dich doch völlig anders entwickelt haben als deine andere Hälfte.«
»Nein. Wir wurden als Geschwister großgezogen, wie ich vorhin schon verlauten ließ. Wir wurden genau gleich behandelt und erzogen. Ich wurde als männlich bezeichnet, damit es keinen Streit gab - doch Jess und ich kannten die Wahrheit, von Anfang an. Als wir erwachsen wurden, lebten wir getrennt von unseresgleichen und in völliger Anonymität für unsere Nachbarn. Was nicht allzu schwierig war, denn wir waren von adligem Geblüt. Unsere Auren veränderten sich gemeinsam, indem sie ständig in engster Verbindung miteinander standen. Eher glich das Gebilde schon einer einzigen Aura mit zwei Körpern.«
Eine unbehagliche Pause trat ein. »Der Transfer hätte gar nicht stattfinden dürfen«, strahlte Heem schließlich. »Du hättest in einem weiblichen Wirt landen oder abgestoßen werden müssen.«
»Genau damit habe ich auch gerechnet. Wenn der Transfer gelang, würde ich einen weiblichen Wirt besetzen, oder mindestens ein Neutrum aus dem Segment Tausendstern, und die Schuld meines Bruders wäre abgegolten gewesen. Er brauchte sich nur zum Transfer zu melden; mehr wurde nicht garantiert. Wenn er abgestoßen würde, dann hätte das bedeutet, daß ein Wirt von Tausendstern nicht geeignet und die Vorschußzahlung an Jesse verfallen wäre. Ich rechnete damit, zurückgeworfen zu werden - und auf diese Weise das Besitztum unserer Familie retten zu können, ohne eine Mission übernehmen zu müssen, für die ich gar nicht qualifiziert war.«
»Sie werden es sofort erkennen - die Gemeinschaft der Wirte wird deinen Körper sofort als weiblich identifizieren, wenn sie ihn durch Übungen fit halten.«
»Wir haben dem vorgebeugt, für den Fall, daß etwas schiefging. Unser alter Diener auf dem Gut, Flowers, sollte den Körper zur Pflege mit nach Hause nehmen, so daß niemand ihn zu Gesicht bekäme. Ich glaube, es war sehr gut, daß wir das veranlaßt haben.«
»Aber daß es tatsächlich zum Transfer kam - in einen männlichen Wirt!
Das läßt sich durch nichts erklären.«
»Sicher, das erscheint einmalig. Meine Ankunft war für uns beide schmerzvoll; fast wäre ich abgestoßen worden, doch es kam nicht so ganz dazu. Der Effekt ist für mich noch immer spürbar; dein System stößt meine Aura grundsätzlich ab. Ich glaube, der Klon-Faktor hat den Transfer ermöglicht. Meine Aura konnte die Maschine täuschen, daher wurde ich als Vertreter männlichen Geschlechts in den Transfer geschickt, und dein System mußte mich als männliche Persönlichkeit annehmen, obwohl ich es gar nicht war. Ich bin es auch nicht! Da die ursprüngliche Entität vor dem Klonen männlich war, war ich als männlicher Vertreter mit einem zusätzlichen X-Chromosom anzusehen. Wirklich. Jesses Aura ist der meinen schrecklich ähnlich. Unter gewissen Umständen...«
»Deine Logik ist weiblich. Also verhält es sich wohl so, wie du es beschreibst«, nadelte Heem lahm. »Daher läßt sich auch die anfängliche Bewußtlosigkeit erklären, unter der wir beide litten, und die Probleme, die wir jetzt bei unseren Kommunikationsversuchen haben. Es liegt nicht daran, daß du eine Fremde bist, und damit die fremdartigste Kreatur von allen. Dein Geist arbeitet nicht nach eindeutigen und verständlichen Gesetzen.«
»Unter gewissen
Weitere Kostenlose Bücher