Tausendstern
Ich glaube, ich erkenne jetzt das Problem. Für Solarier ist jegliche sexuelle Aktivität etwas Persönliches, Privates, während Gedanken anderen Wesen millionenfach zugänglich gemacht werden können. Für euch HydrOs, vermute ich...«
»Gedanken sind strikt privat!« sprühte Heem geschockt. »Unter klugen, mündigen Männern können Gedanken unter bestimmten Umständen ausgetauscht werden. Aber niemals in gemischter Gesellschaft!«
»Und dann komme ich, eine Frau, die viele deiner Gedanken aufnehmen kann - ich denke, das hat auf dich dieselbe Wirkung wie auf mich, wenn man mich nackt in einem Raum voller Männer einsperren würde.«
»Ich verstehe deine Analogie nicht ganz, aber zumindest sind deine Empfindungen ähnlich.«
»Ach ja. Und ich muß zugeben, daß deine Ansicht ebenso verständlich ist wie meine. Körper sind wirklich nichts Obszönes; es ist allein der Geist, der sie dazu macht. Ich hätte es auch bei bestimmten Gelegenheiten nicht allzu gerne, wenn meine Gedanken publik gemacht würden.«
»Du wehrst dich nicht dagegen, daß ein männlicher Vertreter in deine privatesten Gedanken eindringt?« Heem fand diese Vorstellung einfach unfaßbar.
»Klar, du bist doch für mich ein Alien. Dein Metabolismus ist von meinem völlig verschieden. Ich hätte auch nichts dagegen, mich einem Hund oder einem Pferd oder gar einem Drachen, gleich welchen Geschlechts, nackt zu zeigen; bei denen handelt es sich doch um völlig andere Lebewesen. Die Reaktion der Vertreter meiner eigenen Art wäre überwältigend. Und nun du - du bist ein Alien, aber du bist auch vernunftbegabt. Das macht eine Wertung schwierig. Aber ich nehme an, du würdest meinen menschlichen Attributen kaum Beachtung schenken, deshalb würde es praktisch keinen Unterschied machen, wenn du sie sähest. Wenn du zum Sehen überhaupt fähig wärest.«
Heem dachte darüber nach. Sie hatte also nur etwas dagegen, von denen betrachtet zu werden, die begriffen, was sie sahen? Sie war wirklich in jeder Hinsicht eine Alien! Dennoch ergab ihre Argumentation seltsamerweise einen gewissen Sinn. Sie war ihm im Grunde so fern, daß sie von seinen Sorgen so gut wie nichts verstand. Welche Bedeutung hatte in diesem Fall schon ihr Geschlecht? Sein Unbehagen ließ nach, und er entspannte sich.
Unvermittelt floß das flüssige Polster der Beschleunigungskammer ab, und Heem fand sich im freien Fall wieder und mit der Aufgabe betraut, das Schiff selbst zu lenken. Er betätigte mit einem Nadelstrahl den mit >Mission< beschrifteten Knopf.
»Willkommen zum Wettstreit«, sprühte die Infodüse des Schiffs. »Der Zielplanet ist Exzenter in diesem System. Die drei Wirtsspezies sind HydrO, Erb und Squam.«
»Exzenter!« explodierte Heem. »Ich hatte mit Ggoff gerechnet!«
»Ich bin mit deiner lokalen Geographie nicht vertraut«, sagte Jessica. »Ich nehme an, dies ist das System HydrO, so daß der Planet Exzenter sehr nahe bei deiner Heimatwelt zu suchen ist. Aber wo ist Ggoff?«
»Dies ist nicht das System HydrO!« korrigierte Heem sie. »Dies ist das Koloniesystem Lochstern, das von drei Rassen bevölkert wird. Meine Heimatwelt ist Sackgass. Ggoff befindet sich im System Erb, das dem unseren benachbart ist.«
»Ich komme jetzt schon völlig durcheinander!« »Ggoff liegt so nahe bei uns wie auch bei den Erbs; eigentlich uns näher, wenn man berücksichtigt, daß wir hier eine weiter entwickelte Sub-Sphäre haben. Ggoff kann sowohl von Erbs wie auch von HydrOs bevölkert werden, deshalb...« »Da wir ja gar nicht auf Ggoff landen werden, verschon mich bitte mit Nebensächlichkeiten. Was gibt es von Exzenter zu erzählen?« »Exzenter ist eine ganz andere Kiste.« »Das Ziel ist ein alter Fundort«, fuhr der Infosprüh des Schiffs nach einer angemessenen Pause fort, »der vermutlich noch funktionsfähig ist.«
»Ein funktionsfähiger Ahnen-Fundort!« rief Jessica aus. »Das ist ja das Wichtigste, was es geben kann!« Dann dämmerte ihr die Erkenntnis: »Was bedeutet, daß dies der härteste Wettstreit des Jahrhunderts wird...«
»Stimmt«, strahlte Heem düster. »Das gibt Mord und Totschlag.«
»Wir sollten uns beeilen.«
»Nein. Ich beabsichtige, mich am Ende der langen Schlange zu halten und mit niemandem um eine bessere Position zu streiten.«
»Das begreife ich nicht.«
»Dieses Schiff ist unter den HydrOs das letzte in einem Rennen, das garantiert zu einem Schlachtfest wird. Das Rennen kann ich nicht gewinnen, deshalb muß ich dafür sorgen, daß ich am
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