Tausendundeine Nacht mit dir
beschäftigten.
„Nein.“ Sie fasste nach dem Board. „Noch gebe ich mich nicht geschlagen.“
Das Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück. „Wieso wusste ich, dass du das sagen würdest?“
„Du hast eben gut geraten.“ Damit schwang sie sich auf das Surfbrett und fasste nach dem Holm.
Wortlos half er ihr, das Segel aufzurichten. Eine leichte Welle rollte heran, doch Belle hielt die Balance. Und gerade, als sie meinte, nicht länger gerade stehen bleiben zu können, fing sich der Wind in dem Segel und trieb das Brett an. Sie surfte!
„Leg dich weiter zurück“, rief Rafiq ihr zu, doch instinktiv hatte sie bereits die richtige Haltung eingenommen. Vorsichtig verlagerte sie ihr Gewicht und griff am Holm um. Und dann glitt sie mühelos auf dem Wasser dahin.
Rafiq hatte recht gehabt! Es war einfach ein großartiges Gefühl von Energie, Kraft und Freiheit. Nur sie und das Meer! Wieso hatte sie ihr ganzes Leben am oder im Wasser verbracht und war nie auf den Gedanken gekommen, einmal das Windsurfen auszuprobieren? Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, warum sie in zwei Jahren nicht eine einzige Verabredung gehabt hatte: weil sie zu beschäftigt mit ihrer Arbeit gewesen war.
Genau in diesem Augenblick leckte eine kräftige Welle an dem Board und ließ Belle schwanken. Sie fühlte, wie ihr das Segel entglitt, aber sie konnte nichts dagegen tun. Wie in Zeitlupe fiel sie ins Wasser.
Prustend tauchte sie wieder auf und strich sich lachend das nasse Haar aus dem Gesicht. „Hast du mich gesehen?“, rief sie Rafiq begeistert zu, der mit kräftigen Zügen auf sie zuschwamm.
„Ja, ich hab’s gesehen.“ Das Wasser war hier so flach, dass fast sein gesamter bloßer Oberkörper aus dem Meer herausragte. Wie magisch angezogen haftete Belles Blick auf der breiten Brust, auf der glitzernde Wassertropfen über gebräunte Haut liefen.
Ihr Mund wurde trocken. Jeden Morgen sah sie ihn in seiner ganzen prächtigen Blöße, wenn er die Nacht neben ihr geschlafen hatte und aus dem Bett stieg. Und mit jedem Morgen wurde es schwieriger, sich zurückzuhalten und nicht die Hand auszustrecken, um diese wunderbare Haut an den Fingerspitzen zu fühlen, die kräftigen Muskeln darunter nachzuzeichnen, jeden Zentimeter zu erforschen …
Rafiq war die fleischgewordene Versuchung. Allein der Gedanke …
„Belle, ist alles in Ordnung mit dir?“
Sie sah in sein Gesicht und wandte hastig den Blick ab, aus Angst, er würde ihre Gedanken erraten. Also legte sie bewusst viel Unbeschwertheit in ihre Stimme. „Es war toll. Genau, wie du es beschrieben hast.“ Hastig griff sie nach dem Brett, zur gleichen Zeit wie er. Ihre Hände lagen nebeneinander, ihre klein und zierlich, seine groß und kräftig. So wie auch sein Körper so viel größer und kräftiger als ihrer war …
Himmel, sie musste aufhören, ständig solche Dinge zu denken! Sonst würde sie noch verrückt werden!
„Willst du es noch einmal versuchen?“
„Nein, für einen Tag reicht es mir. Gehen wir zurück an den Strand.“
„Wie du wünschst.“ Nichts ließ sich aus seiner Stimme heraushören, und Belle fragte sich, was er wohl gerade denken mochte. Ahnte er, dass sie an sie beide zusammen gedacht hatte?
Auf dem Weg zurück zum Strand kaute sie unsicher an ihrer Unterlippe. Sie hoffte inständig, dass sie nicht so durchschaubar war, wie sie befürchtete. Das lag alles nur daran, dass sie jetzt seit einer Woche ihre Zeit in diesem abgeschiedenen luxuriösen Strandhaus im Norden des Landes zubrachten. Es wurde erwartet, dass sie auf Hochzeitsreise gingen, hatte Rafiq ihr versichert. Es war also besser, diese Flitterwochendurchzustehen, um keine Gerüchte aufkommen zu lassen.
Doch diese Woche des Zusammenseins hatte die verwirrenden Gefühle, die sie so verzweifelt zu ignorieren suchte, nur verstärkt. Zudem hatte sie eine weitere Seite an ihm entdeckt. Er konnte wunderbar unbeschwert und sorgenfrei sein, ein Mann, der die einfachen Freuden des Lebens genoss – einen morgendlichen Ritt am Strand oder einen Schnorcheltauchgang im nahen Korallenriff. Und sein fröhliches Lachen wirkte ebenso verheerend auf ihre Sinne wie die glühende Sinnlichkeit, mit der er sie vor ein paar Tagen geküsst hatte.
Wie lange das schon her war!
Belle seufzte und watete auf den Strand zu, eine Hand auf dem Surfboard zwischen ihnen. Wünschte sie sich etwa, er würde sie wieder küssen? Sie musste ja verrückt sein, wenn sie es tat. Und doch fühlte sie ihre guten Vorsätze mehr und
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