Tausendundeine Nacht mit dir
Vorstellung schien ihm zu gefallen. Und wenn sie ehrlich war, dann gab es da auch einen winzigen,primitiven Teil in ihrem Unterbewusstsein, der neugierig war. Vorsichtshalber trat sie einen Schritt zurück.
„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Kleines. Es sei denn, du möchtest deinen Beruf aufgeben und deine Zeit ganz mir widmen?“
Belle schluckte trocken, sie brachte keinen Ton hervor. Natürlich scherzte er nur, oder?
„Nicht?“ Beim Ellbogen geleitete er sie zu der hölzernen Treppe, die den Hang hinauf zum Strandhaus führte. „Zu schade. Aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Meine Mutter war Kinderärztin, als meine Eltern heirateten. Sie hat ihre Praxis auch während der Ehe weitergeführt.“
„Das wusste ich nicht.“ Tatsächlich hatte sie damit gerechnet, einen heftigen Kampf durchstehen zu müssen, wenn die Zeit gekommen war, wieder an die Arbeit zu gehen.
„Woher auch?“ Sie waren bei den Stufen angekommen, und er bedeutete ihr, den Vortritt zu nehmen. „Keine Sorge, Belle. Du wirst arbeiten können. Wenn auch vielleicht nicht so viele Stunden, wie du dem Projekt bisher gewidmet hast.“
Das nahm ihr eine Tonnenlast von den Schultern. Sie war zwar in eine Ehe verpflichtet, aber zumindest konnte sie ihre Karriere weiterverfolgen. Und sie würde die Expedition nicht aufgeben müssen, für deren Teilnahme sie so lange und hart gekämpft hatte.
Impulsiv drehte sie sich zu ihm um. Er ging direkt hinter ihr und stand auf der nächstniedrigen Stufe. Ihre Augen waren auf einer Höhe. „Danke, Rafiq. Es bedeutet mir sehr viel.“ Am liebsten hätte sie ihn umarmt und ihm richtig gedankt.
„Es freut mich, wenn ich dich glücklich machen kann, Belle.“ Seine Stimme war tief und zärtlich, glich einer Liebkosung. Belle holte zitternd Luft, als sein Blick den ihren gefangen hielt. „Es ist mir wichtig, dich zufrieden zu sehen.“
Belle stand reglos da und starrte wie hypnotisiert in diese schimmernden grünen Augen. Seine Nähe war so verlockend, eine Einladung, die sie kaum ignorieren konnte. Doch noch viel mehr bedeutete ihr das warme Glücksgefühl, das sich in ihr auszubreiten begann. Er respektierte sie, und ihm lag so viel an ihr, dass ihm ihre Wünsche wichtig waren. Dabei hatte er es schon so oft getan. Hatte ihre Bedingung einer platonischen Beziehung akzeptiert. Hatte die Notwendigkeit ihres Wunsches eingesehen, ihren Beruf weiter auszuüben. Hatte keine Mühen gescheut, ihr die Welt als Ehefrau eines Scheichs nahezubringen und reizvoll für sie zu machen.
Ihr Gatte war ein wahrhaft außergewöhnlicher Mann.
Wen sollte es da erstaunen, dass das Undenkbare geschehen war? Sie hatte sich in ihren Mann verliebt.
Als Belle am nächsten Morgen aufwachte, fand sie sich allein im Bett wieder. Es war ein ungutes Gefühl.
Sie hatte sich an Rafiqs Wärme neben sich gewöhnt. Hatte sich daran gewöhnt, diese köstliche Erregung bei jeder auch noch so kleinen Berührung zu verspüren.
Das Bett selbst war riesengroß und wie sie von Rafiq wusste, seit Generationen in der Familie. Die Schnitzereien waren abgenutzt und nachgedunkelt, sodass sie kaum noch zu erkennen waren, aber Belle vermutete, dass es sich bei den Figuren um Nixen handelte. Und jede Nacht, wenn sie Rafiq unter halb gesenkten Lidern hervor beobachtete, wie er zu ihr ins Bett kam, hatte sie sich zusammenreißen müssen, um ihre Gefühle nicht laut auszusprechen. Jedes Mal, wenn er sie in seine Arme nahm, schwankte sie zwischen Angst und Euphorie. Nichts wünschte sie sich mehr, als von ihm geliebt zu werden. Und nichts fürchtete sie mehr als die Konsequenzen. Sie liebte ihn, aber sie wusste auch, dass diese Ehe nicht ewig andauern würde. Wie sollte sieda ihre Liebe eingestehen und diesem Gefühl nachgeben, wenn sie jetzt schon wusste, dass sie eines Tages würde gehen müssen?
Und wie konnte sie überhaupt daran denken, sich einem Mann hinzugeben, der, trotz all seiner wunderbaren Eigenschaften, keine tiefen Gefühle für sie empfand? Dennoch wachte sie jeden Morgen neben ihm auf, die Beine miteinander verschlungen, und mit jedem Mal wurde ihr Vorsatz, auf Abstand zu achten, ein wenig schwächer.
„Du bist wach.“
Belle schwang herum, als Rafiq den Raum betrat, und wie immer bei seinem Anblick schlug ihr Herz sofort schneller. Er trug Hose, Stiefel und ein weißes Hemd. Das Haar hatte er zurückgebunden, und er lächelte. Seine Energie erreichte sie und jagte ihr einen angenehmen Schauer über den
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