Tausendundeine Nacht mit dir
Annahme verleiten, sie sei kalt und distanziert. Doch ihr Mund verriet sie. Er lächelte leise vor sich hin, als er daran dachte, wie er von der Süße ihrer Lippen gekostet hatte. Ihr Mund erzählte eine ganz andere Geschichte, die Geschichte von ihrem hitzigen, leidenschaftlichen Wesen.
Und sie gehörte ihm, diese großartige, lebendige, anbetungswürdige Frau, die mehr Courage besaß als zehn Männer. Die Naturkatastrophen und Entführungen ohne mit der Wimper zu zucken trotzte. Die sich vom Pomp einer königlichenHeirat nicht beeindrucken ließ und die zahllosen Glückwünsche seines Volkes mit genau dem richtigen Maß an Herzlichkeit und Würde entgegengenommen hatte.
Sie hatte ja sogar Dawud mit seinem eigenen Dolch angegriffen!
Vor Stolz schwoll Rafiq die Brust. Sie würde Q’aroum eine wunderbare Fürstin sein.
Sie würde ihm eine wunderbare Frau sein.
Leise schlüpfte er aus dem Bett und sammelte seine Sachen ein. Belle brauchte Ruhe, und wenn er länger neben ihr liegen blieb, bestand durchaus die Möglichkeit, dass er alle guten Vorsätze in den Wind schießen ließ und sie doch noch aufweckte.
Seit ihm die Idee im Kopf umherging, sie könnte vielleicht schwanger von ihm sein, war er regelrecht besessen von der Vorstellung. Er sah ihren Leib vor sich, gewölbt, weil dort ihr gemeinsames Kind heranwuchs. In der kurzen Zeit, in der er Belle kannte, hatten sich ein enormer Beschützerinstinkt und vor allem ein starker Besitzanspruch in ihm entwickelt. Ein Kind würde sie noch fester an ihn binden, mehr als jede Urkunde und jedes Versprechen. Genau das wollte er – sie für den Rest seines Lebens an seiner Seite wissen.
Dabei hatte er sich so in der eigenen Begeisterung verloren, dass er gar nicht an sie gedacht hatte, ob sie überhaupt schon bereit war, Mutter zu werden. Es wäre klüger gewesen, sich Zeit zu lassen und sie erst einmal zu fragen.
Rafiq zog sich seine Hose über, strich sich das Haar zurück und trat vor das Zelt. Er liebte diesen Blick, hinaus in die weite Wüste. Und es fühlte sich richtig an, mit Belle hier zu sein. Einen Moment lang wünschte er, sein Großvater würde noch leben. Damit er Belle kennenlernen und sich überzeugen konnte, welch wunderbaren Preis sein Enkel mit ihr gewonnen hatte.
Wohlig reckte er sich. Er fühlte sich großartig. Mit den Augen folgte er dem Flug eines Falken, der sich mit einem Schrei in die Lüfte schwang. Hinter der Oase ragte eine hohe Düne auf, Spuren von mehreren Pferden waren in dem ansonsten unberührten Sand zu erkennen.
Rafiq versteifte sich. Er und Belle waren von Norden her gekommen, nicht aus dem Osten. Bei ihrer Ankunft hatte es diese Spuren noch nicht gegeben. Die Hubschrauberpatrouille hatte das Gebiet aus der Luft überprüft und war auf dem üblichen Platz gelandet, etwas weiter hinter der Oase.
Seine Nackenhärchen richteten sich auf, als ihm klar wurde, was das zu bedeuten hatte. Natürlich waren bewaffnete Sicherheitsleute da draußen, die ihn und Belle bewachten. Solange Selim noch auf freiem Fuß war, hätte er Belle niemals allein mit in die Wüste genommen. Seine Soldaten waren mit dem Jeep unterwegs und hatten strategische Positionen rund um die Oase eingenommen, in gebührendem Abstand, um die Privatsphäre ihres Scheichs nicht zu stören. Er fragte sich, was mit seinen Leuten passiert sein mochte. Keiner von ihnen hätte wissentlich Eindringlinge durchgelassen.
Wer immer auf diesen Pferden gesessen hatte, diese Leute hatten den Schutzwall durchbrochen. Rafiqs Miene verfinsterte sich. Er konnte sich denken, wer die Männer gewesen waren.
Zu jeder anderen Zeit hätte er die Möglichkeit, Selim in die Finger zu bekommen, begrüßt. Doch nicht jetzt. Nicht, wenn Belle hier bei ihm war.
Wenn ihr etwas passieren sollte …
11. KAPITEL
„Belle.“ Nur kurz presste Rafiq die Lippen auf ihren Mund, um sie aufzuwecken. Dann flüsterte er sanft in ihr Ohr, seine Hand an ihrer Wange. „Schnell. Und leise. Du musst aufstehen, Belle. Wir sind in Gefahr.“
Bei seinem drängenden Ton öffnete Belle die Augen. Sie blinzelte verschlafen, doch schon richtete Rafiq sich wieder auf und zog sie mit sich, sodass sie sich aufsetzen musste.
Bevor sie den Mund öffnen und ihn fragen konnte, was los war, legte er ihr die Hand auf den Mund. „Kein Laut“, flüsterte er. „Wir sind in großer Gefahr. Du musst genau tun, was ich dir sage. Hast du das verstanden?“
Sie sah die tiefen Falten auf seiner Stirn, sah den grimmigen Zug um
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