Tausendundeine Nacht mit dir
er seinen Männern auch schon, dass es Zeit war zu gehen. Einer von ihnen schlüpfte zum Zelt hinaus, die anderen beiden traten vor, einer auf Rafiq zu, der andere, der Hüne, der Belle schon bei der Entführung so grob behandelt hatte, kam, um sie zu holen, ein infames Funkeln in den Augen. Der Atem stockte ihr, und unwillkürlich presste sie sich enger an Rafiq.
Rafiq veränderte seine Stellung, drehte sich ein wenig, sodass er den Riesen direkt ansah, der jetzt die Hand nach Belle ausstreckte. Rafiq sagte etwas in seiner Muttersprache, gefährlich leise, und der Mann stutzte.
„Wir gehen mit euch“, fügte Rafiq in Englisch hinzu, „aber keiner fasst meine Frau an.“
Sekundenlang rührte sich niemand, die Männer blieben wie erstarrt stehen – eine automatische Reaktion auf Rafiqs autoritätsgewohnten Ton. Dann brach Selim das Schweigen und sagte etwas offensichtlich so Abfälliges und Vulgäres, dass seine Schergen hämisch zu grinsen begannen. Der Hüne griff nach Belles Arm.
Belle nahm nur eine blitzschnelle Bewegung wahr, spürte mehr, als dass sie sah, wie Rafiq einen Schritt vormachte, und dann lag Selims Mann auch schon auf den Knien und hielt sich nach Luft ringend die Seite.
Einer seiner Kumpane zog seine Waffe und richtete sie auf Rafiq. Belle konnte nur einen entsetzten Warnschrei ausstoßen.
„Still, Weib“, knurrte Selim mit starkem Akzent in Englisch. „Noch ein Laut, und wir erschießen deinen angebeteten Mann direkt vor deinen Augen.“
Belle zweifelte nicht daran, dass er es ernst meinte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als ihr Blick von seinem Gesichtzu der auf Rafiq gerichteten Waffe glitt. Sie konnte nichts tun, außer hilflos mit ansehen, wie dieses Drama weitergehen würde, und darauf hoffen, dass sie es heil und lebendig überstanden.
Selim gab dem Hünen einen Befehl, doch er reagierte nicht. Doch dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und streckte den Krummdolch in Rafiqs Richtung.
„Rafiq!“ Ihr entsetztes Flüstern ging unter in dem donnernden Befehl, den Selim erneut seinem Gefolgsmann zurief, doch zu spät. In seiner Wut war der andere nicht mehr zu bremsen. Den Dolch fest umklammert, umkreiste er Rafiq.
Panik ergriff Besitz von Belle. Diese bedrohliche Situation konnte nur einen Ausgang nehmen. So stark und wendig Rafiq auch war, gegen diesen Koloss hatte er keine Chance. Noch dazu war der Mann bewaffnet, Rafiq nicht.
Die Sekunden vergingen wie in Zeitlupe, während die beiden Männer einander abmaßen. Und dann, ganz plötzlich, ging alles sehr schnell. Sie stürzten aufeinander zu. Belle konnte nicht verhindern, dass ihr ein Schrei entfuhr, als sie die blitzende Klinge des Dolchs nach Rafiqs Herz stoßen saß. Doch Rafiq wich im richtigen Moment aus, umklammerte seinen Gegner und fiel zusammen mit ihm zu Boden. Sie rangen unerbittlich miteinander.
Gehetzt sah Belle sich im Zelt um nach etwas, das sie als Waffe benutzen könnte. Irgendetwas musste sie doch tun! Doch sie fand nichts, und mit einem Kissen konnte sie wohl schlecht auf die Männer losgehen!
Sie vernahm ein dumpfes Geräusch und wandte sich ruckartig um. Unter den beiden Männern, die sich dort auf dem Boden rollten, erkannte sie eine dünne Blutspur, die über den seidenen Teppich lief. Dann hörte sie ein hässliches Knirschen. So hatte es sich angehört, als Duncan das Bein gebrochen worden war. Nie in ihrem Leben hatte sie sich so absolut hilflos, so nutzlos gefühlt wie jetzt, währendsie zusehen musste, wie der geliebte Mann um sein Leben kämpfte.
Belle dachte daran, sich auf die beiden zu werfen, Rafiqs Angreifer irgendwie abzulenken, als sie ein Stöhnen hörte und wusste, dass das Schlimmste passiert war. Sie wankte, einer Ohnmacht nahe.
Mit leerem Blick starrte sie auf die beiden Körper, die noch immer verschlungen dort auf dem Boden lagen, absolut regungslos. Wenn der Überlebende sich erheben würde, dann wäre ihre ganze Welt nicht mehr das, was sie einst gewesen war. Wie sollte sie ohne Rafiq weiterleben können? Ihr Verstand weigerte sich, eine solche Option zu akzeptieren. Es würde ihr unmöglich sein. Er ist tot, dachte sie und schloss die Augen. Sie konnte den bitteren Geschmack von Angst auf ihrer Zunge schmecken. Zitternd am ganzen Körper, wartete sie darauf, was als Nächstes geschehen würde.
Sie hörte Selims hektischen Wortschwall. Doch noch immer war sie zu schockiert, um zu erkennen, dass seine Stimme ängstlich klang, nicht
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