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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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könnte auch sagen, dass es euch wichtig ist, integer zu bleiben. Das ist doch ein attraktiver Charakterzug.«
    »Mir ist vor allem wichtig, dass ich nicht länger als zehn oder zwanzig Minuten mit jemandem zusammen sein muss.«
    »So schlimm?«
    »Ja«, sagte ich, »ich kann die nicht aushalten.«
    Ich wühlte meine Hände unter Marcos Sweatshirt. Er hielt sie mitsamt dem Sweatshirtstoff fest.
    »Ich will, dass du erst mit mir ausgehst, bevor ich noch einmal mit dir schlafe.«
    Ich zog meine Hände wieder heraus. Im Fernsehen wurde jetzt leise geschossen.
    »Das geht nicht. Da draußen fahren zweitausend Taxifahrer herum, und die Hälfte davon kennt Dietrich und weiß, dass ich mit ihm zusammen bin. Warum ist es dir so wichtig? Willst du die Trophäe vorzeigen?«
    »Wir könnten uns ja in einer Kneipe ganz nach hinten in eine dunkle Ecke setzen.«
    »Wozu? Dann können wir ja auch gleich bei dir bleiben.«
    »Also, entweder gehen wir jetzt zusammen was trinken oder wir lassen es ganz«, sagte Marco wütend.
    »Okay«, sagte ich, »dann lassen wir es eben ganz. Ich kann jedenfalls nicht mit dir in eine Kneipe gehen. Außerdem will ich nicht bei den ganzen Idioten hocken, die ich sowieso jede Nacht durch die Gegend chauffieren muss.«
    Ich setzte mich auf und sah mich nach meiner Socke um.
    »Hör auf! Leg dich wieder hin«, sagte Marco und hatte plötzlich wieder diesen scheuen, unsicheren Blick. Er legte sich neben mich und drückte sein Gesicht an meinen Hals. Ich strich mit der Hand über seinen Rücken, fühlte seine feste, verkrampfte Muskulatur und einen kleinen Buckel in der Wirbelsäule. Natürlich würde er doch mit mir schlafen. Er nahm das, was er kriegen konnte.
39
    Über Funk kam durch, dass am U-Bahnhof Langenhorn-Nord Fahrgäste standen. Die Gleisstrecke zwischen Langenhorn-Nord und Kiwittsmoor war relativ gut zugänglich. Wenn sich jemand vor die Bahn werfen wollte, konnte er es dort am einfachsten tun. Die Strecke war dann jedes Mal für ein paar Stunden gesperrt und Langenhorn-Nord wurde zum Endbahnhof. Da ich auf dem Weg zum Flughafen sowieso in diese Richtung unterwegs war, fuhr ich hin und brachte zwei genervte Fahrgäste nach Hause. Beide beteuerten grimmig, dass ihnen der Zugführer viel mehr leid täte als der Selbstmörder. In Wahrheit taten sie sich natürlich bloß selber leid. Als ich zum dritten Mal zum Bahnhof kam, warteten dort bereits vier Taxis auf die nächste U-Bahn-Fuhre. Zwei davon gehörten zu Dietrich und Taximörder, die ausgestiegen waren und sich an Dietrichs Wagen lehnten. Es war ein lauer Sommerabend. Grillwetter. Es ging mir nicht in den Kopf, wie man sich an einem solchen Abend umbringen konnte.
    »Schon mitgekriegt, dass der Funny Club geschlossen worden ist?«, fragte Taximörder, als ich mich zu ihnen stellte. »… Razzia!«
    »Versteh ich nicht«, sagte ich, »ist Prostitution nun erlaubt oder nicht?«
    »Ich denk mal, das Problem ist, dass der Funny Club in einem Wohngebiet liegt«, sagte Taximörder und sah einem ein Meter neunzig großen Mann in Rock und Pumps nach, der seinen müden, schlappohrigen Hund Gassi führte. Der Hund hatte rosa Nagellack auf den Krallen.
    »Und wieso erst jetzt?«, fragte ich. »Der Funny Club sieht aus wie ein Puff und heißt wie ein Puff. Das weiß doch jeder, dass da nicht Skat gespielt wird.«
    »Vielleicht wollte die Polizei mehr Schmiergeld«, mutmaßte Taximörder.
    »Die müssen vor allem erst mal beweisen können, dass da Prostitution stattfindet«, sagte Dietrich und reckte sich, um über ein Hagebuttengebüsch hinweg weiter dem Mann im Rock nachstarren zu können. »Tanja hat mir mal erklärt, wie das läuft. Da wird nicht direkt bezahlt, sondern alles über Flaschen abgerechnet. Wenn die Freier mit ›auf’s Zimmer‹ wollen, dann heißt es: Gib mir erst mal ’ne Flasche Sekt aus. Und die kostet dann ein paar Hunderter. Und wenn die Freier was Spezielles wollen, dann müssen sie noch einen Piccolo nachbestellen. Oben auf dem Zimmer sagen die Mädchen dann: Ach, ich hab noch Durst. Weil die nur so Umsatz machen können. Den Sekt versuchen sie in den Blumenkübel zu kippen. Im Whirlpool können sie den natürlich noch besser verschwinden lassen.«
    Der nächste Zug fuhr quietschend in den Bahnhof ein. Die Bahnsteigdurchsage plärrte verzerrt zu uns herunter: »… endet hier … vorläufig …ecke … krxxxs.«
    »Und was hat es mit Hansafilm Wendt auf sich?«, fragte ich, wo wir schon mal dabei waren. Hansafilm Wendt war

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