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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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doch.
    »Mensch, genau wie bei dir«, sagte ich. »Alles so kleine Kritzelmännchen.«
    »Du könntest jetzt die Nummer Eins in Deutschland sein«, klagte Rüdiger.
    »Wollen wir langsam mal los?«, sagte Dietrich ungerührt. »Alex hat behauptet, sie hat es eilig.«
    Wir gingen zum Ford. Dietrich schloss die Zentralverriegelung auf und stieg ein. Ich öffnete die Beifahrertür. In diesem Moment schoss Rüdiger von hinten heran, stieß mich in den Rücken und versuchte, sich hinter mir auf den Beifahrersitz zu drängeln. Ich drehte mich um und hielt ihn am Arm fest.
    »Bist du nicht ganz dicht?«
    »Ich sitz vorne«, schrie Rüdiger und warf sich auf den Sitz. Ich packte ihn am Kragen, aber im selben Moment wurde mir bewusst, wie kindisch wir uns aufführten. Beschämt ließ ich los und trat zur Seite. Rüdiger setzte sich triumphierend neben Dietrich zurecht. Ich blieb draußen stehen. Dietrich sah betreten vor sich hin.
    »Steig bitte ein«, sagte er.
    »Nein danke«, sagte ich. »Ich nehme den Bus.«
    »Lass sie doch, da vorne ist gleich ein S-Bahnhof«, sagte Rüdiger.
    »Bitte«, sagte Dietrich so gequält, als würde das alles ihm angetan. »Bitte steig ein!«
    Im Grunde war ich froh, dass er Rüdiger nicht rausgeschmissen hatte. Das war’s jetzt. Ich würde Dietrich endlich verlassen. Eigentlich war ich schon weg. Ich machte mich auf den Weg zur S-Bahn.
41
    Jedes Mal, wenn ich Marco besuchte, hatte er irgendetwas an mir auszusetzen. Dass ich nicht mit ihm ausging. Dass ich immer noch nicht mit Dietrich Schluss gemacht hatte. Dass ich ihn vorher nie anrief.
    »Versetz dich doch einmal in meine Lage. Ich mag doch kaum noch weggehen, weil ich immer Angst habe, dass ich dich dann verpassen könnte«, sagte er.
    »Wieso«, antwortete ich, »ist doch mein Problem, wenn ich dann vor verschlossener Tür stehe. Ich erwarte doch überhaupt nicht, dass du ständig da bist.«
    »Aber vielleicht ist es mir ja wichtig, da zu sein, wenn du kommst. Vielleicht bin ich ja gern mit dir zusammen. Ist das so schwer zu begreifen?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß aber doch nie, wo die Taxitouren hingehen. Und ich will nicht, dass du irgendetwas von mir erwartest. Also entweder machen wir so weiter wie bisher oder wir müssen es eben lassen.«
    Das fehlte mir gerade noch, dass auf einmal zwei Männer Erwartungen an mich hatten.
    »Ich fass es nicht«, sagte Marco. »Du müsstest dich mal hören. Was ist eigentlich los mit dir? Bist du emotional völlig verroht oder war dein Gefühlsleben von Anfang an bloß rudimentär vorhanden?«
    Seine überhebliche Art wirkte noch immer sehr überzeugend, aber er konnte mir nichts mehr vormachen. Letztlich würde alles so laufen, wie ich es wollte. Marco hatte viel zu viel Angst, dass ich ihn verlassen könnte. Jemanden wie mich würde er nie wieder bekommen.
    »Dann lass es doch, wenn ich so schrecklich bin. Such dir doch eine nette, vorurteilsfreie Psychologiestudentin mit dicken Socken. Wo dir innere Werte so wichtig sind …«
    »Vorsichtig. Ganz vorsichtig. Treib es nicht zu weit«, sagte Marco.
    Und dann gingen wir ins Bett.
42
    Als ich mit meinem Fahrrad bei der Firma eintraf, stand Dietrich im Büro. Durch die Glasfront sah ich, wie Mergolan auf ihn einredete, aber Dietrich sah die ganze Zeit woandershin und schüttelte immer bloß den Kopf. Ich trat ein. Im selben Moment kam von der anderen Seite Mustafa aus der Werkstatt.
    »Wir haben den Fünfnullacht ausgesaugt und auf Hochglanz poliert«, sagte Mustafa. »Den kannst du so mitnehmen.«
    Dietrich schüttelte wieder den Kopf.
    »Ich geh da nicht hin.«
    Er kniff die Lippen zusammen.
    »Das ist doch gleich bei dir um die Ecke. Du musst denen einfach bloß zeigen, dass das Taxi jetzt sauber ist, und zu allem, was die sagen, nicken«, sagte Mergolan.
    »Nee, ich kriech vor denen nicht rum.«
    »Was ist denn los?«, fragte ich.
    Mergolan seufzte und drehte an einem seiner Bartenden.
    »Gestern hat sich jemand beschwert, weil Dietrichs Taxi so dreckig war, und jetzt muss er es bei der Wirtschaftsbehörde vorführen.«
    »Tu ich nicht«, sagte Dietrich.
    Mustafa wischte sich die Hände am Blaumann ab.
    »Das sah da drin aber auch aus. Warum sammelt ihr nicht wenigstens den Müll aus dem Fußraum oder leert mal die Aschenbecher aus?«
    Er zeigte auf mich.
    »Du bist auch so’n Schwein. Neulich wollte ich beim Zwodoppelvier eine Sicherung austauschen. Da hab ich erst gemerkt, dass du das ganze Armaturenbrett mit Kaugummis

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