Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
gehofft, mich diessses Jahr bewerben zu können.“
„Du weißt, dass das nicht geht. Du wirst dich damit begnügen müssen, den Vögeln im Garten vorzuspielen. Wie du weißt, nimmt das Symphonieorchester keine blinden Musiker an.“
„Beethoven war taub, und ihn hat man auch arbeiten lassen.“
„Na, na, na, nun mal nicht trotzig werden. Nimm deine Flöte und geh. Schick Marcia her, sag ihr, dass ich bereit bin.“ Er entließ ihn mit einer Handbewegung, die der Junge zwar nicht sehen, aber spüren konnte. Sein Sohn verließ das Büro und ließ ihn alleine mit seinen Gedanken zurück.
13. KAPITEL
Mit der Archivarin des Tennessean auf dem Beifahrersitz fuhr Taylor zum Criminal Justice Center zurück. Das Mädchen stand unter Schock und saß hölzern und schweigsam neben Taylor. Ab und zu lief ein leichter Schauer durch ihren Körper; er begann an ihrem Kopf und suchte sich seinen Weg zu ihren Zehen, um dann wieder von vorne anzufangen. Taylor wusste, dass das nicht von der Kälte kam.
„Daphne“, sagte sie leise, um das Mädchen nicht zu erschrecken.
Leuchtend braune Augen voller Leere richteten sich auf Taylor. Als Daphne den Kopf drehte, schimmerten die Gläser ihrer Brille kurz lilafarben auf, weil das Licht des Schnees von ihnen gespiegelt wurde.
„Daphne“, wiederholte Taylor. „Alles wird gut. Bleiben Sie einfach bei mir, okay?“
„Ich bin schuld“, murmelte das Mädchen.
„Was meinen Sie damit?“
„Jane war wütend. Mein Freund war ‘zum Lernen’ bei mir.“ Sie malte mit ihren Fingern Gänsefüßchen in die Luft.
„Also hat sie die Wohnung verlassen?“
Sie waren schon in der Nähe des CJC, aber Taylor brauchte noch ein paar Minuten alleine mit Daphne. Also fuhr sie geradeaus auf den Broadway und nahm den langen Weg durch das Vergnügungsviertel, bog auf die Second Avenue ab und schlängelte sich von da an Kneipen und Clubs vorbei durch die Stadt. Trotz des Umwegs waren sie beinahe wieder am CJC, bevor Daphne das nächste Mal sprach.
„Sie ist gegangen. Hat sich eines meiner Bücher aus dem Regal geschnappt und ist einfach rausgerauscht. Ich wollte nicht, dass so etwas passiert. Es tut mir so leid. Ich hätte die Polizei rufen sollen, als sie nicht nach Hause gekommen ist. Aber ich hab einfach angenommen, dass sie wütend war und sich entschieden hat, bei Skip zu übernachten oder so.“
Taylor wurde sofort hellhörig. „Skip?“
Daphne verdrehte die Augen und machte gleichzeitig mit der Hand eine abwehrende Geste. „Er ist ein Typ, der ihr hinterherläuft, seitdem sie in die Stadt gekommen ist. Sie ist im Sommer ein paarmal mit ihm ausgegangen, aber sie sind nur Freunde. Er nervt sie.“
„Wissen Sie, wie man ihn erreichen kann, Daphne?“
Ruckartig wandte sie sich zu Taylor um. „Sie glauben, dass Skip etwas damit zu tun hat?“
„Ich möchte einfach nur mit ihm sprechen, das ist alles. Hoffentlich ist alles in Ordnung, und Ihre Mitbewohnerin hat einfach nur die Nacht woanders verbracht. Aber wenn Sie wissen, wie ich ihn erreichen könnte, wäre das sehr hilfreich.“
Daphne senkte den Kopf. Tränen liefen ihr übers Gesicht und tropfen von ihrem spitzen Kinn. „Jane hat die Nummer in ihrem Handy gespeichert. Ich kenne sie nicht.“
„Okay. Das ist völlig in Ordnung. Weinen Sie nicht. Wir finden das schon heraus.“ Taylor bog in eine Parkbucht auf dem hinteren Parkplatz ein. Sie stiegen aus. Taylor führte das Mädchen um das Gebäude herum, die rückwärtige Treppe hinauf und durch die Tür. In der Eingangshalle herrschte eine stickige Wärme, und in den Räumen der Mordkommission war es kaum besser.
Taylor setzte die verweinte Daphne in ihrem Büro ab und suchte dann kurz die Waschräume auf. Nachdem sie sich Wasser ins Gesicht gespritzt und ihre Haare gekämmt hatte, fühlte sie sich wieder ein bisschen menschlicher. Ihr fiel auf, dass sie seit Stunden nicht an die Hochzeit gedacht hatte, und lächelte.
Ihre Stiefel verursachten ein dumpfes Klopfen auf dem Linoleumboden, einen Rhythmus, der ihr im Kopf blieb – ka-tschung, ka-tschung. Im Takt mit den Fingern schnippend, betrat sie das Büro der Mordkommission und lief gegen eine Wand.
Eine weibliche Wand, um genau zu sein. Taylor stolperte überrascht zurück. Der Durchgang wurde von einer großen rothaarigen Frau versperrt, die ihren Arm quer über der Türöffnung abstützte, als wollte sie klarmachen, dass wer auch immer den Raum betreten wollte, erst an ihr vorbeimüsste.
Der Aufprall schob die
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