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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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Silhouette bald an die Silhouette einer Frau anschmiegte, die er auf die Schläfe küsste. Danach verschwanden die beiden Silhouetten.
    Gogona drehte die Zuckerwatte weiter um den Stab. Zur Überwachung der Straße hatte man als Tarnung einen Zuckerwatte-Stand aufgestellt, in dem Gogona die Verkäuferin mimte. Zwei Tage lang hatte sie die Zubereitung von Zuckerwatte geübt. Unter dem Stand war ein kleiner Laptop montiert, mit dem sie sich alle nötigen Informationen beschaffen konnte.
    So konnte sie auch die Daten des Mannes aus dem Mercedes überprüfen, nachdem sie seinen Namen von der Klingel an der Haustür abgelesen hatte. Dr. Opus, Wissenschaftler, Gegner der Klimapolitik und Vorsitzender einer der aktivsten Umwelt-Organisationen.
    Nein, Dr. Opus war wirklich nicht das Objekt von Gogonas Interesse. Dr. Opus würde niemals einen Terroranschlag planen und vor allem nicht ausführen. Das konnte man schon an seinem Gang ablesen. Er wohnt einfach nur gegenüber dem neuen Zuckerwatte-Stand, und dementsprechend fällt er der aufmerksamen Gogona ins Auge. Jeden Abend fasst sie die gesamten Geschehnisse des Tages zusammen, und daher schreibt sie auch über ihn einen Absatz. Und einmal wöchentlich bringt sie diese Protokolle in die Anti-Terror-Organisation, wo man ihre Angaben überprüft und einordnet.
    Die Tage vergehen. Auf Nonstop-Partys von berühmten Clubbern und glamourösen »It-Girls« verbraucht Vicardo seine Energie bis auf den letzten Tropfen. Zur selben Zeit schläft Gogona tief und fest. Die mehrtägigen Fashion-Marathons finden ohne sie statt. Vicardo und Gogona treffen sich hauptsächlich abends in einem Café an der Straßenecke, wo sie zu Abend essen, Bier trinken und Gespräche führen.
    »Wie es scheint, kennst du die Straße schon in- und auswendig«, stellte Vicardo lächelnd fest.
    »Ja«, antwortete Gogona mit demonstrativem Stolz. »Ein Kindergarten, ein kreisförmiger Park, zwei vierstöckige Häuser nebeneinander, eine Bäckerei, eine kleine H-&-M-Filiale, ein immer mit Touristen vollgestopftes Café, dann noch ein dreistöckiges Haus, ein Foto-Atelier, ein Virgin, The Body Shop und noch ein Haus. Das war die rechte Seite, willst du auch die linke wissen?«
    »Nein, danke! Die kenne ich selber«, antwortete Vicardo ernst, während er sein Velvet-Jackett über die Sitzlehne hängte.
    »Ach, ärgere dich doch nicht.« Gogona verzog das Gesicht. »Es ist eine interessante Arbeit, und ich werde sogar gut bezahlt – wieso also nicht? Stell dir mal vor, ich enttarne einen Terroristen und rette das Land und viele Menschen vor einem Anschlag.« Gogonas Augen leuchteten auf, und sie kam in Fahrt. »Gibt es etwas Besseres?«
    »Was für ein Terroranschlag? Welches Land? Wessen Land? Bist du verrückt geworden?« Vicardo war laut geworden, beruhigte sich aber augenblicklich wieder und blickte sich um.
    »Es interessiert mich eben!«, sagte Gogona.
    »Was interessiert dich?«
    »Ob ich dazu in der Lage bin oder nicht.«
    »Wozu?«
    »Ach, lass mich in Ruhe!« Gogona standen Tränen in den Augen.
    Vicardo hatte kein Mitleid für die weinende Gogona, aber vielleicht verhielt er sich nur deshalb so, weil er sich durchsetzen wollte.
    »Hör mal! Terroristen als solche existieren überhaupt nicht. Es existiert nur die Notwendigkeit ihrer Existenz, denn die andere Seite braucht ein Fundament für ihr radikales Vorgehen. Du bist ein Opfer deiner eigenen Leichtgläubigkeit und begreifst gar nicht, dass dies kein Spiel ist.«
    »Das ist das Gefasel eines übernächtigten DJs«, ärgerte sich Gogona. »Ich habe ein Jahr lang die Geschichte des Terrorismus auswendig gelernt, und du behauptest jetzt ernsthaft, dass das alles nicht passiert ist?«
    »Ich habe nicht behauptet, dass es nicht passiert ist. Ich sage bloß: Wenn sie es wollen, dann gibt es Terroristen, und wenn nicht, dann nicht! … Ich erkenne dich gar nicht mehr wieder, ich weiß nicht einmal mehr, was du denkst. Wenn ich dich streichle, dann bist du mit deinen Gedanken bei deinen Observationsobjekten. Wozu brauchst du das alles?«
    ***
    Am nächsten Morgen stand Gogona früh auf. Als sie ihre Haare föhnte, wurde Vicardo zwar kurz wach, sagte aber nichts. Ihre Blicke trafen sich im Badezimmerspiegel.
    Nachdem ihre Haare trocken waren, ging sie zur Arbeit, ohne ein Wort mit Vicardo gewechselt zu haben.
    Es ist halb neun. Wie gewöhnlich eilen die EU-Bürger zur Arbeit. Gogona passiert den Kindergarten, den kreisförmigen Park. Sie geht langsam. Das

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