Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
bekommen, so daß ich ihn ins Jenseits befördern könnte. Ich bin zu tief in diese Sache verwickelt. Ich sollte jemanden anheuern, der es für mich übernimmt, aber ich kann es einfach nicht. Verstehst du nicht? Ich muß –« Ich blinzelte. Ich war abgeschweift. Noish-pa hatte schon längst den Faden verloren. Was er wohl von der Angelegenheit dachte?
    Er betrachtete mich nüchtern. Loiosh flog auf meine Schulter und drückte sie. Ich trank noch etwas Tee. Noish-pa sagte: »Und Cawti?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht denkt sie auch so, und das ist der Grund, warum sie diese Leute gefunden hat. Sie hat mich umgebracht, weißt du?«
    Seine Augen wurden ganz groß. Ich sagte: »So haben wir uns kennengelernt. Sie war angeheuert worden, mich zu töten, und das hat sie auch getan. Ich habe noch nie einen Ost-, einen Menschen getötet. Sie schon. Und jetzt tut sie so, als wäre – ach, egal.«
    Er beobachtete mich, und ich glaube, er erinnerte sich an unsere letzte Unterhaltung, denn er fragte: »Wie lange machst du das schon, Vladimir? Dieses Töten von Leuten.«
    Er klang so, als würde ihn die Antwort wirklich interessieren, also sagte ich: »Jahrelang.«
    Er nickte. »Es ist vielleicht an der Zeit, daß du darüber nachdenkst.«
    Ich sagte: »Wahrscheinlich wäre ich zu den Phönixwachen gegangen, wenn sie mich genommen hätten. So oder so, es bedeutet, man tötet für Geld. Oder ich hätte mich zur Privatarmee eines Dragonlords gemeldet. Wo ist der Unterschied?«
    »Vielleicht gibt es keinen. Ich habe keine Antwort für dich, Vladimir. Ich sage nur, vielleicht ist es an der Zeit, daß du darüber nachdenkst.«
    »Ja«, sagte ich. »Das tue ich.«
    Er goß mehr Tee ein, und ich trank ihn und ging nach einer Weile nach Hause.

 
     
… SOWIE STAUB UND RUSS VON BEIDEN …
     
     
    Ich erinnere mich an die Mauern von Baritts Gruft.
    Eigentlich war es gar keine Gruft, müßt ihr wissen; es lag nämlich keine Leiche darin. Die Serioli stehen auf Grüfte. Entweder unter der Erde oder mitten in einem Berg werden sie gebaut, und dann legt man die Toten hinein. Kommt mir komisch vor. Die Dragaeraner errichten manchmal Monumente für verstorbene Größen wie Baritt, und wenn sie es tun, nennen sie sie Gruft, weil sie denen der Serioli ähneln und Dragaeraner nicht allzu helle sind.
    Baritts Gruft war in jeder Hinsicht gewaltig, eine graue Monstrosität aus Schiefer mit eingemeißelten Bildnissen und Symbolen. Sie steht weit im Osten, hoch in den Östlichen Bergen, in der Nähe eines Handelsplatzes, wo Dragaeraner dem Ostreich roten Pfeffer und anderes abkaufen. Einmal bin ich dort in eine Schlacht verwickelt worden. Die habe ich nie vergessen. Die eine Armee bestand aus Ostländern, die gestorben sind, die andere aus Teckla, die gestorben sind. Auf Seiten der Dragaeraner kämpften ein paar Dragonlords, die nie ernsthaft in Gefahr waren. Das ist eine meiner bleibenden Erinnerungen. Niemand konnte Morrolan und Aliera etwas anhaben, und die beiden schlugen um sich wie Miniaturgötter. Die andere bleibende Erinnerung ist, wie ich dem zusah und mir vor Hilflosigkeit fast die Lippen abkaute.
    Nicht, daß das Unterfangen sinnlos gewesen wäre, nein. Ich meine, Morrolan wurde ein guter Kampf geboten, Sethra die Jüngere bekam das Großschwert von Kieron und Aliera eines, das besser zu ihrer Größe paßte, und ich habe schließlich gelernt, daß man nie nach Hause gehen kann. Aber in der Schlacht selbst konnte ich nichts ausrichten, es sei denn, ich hätte einer der Teckla oder der Ostländer sein wollen, die wie Asche von Zerikas Berg fielen. Und das wollte ich nicht, also habe ich bloß zugesehen.
    Diese Gedanken kamen jetzt wieder. Tatsächlich kommen diese Erinnerungen jedesmal zurück, wenn ich mich hilflos fühle, und verfolgen mich. Jeder Schrei jedes verwundeten Ostländers, sogar jedes Teckla, bleibt bei mir. Ich weiß, die Dragon halten einen Auftragsmord für weniger »ehrenhaft« als das Abschlachten von Ostländern, doch ich habe es nie vollständig begriffen. Aber diese Schlacht hat mich gelehrt, was Sinnlosigkeit bedeutet. So viele Tote für so wenig.
    Natürlich habe ich am Ende … etwas getan – aber das ist eine andere Geschichte. Woran ich mich erinnere ist die Hilflosigkeit.
    Cawti redete nicht mehr mit mir.
    Nicht, daß sie sich weigerte, irgendwas zu sagen, vielmehr gab es nichts, das sie hätte sagen wollen. Ich bin den ganzen Morgen barfuß durchs Haus gelaufen, habe lustlos nach Jheregs geschlagen, die

Weitere Kostenlose Bücher