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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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entlanggelaufen sein, vorbei an den Phönixwachen und den Ostländern bis direkt vor die Tür zu Kellys Haus.
    »Cawti!« ertönte seine Stimme wie aus dem Nichts. Ich kannte diese Stimme, aber ich kann mir keine vorstellen, die ich zu jenem Zeitpunkt weniger zu hören erwartet hätte.
    Ich sah Cawti an. Die, so erstaunt wie ich, starrte auf den alten, kahlköpfigen, schmächtigen Ostländer neben ihr. »Wir müssen reden«, sagte mein Großvater. Ich konnte es nicht fassen. Seine Stimme klang in der fortdauernden Stille nach der Konfrontation zwischen Herth und Kelly bis zu meiner Straßenseite. Aber wollte er denn unsere Familienangelegenheiten hier in die Öffentlichkeit zerren? Jetzt? Vor allen Leuten? Was hatte er vor?
    »Noish-pa«, sagte sie. »Jetzt nicht. Siehst du nicht –?«
    »Ich sehe einiges«, gab er zurück. »Doch, jetzt.« Er stützte sich auf einen Stock. Den Stock kannte ich. Man konnte den Griff abschrauben, dann wurde daraus – ein Schwert? Himmel, nein. Er hatte ja ein Rapier an der Hüfte. In dem Stock befanden sich vier Fläschchen fenarianischen Pfirsichbranntweins. Auf Noish-pas Schulter hatte Ambrus sich zusammengerollt, und beide waren von den Angelegenheiten hier augenscheinlich kaum berührt. Herth wußte nicht, was er damit anfangen sollte, und ein kurzer Blick sagte mir, daß die Gouverneurin genauso verblüfft war wie ich. Sie biß sich auf die Lippe.
    »Wir müssen von der Straße runter, um zu reden«, sagte mein Großvater.
    Cawti wußte keine Antwort.
    Ich fing an, wieder vor mich hin zu fluchen. Jetzt war es keine Frage: Ich würde etwas tun müssen. Ich konnte nicht zulassen, daß mein Großvater mitten in dieser Sache erwischt wurde.
    Dann wurde meine Aufmerksamkeit abermals auf die Gouverneurin gelenkt, die sich schüttelte und Haltung annahm. Ihre Truppen schienen noch etwas durcheinander zu sein, denn man unterhielt sich lebhaft über das Flugblatt und Kellys Rede. Die Gouverneurin wandte sich an die Menge aus Ostländern und sagte laut: »Räumt den Platz, alle miteinander!« Niemand regte sich. Sie zog ihre Klinge, ein komisches Ding, das sich zur falschen Seite neigte, wie eine Sense. Kelly faßte Herth ins Auge. Cawtis Augen wanderten zwischen der Gouverneurin, meinem Großvater, Kelly und Herth hin und her. Ich ließ mir einen Dolch in die Hand fallen und überlegte, was ich wohl damit anfangen konnte.
    Zögernd beobachtete die Gouverneurin die Truppen und rief dann aus: »Waffen bereit!« Schleifende Geräusche erfüllten die Luft, als alle Dragon und ein paar Teckla ihrem Befehl folgten. Auch die Ostländer griffen nach ihren Waffen und bewegten sich vorwärts als fester Wall. Noch mehr Wachen zogen. Ich warf einen kurzen Blick auf Kelly, der meinen Großvater ansah, der wiederum ihn anschaute. Sie nickten einander zu wie alte Bekannte. Interessant.
    Mein Großvater zog sein Rapier. Zu Cawti sagte er: »Dies ist kein Ort für dich.«
    »Padraic Kelly«, rief die Gouverneurin mit schneidender Stimme, »ich nehme Euch im Namen der Imperatorin fest. Kommt sofort mit mir.«
    »Nein«, erwiderte Kelly. »Sag der Imperatorin, wenn sie nicht einer umfassenden Untersuchung der Morde an unseren Kameraden zustimmt, wird es ab morgen keine freie Straße in die Stadt oder heraus geben, und einen Tag später werden die Hafenanlagen geschlossen sein. Und wenn sie uns jetzt angreift, wird das Imperium bis zum Morgen fallen.«
    Der Leutnant rief: »Vorwärts!«, und die Phönixwachen machten einen Schritt auf die Ostländer zu, und ich wußte, was ich mit dem Dolch anfangen konnte. Und zwar, weil in einem einzigen Augenblick Kelly, mein Großvater und sogar Cawti aus meinen Gedanken verschwanden. Die gesamte Aufmerksamkeit war auf die vorrückenden Wachen und die Ostländer gerichtet. Nur meine nicht. Meine Aufmerksamkeit lag auf Herths Rücken, der etwa zwölf Schritte vor mir stand.
    Jetzt gehörte er mir. Selbst seine Leibwächter ignorierten ihn nahezu. Jetzt konnte ich ihn erwischen und sauber verschwinden. Als wäre mein ganzes Leben in einem Stich mit einem Fünfzehn-Zentimeter-Stilett erfüllt.
    Aus der Gewohnheit der letzten vier Tage vergewisserte ich mich noch ein letztes Mal, bevor ich von der Wand ins Freie trat. Dann machte ich einen Schritt auf Herth zu, das Messer dicht unten an meinem Körper.
    Dann kreischte Loiosh in meinen Kopf, und plötzlich kam ein Messer auf meine Kehle zu. Daran hing ein Dragaeraner in den Farben des Hauses Jhereg.
    Der Attentäter hatte

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