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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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nicht nur befremdlich, sondern ganz und gar ungewöhnlich. „Sie wird nichts über Elfriede oder den Tee erzählen“, weigerte sie sich auf Esthers Vorschlag einzugehen.
    „Also gut“, sagte Esther nachgiebig, „dann erzähle ich selbst von der guten Frau Weber.“
     
    Esther klopfte sich mit beiden Händen auf die Schenkel, nachdem sie der skeptisch zuhörenden Agatha von dem versehentlichen Tod berichtet hatte. „So, ich glaube, der Tee hat lange genug gezogen.“ Emsig stand sie auf und reichte höflich lächelnd jedem einen Aufguss.
    Sorgsam war sie darauf bedacht, dass jeder die richtige Tasse bekam. Reinhold bekam, wie bereits in seinem Zimmer schon angekündigt, Rosmarintee, um sein Nervenkostüm zu stärken, für Ingrid und sich hatte sie einen schwarzen Tee gemacht. Koffein würden sie brauchen.
    Als sie nun, jeder mit einer Tasse Tee zusammensaßen, wünschte Esther Friedrichsen, der Friede möge in diesem Hause wieder einkehren, was Reinhold und Ingrid sich ebenfalls wünschten. Doch so lange Agatha nicht ihren Beobachtungsposten räumen würde, sähe man hierfür keinerlei Chance.
    Agatha zuckte die Schultern und meinte in ihrer gewohnt schroffen Art, dass sie wegen einer gemeinsam getrunkenen Tasse Tee noch lange nicht darauf verzichten wolle.
    Und so trank jeder seinen Tee.
     
    Die eben noch so redselige Esther saß schweigend auf der Couch. Würde der Tee, den sie Reinhold zubereitet hatte, auch beruhigen? Würde Ingrid die Energie bekommen, die sie benötigen würde? Und vor allem, wann würde die Wirkung bei Agatha einsetzen? Die Tees waren überaus stark, das wusste Esther Friedrichsen wohl, aber letzten Endes bekäme jeder das, was er brauchte. Sie selbst eingeschlossen.
     
    Locker lehnte sich Reinhold zurück. Er nahm sich ein Kissen und umschlang es mit seinen Armen. Zufrieden registrierte Esther seine Entspannung, während Agathas Körperhaltung sich verkrampfte. Es war soweit.
    In Agathas Bauch zwickte und zwackte es fürchterlich. Dieser vermaledeite Tee verursachte ihr Bauchschmerzen, beschwerte sie sich bei Esther mit rüdem Ton. Angespannt hielt sie sich den Bauch, während sie versuchte, nach Luft zu schnappen.
    Esther verzog den Mund. Dass in dem Tee keine Kamille war, hatte sich Agatha selbst zuzuschreiben, warum also dennoch die Gewissensbisse? Esther Friedrichsen wusste sehr wohl, warum. Es war nicht deswegen, weil sie den Donnerstagstee an einem Dienstag ausgeschenkt hatte, sondern, weil sie statt Kamille auch Liebstöckel oder Gänsefingerkraut hätte beimischen können, um die Krämpfe etwas zu mildern. Aber dafür war es jetzt zu spät. Bis der mildernde Tee fertig wäre, hatte Agatha das Gröbste sicherlich schon überstanden.
    Mit bleichem Gesicht beobachtete Reinhold das Geschehen. Die Überraschung, dass Esther Friedrichsen ihren Donnerstagstee an einem Dienstag ausgeschenkt hatte, konnte man in seinem Gesicht ablesen.
    Nein, das Röcheln von Agatha war kein schöner Anblick, aber bei Vergiftung wohl eine unerlässliche Begleiterscheinung. Während sich ihre Hände verkrampften, lief sie blau an und riss die Augen auf. Unanständig rutschte ihr Rock über die Knie, was Reinhold beschämt wegsehen ließ.
    Um sich abzulenken, kehrte Esther die Scherben auf. Sie ließ sich Zeit, und erst als sie glaubte, auch jeden noch so kleinen Splitter gefunden zu haben, warf sie die Reste in den Müll und verschloss sorgfältig ihren Kräuterschrank.
    Jetzt gab sie endlich Ruhe, die Agatha.
    Esther setzte sich wieder zu Reinhold, der immer noch in seiner Verwunderung unfähig war, zu sprechen.
    Ingrid schwieg, weil sie den Blick nicht von Agatha reißen konnte.
    Zehn Minuten nach Agathas Ableben saß das Trio immer noch da. Abwartend. Schweigend. Unentschlossen. Es war seltsam, mit der toten Frau in einem Zimmer zu sein.
    Verlegen räusperte sich Esther. „Ich weiß, Spontanität ist nicht meine Stärke, aber es gibt Zeiten, da muss man über seinen Schatten springen.“
    „Sehr weise!“, kommentierte Ingrid.
    „Und, was hast du nun vor?“, wollte Reinhold wissen. „Du kannst sie doch schlecht hier so liegen lassen.“
    Ja, da sprach Reinhold etwas Wahres an. Darüber hatte sich Esther in ihrer Spontanität keine Gedanken gemacht; damit stellte es sich wieder einmal heraus, unroutinierte Handlungen lagen ihr nicht sonderlich. Natürlich musste Agatha aus ihrem Zimmer verschwinden. Balthasar Sebastian Rohrasch wäre sicherlich nicht erbaut darüber, wenn nun seine Bewohner auch

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