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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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konnte sie nichts einwenden. Heute war der Tag sowieso schon völlig aus den Fugen geraten. Was spielte es da für eine Rolle, ob sie nun ein zweites Mal an einem Dienstag ihren Donnerstagstee zubereitete.
    Sie versprach ihm, nachdem man mit Agatha fertig war, bei seinem Auszug aus St. Benedikta behilflich zu sein. Wahrscheinlich würde der Rohrasch einen Kollaps bekommen, aber fragen konnte sie ihn vorher ja auch schlecht.
    „Kellergeschoss“, dröhnte die Lautsprecherstimme durch den Aufzug und ließ Reinhold und Esther zusammenfahren.
    Wieder war es Reinhold, der zusah, dass der Weg frei war.
    Esther folgte auf sein Geheiß.
    Unheimlich war der Keller zu dieser Zeit. Vielleicht lag es aber auch daran, dass man mit einer Toten spazieren fuhr. Das Klackern der Heizrohre war zu hören und hallte in dem von alten Fliesen ausgelegten Flur nach. Das Gefühl, beobachtet zu werden, ließ Reinhold seinen Rücken anspannen. Er warf einen Blick zurück und sah Agathas leeren Blick auf sich gerichtet. Er wartete, bis Esther auf gleicher Höhe war. Schweigend erreichten sie endlich den Kunstraum von St. Benedikta.
    Esther musste sich erst einmal setzten. Die Aufregung schlug ihr auf den Magen und das rechte Bein, das in Höhe ihres Knie eine unnatürliche Form anzunehmen drohten, schmerzte.
    Reinhold stand unschlüssig im Raum.
    „Wir müssen sie auf einen Stuhl setzen“, wies Esther ihn an, etwas zu tun und massierte ihr geschwollenes Knie.
    Unsanft zog Reinhold Agatha aus dem Rollstuhl und hievte sie auf einen hölzernen Stuhl, der mit Farbklecksen übersät war. Stocksteif ließ Agatha die Prozedur über sich ergehen.
    „Ich hole jetzt Ingrid“, machte sich Esther schwerfällig in Richtung Tür auf.
    Esther schnappte sich den Rollstuhl und fuhr in den dritten Stock, um Ingrid zu holen.
    Reinhold hielt bei Agatha die Stellung, was ihm nicht ganz geheuer war. Er traute ihr glatt zu, dass sie wieder aufstand und keifend das ganze Haus zusammenschrie. Unsicher zog er sich einen Stuhl heran und positionierte sich gegenüber von Agatha. Der Sicherheit halber, jedoch am anderen Ende des Raumes. Argwöhnisch behielt er sie im Auge.
     
     
     

40
     
     
    Wie lange Reinhold schon alleine mit der Toten im Keller gesessen hatte, wusste er nicht. Angespannt wippte er mit seinen Beinen und guckte alle paar Sekunden auf seine Uhr.
    So allein mit Agatha in einem Raum zu sitzen, ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Wie einen lästigen Floh versuchte er, sein Unbehagen abzuschütteln. Selbst tot wirkte Agatha einschüchternd. Starr stierte sie ihn an; er glaubte, dass sie ihren Mund zu einem teuflischen Grinsen verzogen hatte. Bereit, ihn in die tiefsten Abgründe der menschlichen Angst hinabzuziehen.
    „Verdammtes Weib!“, zeterte er los. „Hast du noch immer nicht genug von deinen Bösartigkeiten. Reicht es dir nicht, dass du mir Frieda genommen hast?“ Mit der Faust haute er auf die Tischplatte.
    Agatha gaffte ihn an.
    „Was willst du? Mich auch noch? Schmink dir das ab, ich trinke meinen Tee später. Weit weg von dir, das kannst du mir glauben!“
    Agatha antwortete nicht.
    Langsam entkrampfte sich Reinhold wieder und schalt sich selbst als Angsthasen. Wie sollte Agatha ihm auch antworten? Tote sind in der Regel nicht sehr gesprächig. Agatha war es auch schon zu Lebzeiten nicht gewesen. Reinhold sah wieder auf die Uhr. Immerhin! Eine Minute später als vorhin. Warum hatte er eigentlich Esther nicht begleitet, als sie Ingrid holen ging? Dann würde er jetzt nicht vor Angst fast in die Hose machen, und die Zeit würde auch schneller vergehen. Aber auf die Idee war er gar nicht gekommen. Esther jedoch auch nicht. Nun, mit ihrem Gehirn stand es auch nicht mehr zum Besten, versuchte er, seine eigene Denkunfähigkeit auf sie abzuwälzen. Außerdem war er auch in Trauer. In tiefer Trauer. Reinhold überlegte sich kurz, ob er vielleicht Esther hinterherfahren sollte. Vielleicht benötigte sie ja seine Hilfe? Ach was! Er rubbelte sich mit der Hand über die Stirn. Seine Gedanken waren zu flatterhaft. Sie kam sicherlich gleich. Aber was war eigentlich gleich? Gleich konnte viel bedeuten. Zwei Minuten? Fünf Minuten oder zehn Minuten?
    Fahrig erhob sich Reinhold und summte vor sich hin. Das hatte ihm schon immer geholfen, wenn auf der Suche nach Frieda die Nervosität von ihm Besitz nahm. Doch nie war es so wie jetzt gewesen. Das Brummen der Neonröhren an der Decke ließ ihn aus dem Takt kommen. Er stand er auf und

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