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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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der sich mit scheuen Geschöpfen in freier Wildbahn bestens auskannte, hatte keine Schwierigkeiten, sich auf den Gast einzustellen.
    Derart beruhigt, riskierte Bill sogar die Bemerkung, daß sie sich hier ja eine wirklich schöne Wohnung zugelegt hätten. Sarah erklärte, dies sei nur vorübergehend, und erzählte ein wenig über ihr zukünftiges Haus in Ireson's Landing. Bill sagte: »Ach so-ho«, wonach man zum geschäftlichen Teil überging, da man die Räumlichkeiten genug gewürdigt hatte.
    »Wem gehört der >Broken Zippen, Bill?« fragte Max.
    Bill zuckte mit den Achseln, eine Aktion, die seinen ganzen Körper miteinbezog, von den schmutzigen nackten Füßen bis zu seinem schwarzen Lockenschopf. »Wem gehören schon all diese Kneipen?«
    »Wahrscheinlich einem der vielen anonymen Vermögensfonds.« Max seufzte. »Und du hast keine Ahnung, wer hinter diesem stecken könnte?«
    »Möglicherweise ein Haufen Griechen. Die Gesellschaft heißt Thanatopsis Realty Trust.«
    »Thanatopsis?« Sarah rümpfte die Nase. »Was für ein merkwürdiger Name. Thanatos ist das griechische Wort für Tod.«
    »Genau«, sagte Bill Jones.
    »Wie lange gehört es dieser Gesellschaft schon?« wollte Max wissen.
    »Erst seit 1977.«
    »Und wem hat es vorher gehört?«
    Die Frage schien Bill mehr als unangenehm zu sein. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und warf einen sehnsüchtigen Blick zur Tür, als habe er eine dringende Verabredung mit dem Schicksal.
    »Nun mach schon, Bill.«
    »Nun ja, jemandem, dem eine Menge Grundstücke hier in der Stadt gehört haben. Er stammte aus einer alten Familie.«
    »Schon gut, Bill«, sagte Sarah. »Welcher von den Kellings war es?«
    »Er hieß Frederick.«
    »Großonkel Frederick? Mein Gott, ob Dolph das wohl weiß? Ein Glück, daß er das Ding abgestoßen hat, bevor Dolph es erben konnte. Wie lange hat es ihm denn gehört, Bill?«
    »Nur ein Jahr.«
    »Und was war es, als er es gekauft hat?« »Eine Kneipe, genau wie jetzt.«
    »Oh. Trotzdem kein Grund, so deprimiert auszusehen, Bill. Ich nehme an, Großonkel Frederick wollte dort ein Rehabilitationszentrum für Schluckspechte aufmachen oder so, stellte fest, daß kein Bedarf bestand, und hat das Gebäude an die Thanatopsis-Typen abgestoßen, weil sie ihn an Großtante Letitia erinnerten.«
    »Oder weil Dolph darauf bestand, daß es verkauft wurde«, sagte Brooks. »Hat Dolph nicht 1976 endlich seinen ganzen Mut zusammengenommen und Onkel Fred für geschäftsunfähig erklären lassen?«
    »Ich glaube schon«, sagte Sarah. »Es war kurz nach der Windelgeschichte mit den Bostoner Tauben, soviel ich weiß. Jetzt gehört es jedenfalls nicht mehr unserer Familie, also brauchen wir uns um diesen Aspekt auch nicht weiter zu kümmern. Bill, was kann ich Ihnen anbieten? Kaffee, Brandy? Oder wie üblich Gin mit Tonic?«

Bill gestand in kaum vernehmbarem Flüsterton, daß er einen Gin mit Tonic gut gebrauchen könne. Max holte ihm das Gewünschte, dazu einen Brandy für sich und Brooks und ein Glas Traubenlimonade für Sarah.
    »Was läuft denn heutzutage so im >Broken Zipper    Bill zuckte mit den Schultern, aber diesmal nur oberhalb der Taille. »Genau wie man erwarten würde.«
    »Lag Schnee auf dem Boden?«
    Bill nippte an seinem Drink wie ein Kätzchen. »Für Wintersport interessiere ich mich nicht besonders, Kumpel.«
    Was bedeutete, daß er zwar etwas herausgefunden hatte, aber niemanden denunzieren wollte. Max wußte genau, wie Bill Jones' Gedankengänge funktionierten. Sarah ebenfalls. Sie war zwar keine Spezialistin für Drogenjargon, wußte jedoch, daß Schnee ein anderes Wort für Heroin war. Hit war ein weiteres, obwohl sie den Grund dafür nicht kannte.
    »Werden denn dort wenigstens die neuesten Hits gespielt?« erkundigte sie sich zum allgemeinen Erstaunen. »Bill, wir reden hier über eine sehr ernste Sache.«
    Wie diverse andere männliche Wesen war auch Bill Jones mehr oder weniger in Max Bittersohns Gattin verliebt. In seinem Fall wahrscheinlich eher mehr als weniger, auch wenn er nie so weit gegangen war, den Wunsch zu äußern, der gute Maxie solle endlich von einer Klippe stürzen, wie dies einer seiner Künstlerkollegen einmal getan hatte. Doch der Mann war Bildhauer, Bill dagegen Illustrator. Vielleicht waren Menschen, deren Arbeit nur aus dem Umgang mit kaltem Ton bestand, aus Gründen des Ausgleichs heißblütiger als andere. Bill war Sarah

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