Teeblätter und Taschendiebe
unseres Ausflugs getragen. Aufgrund eines bedauerlichen Unfalls ist das Boot leider gekentert. Der kleine Zwischenfall hat zu einer höchst unschönen Trennung unserer Wege geführt.«
»Wie bedauerlich«, sagte Max.
»Eh - ziemlich. Ich mußte ihr Etablissement auf der Stelle verlassen, mit der strikten Order, ihr nie wieder unter die Augen zu treten. Das scheußliche Brillenobjekt fand ich später in der Tasche der Jacke, die ich bei dem unglückseligen Zwischenfall getragen hatte. Da sie mir ausdrückliches Hausverbot erteilt hatte und ich zudem sehr erbost war, weil sie rücksichtslos mehrere Dias ruiniert hatte, die ich von einer Wasseramsel bei ihrem höchst erfinderischen Nestbau aufgenommen hatte, verspürte ich nicht den leisesten Skrupel, das häßliche Ding zu behalten. Für die Dias mußte ich mich nämlich bis zu den Ellbogen in schleimigen Morast verstecken, wobei mir eine Rohrdommel sozusagen als Krönung eine ziemliche Scheußlichkeit auf den Kopf fallen ließ, weil sie mich dummerweise für einen Felsen hielt. Ich dachte mir, ich könnte die Brille vielleicht irgendwann brauchen.«
»Und dann hast du die Kamera einfach in das Gestell eingebaut. Brooks, du bist einfach phantastisch.«
»Genau gesagt habe ich sie hinter der rechten Schläfe eingebaut, das Objektiv paßte genau durch das Muster in der Verzierung, falls man sie denn als solche bezeichnen kann. Theonia brauchte den Kopf nur ein wenig von der Person abzuwenden, die sie knipsen wollte, und den Auslöser mit Hilfe einer kleinen Pumpe zu betätigen, die an einer dünnen schwarzen Schnur durch ihren Mantelärmel bis zur Hand führte. Falls jemand den Mechanismus entdeckt hätte, was wir für sehr unwahrscheinlich hielten, hätte sie einfach behauptet, es sei ihr Hörgerät. Soweit sie weiß hat niemand etwas gemerkt, und wir sind der Meinung, daß das Ergebnis das kleine Risiko rechtfertigt. Auf einigen Aufnahmen fehlen zwar die Köpfe, wie ihr seht, aber wenn man bedenkt, unter welchen Bedingungen Theonia fotografieren mußte, hat sie gute Arbeit geleistet.«
»Die Fotos sind hervorragend«, sagte Max.
Bill Jones starrte durch Max' Lesebrille auf ein winziges, aber gestochen scharfes Foto von Ted Ashe mit einem Doughnut in der Hand. »Gehört der Mann auch zu den Senioren?«
»Behauptet er jedenfalls«, sagte Max. »Wir haben uns über ihn auch schon unsere Gedanken gemacht.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Er nennt sich Ted Ashe. Kennst du ihn?«
»Ja-ha, aber nicht als Ted Ashe. Wo hat er sich denn so schmutzig gemacht?«
»Meine Frau ist der Meinung, daß er sich jeden Morgen das Gesicht zuerst mit Salatöl und dann mit Blumenerde einreibt«, sagte Brooks. »Sie sind also auch der Meinung, daß die Dreckschicht nicht echt ist?«
»Ich habe ihn vor drei Tagen abends im Golden Garter gesehen. Auf einer Benefizveranstaltung für die Gesellschaft zur Prävention von Fußkrankheiten. Er ist als Conferencier aufgetreten und trug einen pinkfarbenen Smoking und einen lila Kummerbund. Eine Woche vorher habe ich ihn auf einer Cocktailparty bei den Wilton-Rugges getroffen. Das ist der reiche Immobilienmakler, auch ein Bekannter meines Bruders. Da hatte er sich auch ziemlich in Schale geworfen. Ganz im Landjunkerstil. Wildlederjacke, Gucci-Schuhe, LaCoste-Hemd. Alles, was dazugehört.«
»Bei den Wilton-Rugges?« sagte Sarah. »Ihre Tochter ist doch das Mädchen, mit dem Eugene Porter-Smith verlobt ist. Eugene hat gestern abend noch gesagt, Ashe hätte behauptet, er habe als Buchhalter in einer Fleischkonservenfabrik gearbeitet und sei gefeuert worden, weil er Vegetarier geworden sei.«
»Vielleicht stimmt es ja«, meinte Max. »Der Kerl kommt anscheinend ganz schön rum.«
»Er nennt das Materialbeschaffung«, sagte Bill Jones.
»Für wen oder was?« fragte Max.
»Kennt ihr das Sensationsblatt Syndicated Slymel«
»Ich habe es schon mal gesehen. Willst du damit etwa sagen, er schreibt für das Käseblatt?«
»Sogar unter sechs verschiedenen Namen, soweit ich weiß. An dem besagten Abend nannte er sich Wilbraham Winchell. Ich kenne zwar seinen richtigen Namen nicht, aber ich gehe jede Wette ein, daß er nicht Ted Ashe heißt. Er schreibt eine Serie, die sich mit Korruptionsfällen in Einrichtungen befaßt, die angeblich ehrenwert und karitativ sind.«
»Und was macht er, wenn er nichts findet?«
Bill zuckte mit den Achseln. »Der Kerl findet immer was.«
»Sie meinen damit doch wohl nicht, daß er einfach einen Skandal
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