Tekhnotma - Krieger der Clans: Tekhnotma 3 (German Edition)
in die Erde geschlagene Stufen führten in die Tiefe.
»Früher sagten die Leute über mich, dass ich Cherson-Stadt von oben bis unten kenne«, murmelte Nasari, während er den Abstieg begann. »Na dann, los, runter mit uns!«
Der schmale Abstieg führte etwa zwei mannshoch in die Tiefe und ging dann in einen engen Stollen über. Die Wände waren glatt, wie ausgeleckt, und besaßen einen rötlichen Schimmer. Turan wurde klar, dass es sich um Lehm handelte. Da der Gang niedrig war, musste der hochgewachsene Nasari den Kopf einziehen. Das Ende des Stollens war nicht zu sehen, das Licht der beiden Lampen verlor sich in der Dunkelheit. Ab und zu führte der Stollen durch Mauern hindurch. Löcher waren in alte Ziegelmauern gebrochen worden, um einen Durchgang zu schaffen. Sie kamen an feuchten Kellern mit schimmeligen Wänden vorbei. Alle diese Gemäuer waren seit Langem verlassen und wurden von niemandem mehr genutzt. An manchen Stellen war der Schimmel so stark, dass Belorus irgendwann sagte, für ihn sehe das stark nach Nekrose aus.
»Die Nekrose dringt nicht in den Erdboden ein«, widersprach Nasari. »Hier ist alles still und unberührt, und der Schimmel ist ganz normaler Schimmel.«
Der Stollen führte immer tiefer abwärts. Sie kamen an Abzweigungen und Kreuzungen vorbei, an einer Stelle wurde die Decke von Stützpfeilern verstärkt, und die Wände wurden von Querbalken gestützt. Man konnte spüren, dass dieser Teil des Tunnelgeflechts bewohnt war. Die Deckenwölbung war rußig, vermutlich weil hier oft Menschen mit Fackeln entlanggingen.
Nasari musste nicht einmal überlegen, welchen Weg sie zu wählen hatten. Ohne zu zögern, bog er ab, aber den Übrigen war schon bald klar, dass sie ohne Führer niemals aus diesem Labyrinth herausfinden würden. Nasari schien mit jedem Schritt Mut zu schöpfen, er streckte die Schultern nach hinten, richtete sich auf und sprach lauter und selbstbewusster. Mehrmals erklärte er, unter welchem Ort in der Stadt sie gerade vorbeikamen, dass sie den Turm des Herrschers passierten, das Stadtzentrum hinter sich ließen. Der Alte erinnerte an einen zufriedenen Farmer, der seinen Gästen vorführt, wie seine Landwirtschaft aufgebaut ist und funktioniert.
Tatsächlich waren sie noch nicht sehr lange unterwegs, als Turan bereits das Gefühl hatte, sich seit einer halben Ewigkeit unter der Erde zu befinden. Belorus beklagte sich über die stickige Luft.
»Ich dachte, nichts wäre schlimmer, als zu fliegen. Aber nein, bringt Tim Belorus hinauf zu den Wolken, und es wird ihm weit besser gehen als in diesem muffigen Loch. Hier gibt es wenig Luft, oder?«
»Geh weiter, Mensch, und mach dir keine Sorgen«, sagte Nasari über die Schulter zu ihm. »Das kommt dir nur so vor, weil es so ungewohnt ist. Glaub mir, Luft gibt es im Überfluss, die reicht für alle … jedenfalls für alle, die lebendig hier runter kommen.«
»Was meinst du damit, Alter?«
»Unter der Erde gibt es immer mehr Tote als Lebende. Aber die brauchen keine Luft mehr. Da sind wir.«
Der Stollen wurde breiter und höher, die Wände waren aus gebrannten Ziegeln aufgemauert, und Turan sah einen Bogen vor ihnen. Einen hohen, aus Stein gehauenen Bogen. Durch ihn fiel grelles Licht in den Stollen. Nasari trat unter dem Bogen hindurch, und in dem Moment schien sich seine Gestalt in einen hellen, gelblichen Flecken aufzulösen. Die anderen folgten ihm und betraten einen Saal mit hoher Gewölbedecke, der von mehreren großen Lampen beleuchtet wurde.
Die Wände waren sorgfältig weiß getüncht und mit Fresken verziert – einem gekreuzigten Mutanten, wie ihn die Mönche des Ordens der Reinheit gerne abbildeten; nur war dieser hier kein abstoßendes böses Ungeheuer, sondern sein nach oben gerichteter Blick war erfüllt von Trauer. In der Mitte des Saals standen drei Gestalten in weiten, sackartigen Kitteln. Zu dem mit Fresken geschmückten Saal hätte reinliche weiße Kleidung gut gepasst, aber die Umhänge der Männer waren dreckverschmiert, voller rötlicher Lehmflecken und mit Spuren von Schimmel und Spinnweben überzogen. Obgleich das vermutlich ganz normal war für Leute, die unter der Erde lebten.
Zwei der Gestalten waren Menschen, die dritte vermutlich ein Mutant: Er hatte ungewöhnlich lange Arme mit breiten Händen, einen Buckel, und von der Nasenwurzel über Stirn und Scheitel bis zum Nacken verlief eine Reihe Auswüchse. Das Horn, das zwischen den beiden dicken Augenbrauenbögen hervorstand, war tätowiert. Und
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