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Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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fiel, die anderen flüchteten auf die Treppe zurück, nicht ohne vorher zu schießen. Ich wich zurück in die Werkstatt, knallte die Tür zu und schob den Riegel vor. Juna schubste den Herrscher zwischen den Werkbänken hindurch. Während ich noch mein MG nachlud, rief sie mir zu:
    »Jegor! Da draußen dröhnt etwas … wie ein gewaltiger Motor.«
    »Ein Motor?« Ich rannte los. »Das ist Tschak, er haut ab.«
    Als wir ins Depot stürmten, herrschte dort totales Chaos. Mönche in schwarzen Anzügen rannten auf den Bahnsteigen hin und her. Auf den Eisenbahnschwellen eines Seitengleises kniete Meister Alex und umfasste mit beiden Händen seinen blutüberströmten Kopf. Der Schmied stand hinter seinem Amboss in Deckung, den Schaft eines großkalibrigen Gewehrs mit ausgeklappter Gabelstütze und imposantem Zielfernrohr gegen die Schulter gepresst und wartete auf die richtige Gelegenheit abzudrücken.
    Aus dem Schornstein der Lok wallte Rauch, langsam nahm sie Fahrt auf und rollte auf das Tunnelende auf der anderen Seite des Depots zu.
    »Hinterher!« Ich packte Juna an der Schulter, und im selben Moment fiel Gest. Er hatte weder das Gleichgewicht verloren noch war er gestolpert, sondern hatte sich einfach vor Junas Füße fallen lassen. Die prallte gegen ihn, stolperte und stürzte der Länge nach auf den Betonboden. Das MG, das sie nicht umgehängt hatte, rutschte ihr dabei aus den Händen.
    Die Tür zur Schlosserei stand noch halb offen. Die andere Tür zur Treppe wurde gerade aus den Angeln gerissen – die Männer hatten sie offenbar aufgesprengt.
    Juna stöhnte auf, knickte wieder ein und fasste sich ans Knie, als ich versuchte, sie auf die Beine zu stellen. Meine Seite fühlte sich an, als würde jemand mit einem glühenden Schürhaken darin herumwühlen, aber ich schob die Arme unter ihre Achseln, hob das Mädchen hoch und warf es mir über die Schulter. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie der Herrscher auf dem Rücken liegend von uns wegrutschte.
    Den Oberkörper nach links gekrümmt humpelte ich zu den Gleisen. Juna hob den Kopf und blickte über meine Schulter hinter uns. Im Laufen spürte ich, wie sie nach dem an meiner Seite herunterhängenden MG griff. Sie zog es am Riemen zu sich, hob den Lauf und drückte den Abzug.
    Ich wusste nicht, ob sie einen der Männer erwischt hatte, die gerade aus der Werkstatt gerannt kamen. In meinem Kopf drehte sich alles vor Schmerz, ich spürte Übelkeit in mir aufsteigen, mein Herz schien aus der Brust springen zu wollen.
    Ich lief über die Schwellen, erreichte das breite Trittbrett am hinteren Ende des Plattformwagens und warf Juna über das Geländer aus Armatureisen.
    In diesem Moment feuerte der Schmied aus seinem Gewehr, und der gewaltige Knall übertönte den Motorenlärm, das Klopfen der Räder, das Geschrei der Männer. Die Kugel prallte in die Bordwand der Lok und sie gab ein lang gezogenes Hupen von sich. Meine Beine knickten ein, ich fiel, packte im letzten Augenblick eine Geländerstange vor mir und wurde mitgezogen, meine Knie schleiften über die Schwellen. Juna umfasste mein Handgelenk und zerrte daran. In diesem Moment tauchte die Lok in den Tunnel ein.
    Ich plumpste über das Geländer auf den Boden des Plattformwagens. Der helle, halbkreisförmige Ausschnitt des Depots entfernte sich. Ich sah noch, wie gelb gekleidete Männer aus der offenen Werkstatttür auf den Herrscher zurannten, während der auf den Knien hockte und uns hinterhersah.
    »Wie geht es dir, Jegor?« Juna beugte sich über mich.
    Es wurde immer dunkler. Das Gesicht des Mädchens schaukelte über mir hin und her.
    »Jegor! Rasin, hörst du mich?«
    Die Lok wurde von einem Schlag erschüttert, vorne rasselte etwas.
    »Jegor!«
    Junas Gesicht verschwand, löste sich in Dunkelheit auf. Dafür sah ich auf einmal ein anderes: schmal und faltig – das Gesicht von Luka Stiditsch. Es wurde undeutlich, als ob jemand darüberradiert hätte, die Falten glätteten sich.
    Und plötzlich wusste ich, wo ich diesen Mann schon mal gesehen hatte.

21.

    Ich presste die Hand auf den Verband, setzte mich vorsichtig auf und sah mich um. Durch die schießschartenartigen Fenster drang fast kein Licht in den Wagen, aber unter der Decke brannten zwei Glühbirnen in ordentlichen eisernen Lampenschirmen. Das Klopfen der Räder und das Dröhnen des Motors waren nur gedämpft zu hören, der Boden schwankte.
    Wie nannten sie das hier? Die Karosserie eines alten Busses auf einem Plattformwagen … War das jetzt eine Art

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