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Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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andere Möglichkeit hatte ich bislang nicht entdeckt.
    »Sie ist anständig angezogen.« Burnos ließ sich immerhin zu einer Antwort hinreißen. »Sie redet vernünftig, die Straßennutten reden nicht so. Außerdem hat sie Geld, das ist das Wichtigste. Woher sollte eine Nutte Geld haben? Du lügst, Söldner.«
    Ich hob die Hand und wollte mir mit dem Finger an die Stirn tippen, hielt aber noch rechtzeitig inne. Womöglich war diese Geste hier unbekannt. Ich spuckte stattdessen auf den Boden der Höhle.
    »Sie redet vernünftig, weil sie einen Kerl hatte, der aus dieser … Na, jedenfalls war er Arzt, ziemlich clever. Las Bücher und so, kannte sich mit der Wissenschaft aus. Mit dem hat sie zusammengelebt. Weißt du, was das ist, die Wissenschaft? Jetzt denk doch mal selbst nach, Burnos. Wieso sollte Timerlans Tochter plötzlich hier auftauchen? Wie kommt die auf eure Müllhalde? Mit irgendeinem dahergelaufenen Söldner im Schlepptau, ohne Wachen, ohne alles …«
    »Und das wirst du mir jetzt erklären?« Seine Augenbrauen waren zusammengezogen.
    »Ich erklär es dir«, sagte ich selbstbewusst. »Wie ich schon gesagt hab: Sie ist nur eine Nutte, die das letzte Jahr mit einem reichen Arzt zusammengelebt hat …«
    »Hä?«
    Ich überlegte fieberhaft, was ich gerade gesagt hatte. Das Wort »Arzt« schien ihm bekannt zu sein. Aber irgendwas hatte ihn irritiert …
    »Was hast du da eben gesagt, Söldner? Was soll das sein … dieses ›Ja‹?«
    »Jahr …« Jetzt war ich selbst verwirrt. Hatten sie etwa eine andere Zeitrechnung?
    »Ja, genau. Was ist das?«
    »Na ja … So wird bei uns die Zeit gemessen.«
    »Woher kommst du?«
    »Von der Küste.«
    »Hä? Was für eine Küste? Hast du Stechapfelgras geraucht, Junge? Du redest einen solchen Mist … und willst, dass ich dir glaube?«
    Ich hatte keine Wahl, als bei meiner Geschichte zu bleiben:
    »Ob ich das will oder nicht – ich weiß nur, dass ich die Wahrheit sage. Juna hat im letzten … in der letzten Zeit mit einem reichen Arzt zusammengelebt. Dann hat sie sich mit mir zusammengetan. Ich hatte schon allerhand getrieben, Mutafage gejagt und solche Sachen. Wir beschlossen, den Alten auszurauben. Wir wollten nur sein Geld, aber dann wachte er zu früh auf und mir blieb nichts anderes übrig, als ihn zu töten. In der gleichen Nacht sind wir von dort abgehauen. Ist ja klar, wir konnten nicht bleiben. Wir wollten nach Moskau. Erst sind wir gefahren, dann gegangen … Und als sie euch sah, hat sie beschlossen, mich zu verraten. Und dich wird sie auch verraten. Sie ist eine Nutte, meine Juna. Hast du das verstanden, Fänger?«
    Er blickte mich einige Sekunden schweigend an, dann drehte er sich um, und weg war er.
    Die Sonne ging unter und in der Höhle wurde es finster, aber die Fänger zündeten oben Fackeln an, deren Widerschein auch in mein Erdloch fiel. Mein Gefängnis lag hinter einem großen Müllberg an der Rückseite des zweistöckigen Hauses. Ich konnte die gedämpften Stimmen der Fänger und der Bewohner von Grauer Brand hören, das Knistern der Fackeln und sogar Geräusche, die aus dem Haus kamen, das Knarren der Bank und das Klappern von Geschirr.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und streckte die Arme aus – wenn ich in die Höhe springen würde, könnte ich problemlos die Streben des Gitters fassen. Aber was dann? An den Ecken war es mit eisernen Pfosten verschweißt, die man tief in die Erde gerammt hatte. Und die Luke am Rand des Gitters war mit einem schweren Riegel und einem großen Vorhängeschloss gesichert. Ich könnte das Schloss zwar erreichen, wenn ich mich mit einer Hand halten und die andere durch die Gitterstäbe schieben würde, aber was würde es mir bringen?
    Eine Fackel flackerte im Wind, in der Höhle wurde es heller und vor der Luke tauchte ein Kopf mit einem Haarkamm auf.
    Sip setzte sich an den Rand des Gitters. In der einen Hand hielt er die Fackel, mit der anderen schwenkte er seine Peitsche. Die Metallgewichte klirrten gegen die Gitterstäbe.
    Ich hockte mich auf den Boden, schlug die Beine unter und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Sip beobachtete mich. Seine im Licht der Fackel rötlich funkelnden Augen hatten etwas Tierisches.
    Schritte ertönten, und Burnos erschien ebenfalls am Höhleneingang.
    »Verdammter Mistkerl«, stieß er hervor. »Am liebsten würde ich dir einen Mutafag auf den Hals hetzen, Söldner … Du hast mich angelogen! Das Mädchen hat uns das Siegel gezeigt! Und eine Papierrolle … Ich kann

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