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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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Regel.« Auch das war nicht gelogen.
    Erik blieb noch eine Weile in meinem Zimmer und unterhielt sich mit mir. Genau genommen sprach nur er. Ich lauschte lediglich seiner Stimme. Es war schön, sie wieder zu hören und Erik um mich zu haben. Trotzdem war ich froh, als er aufstand und mich allein ließ. Ich legte mich auf mein Bett und versuchte, meine durcheinanderwirbelnden Gedanken einzufangen und zu ordnen. Es gelang mir nicht. Marcius, Filippa, Verus, Quintus, Lucius, Kleon, Artemisia. Sie alle gingen mir durch den Kopf, verbunden mit einer Frage: Hätte Marcius’ Tod verhindert werden können? War es wirklich Artemisia gewesen, die Marcius an Quintus verraten hatte und wenn ja, hätte sie es nicht getan, wenn Lucius sie besser behandelt hätte? Wie hätte sie sich wohl verhalten, wenn Verus Cornelia geheiratet hätte? Ich seufzte. Warum nur hatte Kleon Artemisia nicht besser überwacht?! Im Bespitzeln war er doch sonst immer so gut gewesen. Und Filippa? Hatte ich sie zu sehr mit meinen Problemen in Beschlag genommen, sodass sie gar nicht mitbekommen konnte, was in Artemisia vor sich ging? Vermutlich war sowieso alles einzig und allein meine Schuld. Marcius war meinetwegen zurückgekehrt, weil ich es mir von ihm hatte versprechen lassen und weil er sich Sorgen um mich und Lucius gemacht hatte.
    Erik riss mich aus meiner Grübelei. Er steckte seine Nase durch die Verbindungstür: »Elina, kann ich dich wenigstens zu einer Pizza auf die Faust überreden?«
    »Nein, ich möchte wirklich nichts«, antwortete ich und schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war es dunkel. Ich musste vorübergehend eingeschlafen sein. Ich blickte auf mein Handy: Es war 22.30 Uhr. Über die Zimmerdecke wanderten die Lichter der vorbeifahrenden Autos. Straßenlärm drang von draußen herein, die Rufe von Menschen, Pfiffe, Motorenröhren und das Quäken von Hupen. Lauter ungewohnte Geräusche.
    Unruhig wälzte ich mich unter meiner Bettdecke hin und her. Sosehr ich mich auch bemühte, ich konnte nicht wieder einschlafen. Ich vermisste Filippa, ihre Atemgeräusche und ihr leises Gemurmel, wenn sie träumte. Mir fiel ein, dass ich sie nie gefragt hatte, ob ihr Herz auch jemandem gehörte. Ich hatte sie so vieles gefragt, warum nicht das? Nun war es zu spät. Jetzt konnte ich sie nichts mehr fragen.
    Vor meinem inneren Auge tauchte unvermittelt ein Bild auf: Eine glücklich lachende Filippa, die sich auffallend lange vor einem Gemüsestand aufgehalten hatte. Der Händler, ein junger Mann mit dunklem, krausem Haar, hatte ihr beim Überreichen der Waren etwas zugeraunt. Was, hatte ich nicht verstanden. Aber Filippas Wangen hatten sich daraufhin mit einer zarten Röte überzogen. Ob sie wohl in den Gemüsehändler verliebt gewesen war? Wieso hatte sie mir das dann nicht erzählt?
    Ich beobachtete erneut die Lichter an der Decke. Meine Hand umklammerte das Amulett an meinem Hals, das mich zwar beschützt, mir aber kein Glück gebracht hatte. Außer ihm waren mir nur Filippas Tunika und Marcius’ Stimme geblieben. Wenn ich die Augen schloss konnte ich sie hören: Ich komme wieder, ich komme wieder, ich komme wieder!
    Übermorgen würde ich nach Hause fliegen und die Stadt verlassen, die ihm so viel bedeutet hatte. Und dann? Es gab kein dann !

Die Ewige Stadt

    K ann ich dich wirklich allein lassen?« Erik musterte beim Frühstück meine Augen, die noch immer verquollen aussahen, obwohl ich mir viel kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte. Ich wich seinem Blick aus und nickte.
    »Du siehst schlecht aus«, stellte er fest.
    »Das liegt an meiner Regel. Fahr ruhig zu deinem Kongress. Ich komme allein zurecht!«
    »Wie du meinst. Ich hoffe, heute wird’s interessanter. Kommst du mit zum Bus oder willst du noch weiter frühstücken?« Er nahm einen letzten Schluck Kaffee und stand auf.
    »Ich muss noch mal zurück ins Zimmer, was anderes anziehen. Es ist wärmer, als ich dachte.« Gefühlt war für mich noch Frühling.
    »Okay, bis nachher also. Pass auf dich auf und lass dich von niemandem ansprechen!«
    »Ciao, Paps.«
    »Seit wann nennst du mich Paps?«
    »Seit heute.« Ich zuckte mit den Achseln.
    Erik gab mir einen Kuss auf die Stirn und eilte mit langen Schritten davon. Ich schlich wie eine alte Frau die Treppe hoch und ging mich umziehen. Es fiel mir unglaublich schwer. Ich hatte wenig geschlafen, und auch sonst fühlte ich mich kraftlos und leer. Ich schmiss meine Jeans und mein Shirt auf den Stuhl, auf dem noch Filippas Tunika

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