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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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Dieser trabte daraufhin an. Amandus folgte ihm, ohne dass ich dafür etwas tun musste. Wir ritten einen mir unbekannten Weg entlang, der in Richtung Tiber führte. Es dauerte nicht lange und wir erreichten einen Viehmarkt. Trotz der frühen Stunde waren bereits unzählige Menschen unterwegs. Sie trieben ihre Tiere durch die Straßen, schrien, feilschten, schimpften und zogen schwer beladene Karren hinter sich her, sofern sie nicht über Zugtiere verfügten, die ihnen die Arbeit abnahmen. So gut es ging versuchte Marcius, das Gedränge zu umreiten, was nahezu unmöglich war. Wohin wir uns auch wandten, überall herrschte Chaos. Mehrfach beugte sich Marcius herab und griff mir vorsorglich in die Zügel.
    »Ruhig, Brauner«, beschwor er Amandus, der von Zeit zu Zeit nervös auf der Stelle tänzelte. Sosehr ich mich auch anstrengte, ich wurde aus Marcius einfach nicht schlau. Mehr als eine Woche war es her, da hatte er mich ohne einen Ton buchstäblich im Regen stehen lassen. Jetzt ritt er neben mir her, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt und zeigte sich besorgt um meine Sicherheit. Was hatte er vor? Wohin wollte er mit mir? Warum sagte er nicht, was los war? Gerade überlegte ich, ob ich ihn nicht einfach fragen sollte, was das Ganze zu bedeuten hatte, da durchbrach er das Schweigen: »Hast du schon gegessen?«
    »Wann denn?«, brummelte ich.
    Marcius stoppte bei der nächstbesten Taverne, sprang aus dem Sattel und half mir beim Absteigen. Für den Bruchteil einer Sekunde hielt er mich in seinen Armen. Am liebsten hätte ich genau in diesem Moment die Zeit angehalten. Ging aber nicht. Anscheinend ließ sich die Zeit allenfalls zurückstellen und auch nur in dem Maße, wie sie es wollte.
    »He, du!« Marcius rief einen verwahrlost aussehenden Jungen zu sich. »Pass auf unsere Pferde auf. Hier hast du eine Münze. Wenn du deine Sache gut machst, bekommst du nachher noch eine.«
    Der Junge grinste und griff nach der Münze und den Zügeln, die Marcius ihm reichte.
    Ich hielt mich einen Schritt hinter Marcius, als wir die kleine, fensterlose Taverne betraten. Im Halbdunkeln tappten wir zu einem Tisch, der nicht ganz so dreckig aussah wie die anderen.
    »Dies ist kein passender Ort für ein Mädchen. Und auch nicht für mich«, sagte Marcius angewidert. »Wirt, mach hier sauber und bringe uns ein Licht, Wasser, Brot und Käse!«
    Ein ausgemergelter Mann in einer verschmutzten Tunika kam herbeigeschlurft, wischte den Tisch ab und stellte eine Öllampe sowie einen Krug mit zwei Bechern vor uns hin.
    »Willst du uns nicht einschenken?« Marcius’ Ton wurde noch eine Spur schärfer.
    »Das kann sie machen,« sagte der Mann und zeigte auf eine Frau mit strähnigen roten Haaren, die einen Teller mit Brot und Käse brachte. Die Frau stellte den Teller vor Marcius ab, füllte uns die Becher voll und verschwand, ohne eine Miene zu verziehen.
    Marcius schob das Essen zu mir herüber. »Iss, Elina!«
    »Willst du nichts?«
    »Ich habe schon gegessen.«
    »Allein mag ich nicht essen.« Ich schob den Teller mit Brot und Käse zurück in die Tischmitte.
    Marcius seufzte leise. »Iss endlich! Du bist sowie schon so dünn.«
    »Gibt es eigentlich auch etwas, was dir an mir gefällt?«, fragte ich eher traurig als bissig.
    Marcius blinzelte mich an. »Ich habe nicht gesagt, dass mir dein Aussehen missfällt. Ich wüsste auch nicht jemals in anderer Hinsicht Missfallen geäußert zu haben.«
    »Doch! Neulich in der Bibliothek und bei den Bäumen, als ich dir erzählt habe ...«
    Sein Zeigefinger schnellte zu seinen Lippen. »Nicht hier«, zischte er und blickte vielsagend auf die dunklen Gestalten rechts und links neben uns an den Tischen. Ich schwieg und vergrub mein Gesicht in den Händen. Wieso war ich hier? Was wollte Marcius von mir? Sein unberechenbares Verhalten machte mich ganz fertig. Nie gab es Normalität, immer nur Ausnahmesituationen. Ich hielt das einfach nicht mehr aus!
    Etwas berührte mich an meinem Arm. Es war seine Hand. »Geht es dir gut?«
    Ich hob den Kopf und sah direkt in Marcius’ sorgenvolle Augen. Eigentlich wollte ich nicht lächeln. Nach der vergangenen Nacht aber musste ich es. Unglaublich, dass er mir genau diese Frage stellte. Es war verrückt. Einfach nur verrückt.
    »Geht es dir gut?«, fragte er nochmals.
    »Ja.«
    Marcius lächelte etwas schief. »Iss wenigstens eine Kleinigkeit«, bat er. Seine Hand lag noch immer auf meinem Arm.
    Gehorsam steckte ich mir ein Stück Brot mit Käse in den

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