Tempus (German Edition)
Körper an meinen. Mir ging es auf der Stelle besser. »Elina, wird es zum Kampf kommen?«, fragte er unvermittelt und drückte mich noch fester an sich. »Wird Pompeius verlieren?«
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte und war froh, dass er mein Gesicht nicht sehen konnte. Ich lag auf der Seite mit dem Rücken zu ihm und atmete schwer. Seine Hand glitt unter den Ärmel meiner neuen Tunika und streichelte meinen Arm. Ein Schauer rieselte über meinen Rücken.
»Keine Sorge, ich frage nie wieder«, sagte er leise.
Der Würfel ist gefallen
Wir brachen zeitig auf, um den Palatin noch im Hellen zu erreichen. Zeitgleich mit uns traf Senator Quintus ein. Bei seinem Anblick schnürte sich augenblicklich mein Magen zusammen. Sofern Lucius über Quintus’ Besuch überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken. Trotz des schlechten Wetters war er nach draußen gekommen, um ihn zu begrüßen.
»Welch eine Freude! Was führt dich zu mir, Senator?«
»Ich will nicht lange bleiben, lieber Lucius. Mein Weg führte mich nur zufällig vorbei. Ich komme eben von meinem Landgut, wo ich mich, wie du weißt, für eine Weile von der Politik ausgeruht habe. In meinem Alter ist das hin und wieder notwendig. Aber jetzt fühle ich mich wieder frisch genug, um mich erneut mit voller Kraft in den Dienst von Rom zu stellen.« Quintus’ Lippen verzogen sich zu einem unschönen Lächeln.
»Schon bevor der Senat Cäsar zum Staatsfeind erklärt hat, hat sein Freund Quintus, dieser Fettsack, sich vor Angst fast in die Hose gemacht und zusammen mit vielen anderen fluchtartig die Stadt verlassen. Wenn er jetzt zurückkommt, ist das kein gutes Zeichen«, raunte Marcius mir beim Absitzen zu.
Eine dunkle, krächzende Wolke rauschte über uns hinweg. Ich legte den Kopf in den Nacken: Rabenvögel!
»Willst du dich nicht hineinbegeben und dich ein wenig erfrischen?« Lucius machte eine einladende Geste. Seine Miene war von undurchdringlicher Höflichkeit.
»Danke, das ist zu liebenswürdig«, lehnte Quintus ab, der noch immer in seiner Sänfte saß. »Ich bin ein wenig in Eile. Da dein Haus jedoch, wie schon gesagt, auf meinem Weg liegt, wollte ich nicht grußlos daran vorüberziehen.« Er klatschte in die Hände, woraufhin vier kräftige Sklaven seine Sänfte anhoben.
»Er lügt«, knurrte Marcius.
»Ach übrigens«, die Sänfte schaukelte leicht, als sich Quintus zu Lucius hinunterbeugte, »Cäsar hat mit seinen Truppen den Rubicon überquert. Eventuell solltest du ebenfalls für eine Weile auf dein Landgut fahren. Oder noch weiter weg auf eine schöne, sonnige Insel. Ich mache mir Sorgen um dich. Du siehst angegriffen und blass aus. – Am besten nimmst du deinen Sohn gleich mit.« Er klatschte nochmals in die Hände. Die vier Sklaven setzten sich im Gleichschritt in Bewegung. »Bis bald, mein Lieber!« Quintus winkte Lucius nachlässig zu und zog die Vorhänge seiner Sänfte vor. Mit versteinerten Gesichtern blickten Marcius und sein Vater ihm hinterher. Erst als die Sänfte hinter einer Wegbiegung verschwand, kam Leben in sie.
»Kleon, trommle Verus und die anderen aus der Ritterschaft zusammen! Sag ihnen, wir reiten in einer Stunde«, rief Marcius.
»Sehr wohl!«
»Filippa, wo steckst du?« Lucius lief ins Haus. Marcius und ich folgten ihm. »Filippa!«
Sie kam einen Gang entlanggehastet. »Ja, Herr?«
»Stelle ausreichend Essen und Wasser für meinen Sohn bereit. Er hat einen weiten Weg vor sich«, befahl Lucius. Filippa nickte und verschwand.
»Ich muss meine Sachen packen«, verkündete Marcius und eilte zu seinem Zimmer.
Von rechts und links kamen Sklaven herbeigelaufen, um von Lucius Aufträge entgegenzunehmen und danach wieder nach links und rechts auszuschwärmen. Es war ein einziges Durcheinander. Mittendrin stand ich. Ohne Aufgabe und ohne richtig zu begreifen, was um mich herum geschah, obwohl ich seit Langem wusste, dass es geschehen würde. Es war so weit: Cäsar hatte den Rubicon überquert, den Grenzfluss zwischen Gallien und Italien, was eine Kriegserklärung an den Senat war. Ich konnte mich daran erinnern, es im Internet gelesen zu haben. Auch daran, dass Cäsar bei der Überquerung angeblich gesagt hatte: Alea iacta est! – wörtlich übersetzt Der Würfel ist geworfen worden! Cäsar hatte genau gewusst, was er tat und den Bürgerkrieg billigend in Kauf genommen. Alea iacta est. – Der Würfel ist gefallen.
Ich folgte Marcius in sein Zimmer, in dem ich seit seiner Krankheit nicht mehr gewesen war.
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