Tentakel-Trilogie 2: Tentakeltraum
war.
Außer Positionsbestätigungen hatte der Tentakel während seines Anfluges keinerlei Nachrichten gesendet, offenbar wollte man das jetzt ändern. Während der vielen Stunden der Annäherung hatten sich alle anderen gegnerischen Schiffe ganz betont weiträumig vom Rendezvouspunkt ferngehalten. Wenn sich Haark auch sonst seiner Sache alles andere als sicher war, eines war klar: sie waren mit dem Botschaftsschiff allein.
»Na denn … bitte!«
Auf dem kleinen Monitor direkt vor seinem Kommandosessel erschien das Abbild eines Tentakels. Haark hatte Abbildungen dieser Wesen gesehen, aber niemals direkt mit einem gesprochen. Es war für ihn wahrlich eine Premiere, und er nahm sich einen Moment, seinen Gesprächspartner genau zu mustern. Es war ein schlankes Wesen, fast dünn, mit dunkelgrauer, matt schimmernder Haut ohne Makel. Es trug etwas wie einen Umhang oder eine Toga, gehalten durch einen Metallclip. Am Kopf befanden sich Wahrnehmungsorgane, zumindest hielt Haark sie für solche. Einen Mund konnte er nicht erkennen, aber sprechen konnte das Wesen ohne Zweifel, wie es sogleich unter Beweis stellte.
»Ich grüße die Botschafter von Terra!«, sagte es in absolut akzentfreiem Standardenglisch.
Haark nahm zur Kenntnis, dass der Alien ihn für einen Botschafter hielt, obgleich es eigentlich ziemlich genau wissen musste, dass er ein Spion oder Kundschafter war. Die feine Kunst der Diplomatie schien den Tentakeln jedenfalls nicht allzu fremd zu sein.
»Wie darf ich Euch ansprechen, Erdenmensch?«, fragte der Tentakel nun.
»Ich bin Capitaine Jonathan Haark von der Flotte der Irdischen Sphäre. Wie ist Ihr Name?«
»Ich heiße Clematis-a, Sprecher des Regierenden Rates. Es freut mich, dass wir miteinander kommunizieren können. Ich versichere Euch erneut, dass wir keinerlei feindselige Absichten hegen und Euer Schiff absolut unbehelligt bleiben wird.«
»Das hoffe ich. Womit haben wir es verdient, plötzlich in den Genuss dieser Kommunikation zu kommen? Alle bisherigen Kontaktversuche sind gescheitert und ihr habt einen furchtbaren Krieg gegen uns begonnen!«
»Ja, ja, das ist wahr«, erwiderte Clematis-a mit einem offensichtlich bedauernden Unterton. »Es ist eine schwierige Zeit und es ist eine schwierige Situation. Doch für alles gibt es Erklärungen, wenngleich ich mir durchaus bewusst bin, dass diese das entstandene Leid und das große Zerwürfnis zwischen unseren Völkern kaum werden heilen können. Doch, ja, es gibt Erklärungen, und wenn Euer Volk Zeit hat, wollen wir diese darlegen und begründen, wie es zu der sehr unglücklichen Entwicklung kam, die uns jetzt vor ein großes Problem stellt.«
»Darf ich das als Angebot für Verhandlungen verstehen?«, hakte Haark nach, dem angesichts der geschliffenen Ausdrucksweise des Aliens die Ohren klingelten.
Ein Gefühl der Surrealität machte sich in ihm breit. Er konnte das alles gar nicht glauben und schien zu träumen.
»In der Tat, Capitaine, in der Tat. Und es freut mich umso mehr, dass Ihr derjenige seid, der dieses offizielle und ehrliche Angebot unserer Nation an Eure Führer überbringen wird. Euer Kampf gegen unsere Einheiten im System, das Ihr Arbedian nennt, ist uns wohl bekannt und damit auch Eure Tapferkeit, Euer Mut und die Bereitschaft, Euch für Euer Volk zu opfern. Dies alles sind Eigenschaften, die wir hoch anerkennen, die wir selbst in den Unseren zu fördern gedenken, und so möchte ich die Gelegenheit sogleich nutzen, Euch meinen persönlichen, tief empfundenen Respekt zu zollen.«
Was Haark in dieser Wolke von Worthülsen gehört hatte, war die Bestätigung seiner Frage. Er ignorierte die blumigen Lobesworte, er war kein Diplomat und würde nicht versuchen, in ihrem Revier zu wildern.
»Ein Angebot für Verhandlungen also«, wiederholte er. »Das würde aber sicher bedeuten, dass bis zum Abschluss dieser Verhandlungen zumindest ein Waffenstillstand zu vereinbaren wäre.«
Der schlanke Tentakel wackelte mit seinen Pseudopodien, dann neigte er seinen Oberkörper wie zu einem sehr menschlichen Nicken. Offenbar war dieser Alien auf seine Mission gut vorbereitet worden.
»Ja, so ist es, Capitaine. Eure Annahme ist korrekt, ja sie enthält in der Tat die notwendigen Vorbedingungen, um das Mindestmaß an Vertrauen zu erzeugen, welches für fruchtbringende und gütliche Verhandlungen notwendig ist. Ein Waffenstillstand, einseitig von unserer Seite ausgesprochen, sei hiermit in Kraft gesetzt auf allen von uns derzeit – und
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