Terminal 3 - Folge 2: Die Sensen des Himmels. Thriller (German Edition)
Nikotin inhaliert.
»Oh je«, mache ich.
»Richtig Boss: Oh je! ... Hast du die Luckies?«
»Besorge ich gleich. Versprochen. Was hast du für mich, Rachel?«
»Lady Hüftgold verließ Mary’s Café fünf Minuten nach Murphy. Anschließend konnte ich sie nicht mehr finden.«
Ich überlege, dass es möglich ist, sich den Aufnahmebereichen der Kameras zu entziehen. Wenn man genau darauf achtet, wo sie sich befinden. Man bewegt sich einfach im toten Winkel. Ich habe das schon mehrmals bei der Verwaltung angesprochen. Aber die bewilligen uns nicht die notwendigen Mittel, um das zu ändern.
»Ich bekam sie erst wieder zu sehen, kurz bevor sie unser Terminal verließ«, fährt Rachel fort.
»Um wie viel Uhr war das?«, hake ich nach.
»Kurz nach halb acht.«
»Also unmittelbar nachdem Murphy erschossen wurde«, stelle ich fest.
»Stimmt genau«, bestätigt Rachel. »Also ließ ich mir das Material von den Kollegen überspielen. Die Lady spazierte im Terminal eins auf die Toilette. Hatte einen kleinen Koffer dabei.«
Ich lausche, wie Rachel erneut an ihrer Zigarette saugt, kurz hustet und dann einen hochinteressanten Satz sagt: »Aber sie hat die Toilette nicht mehr verlassen.«
»Rachel«, sage ich. »Du musst unbedingt ...«
»Sofort kommen«, unterbricht sie mich, und mir fällt ein, dass sie noch kein Auge zugemacht hat.
»Bin schon längst unterwegs. Fahre gerade auf meinen Angestelltenparkplatz«, sagt sie dann und legt auf.
Was würde ich bloß ohne Rachel machen!
Es bleibt gerade noch Zeit, die Stange Luckies im Duty-free-Shop zu besorgen.
Hazel Oldham
Ich liege im Bett und schaue die Frühnachrichten.
Die Erschießung des Mannes im Flughafen wird noch nicht einmal erwähnt. Es geschehen in jeder Minute spektakulärere Dinge in den USA. Was ist da schon ein einziger Toter!
Da müssen die Umstände schon mehr hergeben. Wie etwa die Hinrichtung – der Nachrichtenmann benutzt tatsächlich dieses Wort – eines Geschäftsmannes hier in San Francisco.
Ein Nachbar wurde durch Rauch und einen bestialischen Gestank im Garten des Toten aufmerksam. Dort brannte eine Dogge. Die benachrichtigte Polizei fand den Besitzer des Hundes tot im Wohnzimmer. Erschossen aus nächster Nähe. Seine Frau lag im Ehebett. Mumifiziert. Keine Gewaltanwendung. Sie muss bereits vor geraumer Zeit verstorben sein.
Eine Nachbarin wird interviewt. Sie wirkt nicht sonderlich erschüttert, eher freudig erregt, im Fernsehen reden zu dürfen.
Ben wäre so ein angenehmer Mann gewesen, sagt sie. Von der Frau wisse man nur, dass sie bettlägerig gewesen war.
Hinter ihr winken zwei kichernde Teenies mit toupierten Haaren und zu viel Lippenstift in die Kamera.
Während ich verwundert den Kopf über dieses merkwürdige Geschehen schüttele, blenden sie ein Foto des Erschossenen ein.
Ein grauhaariger Mann, der fast schon milde wirkt. Solche wie ihn gibt es Hunderttausende.
Doch der hier ist mir schon begegnet.
Es ist Ben Paice. Sein Aussehen hat sich kaum verändert.
Und ich habe ihn in keiner guten Erinnerung.
1996 hielt ich mich zum ersten Mal im Kongo auf. Die Tage des damaligen Diktators Mobutu waren da schon gezählt.
Nicht, dass es danach besser werden sollte.
Im Auftrag einer medizinischen Hilfsorganisation unterstützte ich die einheimischen Ärzte in einem Krankenhaus in Bukavu, der Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu.
Schon damals waren die Verhältnisse verheerend.
Bukavu war 1967 bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Söldnern fast vollständig zerstört worden. Die Stadt hat sich davon nie wieder erholt.
Überall halbwüchsige Soldaten, die an ihren Maschinenpistolen herumfummelten und unter irgendwelchen Vorwänden Gebühren für alles Mögliche forderten.
Denn ich war eine mundele , eine Weiße. Und Weiße haben Geld.
Wie sollte Mobutus Armee einen Sieg erringen, wenn sie damit beschäftigt war, ihren ausgebliebenen Sold auf den Straßen einzutreiben?
Ben Paice hatte schon damals graue Haare, wirkte freundlich ... und milde.
Er tauchte ein paar Mal im Krankenhaus auf, stellte Fragen nach unserer Arbeit und gab sich als Mitarbeiter der Vereinten Nationen aus.
Er wirkte vertrauenswürdig und besorgte uns sogar ein paar dringend benötigte Medikamente.
Bis ich ihn in Bukavus Amüsierviertel traf. Er befand sich in Begleitung von Männern in teuren Anzügen, die auch am Abend niemals ihre dunklen Sonnenbrillen absetzten. Anhand des unterwürfigen oder ängstlichen Verhaltens der Menschen ihnen gegenüber,
Weitere Kostenlose Bücher