Terra Madre
wird.« [3]
Wir könnten viel tun, um weniger Müll zu erzeugen, und dies bereits am Beginn des Produktionsprozesses: durch eine Rückkehr zur guten alten Hauswirtschaft und durch die Zusammenarbeit zwischen Produzenten, Verteilern und Verbrauchern (nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge).
Der Wahnsinn von Leonia hat uns dazu getrieben, die Weisheit des Volkes zu vergessen, die uns lehrt, besser zu produzieren, weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre abzugeben, die Biodiversität zu achten und auch, nichts zu verschwenden. Wir müssen wieder lernen, bewusst einzukaufen – auch dadurch werden wir zu Koproduzenten – und nicht mehr zu kaufen als nötig. Wir dürfen uns nicht dem Diktat der großen Portionen und abgepackten Produkte unterwerfen.
Wie viel Papier und Plastik könnten wir ohne irgendeinen Nachteil für die erstandenen Produkte direkt im Supermarkt lassen, nachdem wir die Kasse passiert haben. Styropor und Klarsichtfolie umhüllen zu viele Äpfel für einen Single-Haushalt und zu wenige für eine Familie. Man denke auch an den ganzen Karton und die Plastikbecher für Joghurt. Im Ausland verkaufen viele Supermarktketten ihre Produkte offen, ohne Verpackung. Die Kunden bringen die Behälter von zu Hause mit. Das sind vorbildliche Verhaltensweisen, die auch die Produzenten dazu anregen können, über die ökologische Verträglichkeit ihrer Verpackungswut nachzudenken. Die Gemeinschaft könnte viel Geld sparen und gleichzeitig würde weniger Abfall produziert.
Die italienischen Köchinnen, allesamt Hauswirtschaftsexpertinnen, die einst ihre Familien mit bescheidenen Mitteln ernähren mussten, erfanden viele unserer traditionellen gastronomischen Kostbarkeiten aus den Resten, die in ihren Küchen übrig blieben. Es wurde nichts weggeworfen. Die Wiederverwertung der Reste war Bestandteil einer Lebensweise, in der alte Menschen als Weise galten, denen man zuhörte, und nicht als Problem, das man im Altenheim versteckt. Die abgenutzten Dinge trugen die Erinnerung an ihren Gebrauch in der Familie in sich, und man trennte sich nur schwer und so spät wie möglich von ihnen. Verschwendung war ein Verbrechen. Heute werden keine Reste mehr von Expertenhänden in gekochte Delikatessen verwandelt. Sie werden weggeworfen und wie in der Stadt Leonia jeden Tag versteckt.
Weil Lebensmittel im Überfluss vorhanden sind und uns unter Müllbergen begraben, werden diese verschwendeten Lebensmittel uns am Ende alle verschlingen.
Schenken als Vorbeugung gegen Verschwendung
Im Jahr 2003 hatte ich die Ehre und das Glück, von den Trappistenmönchen der Abtei Notre-Dame de Saint-Remy in Rochefort in Belgien empfangen zu werden. In dieser Abtei wird eines der besten Biere der Welt gebraut, das Rochefort. Es war ein großes Privileg für mich, die Abtei zu betreten, die Produktionsanlagen zu besichtigen und die Verantwortlichen zu interviewen. An einem bestimmten Punkt des Rundgangs – wir standen gerade vor zwei großen Kupferkesseln –, wurde mir erklärt: »In dem einen produzieren wir, während der andere ruht. Wir brauchen den zweiten nur, wenn der erste kaputtgeht. Es ist unser Reservekessel.« Ich fragte spontan: »Warum benutzt ihr nicht alle beide? Ihr stellt eines der wohlschmeckendsten Biere der Welt her, das euch buchstäblich aus den Händen gerissen wird. Ihr könntet Flaschenzahl und Gewinn verdoppeln.«
Daraufhin erklärte mir der Mönch in aller Ruhe die Produktionsphilosophie des Ordens: »Wir müssen unsere Produktionsmenge nicht verdoppeln. Schauen Sie, wir versammeln uns jedes Jahr und legen fest, wie viel Bier wir brauen müssen, um die Bedürfnisse unserer Gemeinschaft zu befriedigen. Wir kalkulieren – und zwar ziemlich exakt – die Kosten der Ausrüstung und der Produktion, die Kosten unserer Arbeit und der uns helfenden Laien sowie den Betrag, den wir brauchen, um die Abtei und ihre Einrichtungen zu unterhalten. So können wir präzise die Menge Bier berechnen, die wir in einem Jahr brauen müssen, um unser Auskommen zu sichern. Dazu kommt nur noch eine bestimmte Menge für das Geld, das wir für wohltätige Zwecke spenden. Die Gesamtmenge an Bier steht also von vorneherein fest, bedingt durch den Bedarf an Lebensnotwendigem und den zusätzlichen Betrag für die Schenkungen. Mehr brauchen wir nicht.«
Ich war wie vom Donner gerührt. Diese Mönche kannten ihre Grenzen, sie produzierten nur für ihre wirklichen Bedürfnisse und nicht darüber hinaus. Sie ließen sich nicht in Versuchung
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