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Terror: Thriller (German Edition)

Terror: Thriller (German Edition)

Titel: Terror: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Maurer
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Hauses herrschte. Mitten im Raum, drei Schritte von ihr entfernt, stand Anna. Sie hatte ihr den Rücken zugewandt. Ihre Schultern zuckten, ihr ganzer Körper schien zu vibrieren. Sie wollte Anna ansprechen, aber es gelang ihr nicht, sie brachte kein Wort über die Lippen. Sie ging auf sie zu. Erst jetzt sah sie die Matratze in der Ecke des Raumes. Auf der Matratze lag ein Mann. Er lag auf dem Bauch, sein Gesicht war zur Wand gedreht. Er hatte eine Glatze und auffallend abstehende Ohren. Der rechte Arm war leicht angewinkelt, die Hand berührte das Mauerwerk. Den linken Arm hatte er an den Körper gepresst. Jetzt sah Carla, dass seine linke Hand fehlte. Der Mann trug eine graue Flanellhose. Aus dem rechten Hosenbein ragte ein blutiger Stumpf. Die ganze Matratze war blutgetränkt. Carla wurde übel. Ruckartig wandte sie sich ab. Jetzt erst bemerkte sie die Holzkreaturen auf dem Mauerwerk. Die Tiere, von denen Anna gesprochen hatte. Um die hundert Stück. Sie kauerten auf den Vorsprüngen der Feldsteine und schienen über den Mann auf der Matratze zu wachen. Die Kreaturen hielten Totenwache.
    Hier war etwas Furchtbares geschehen.
    Du musst dafür sorgen, dass Anna und dir so etwas nicht passiert.
    »Anna«, presste sie hervor und legte ihr den Arm um die Schulter. Aber Anna reagierte nicht. Carla sah sie an. Annas Blick war erloschen. Sie war wieder in dem Zustand, in dem Carla sie vor ein paar Stunden im Krankenhaus vorgefunden hatte.
    Dann war es sowieso egal, dann musste sie keine Rücksicht nehmen. Schlimmer konnte es nicht werden.
    Sie packte Anna an den Schultern und zog sie zur Seite, wobei sie versuchte, das Mädchen so zu positionieren, dass es den Mann auf der Matratze nicht mehr sehen konnte. Sie versuchte ihre Stimme ruhig und souverän klingen zu lassen:
    »Kennst du den Mann, Anna?«
    Keine Reaktion.
    »Anna, es ist wichtig! Ich muss verstehen, was hier läuft. Sag mir bitte, wer der Mann ist.«
    Keine Reaktion.
    »Ist das Enzo?«
    Annas Lippen bewegten sich leicht, aus ihrem Mund kam ein Wort, das sich anhörte wie »Nosferatu«.
    Hm. So kam sie nicht weiter.
    »Ich muss wissen, was in Lenzari passiert ist, Anna.«
    Keine Reaktion.
    »Wenn wir beide, du und ich, eine Chance haben wollen, muss ich das wissen, verstehst du?«
    Keine Reaktion. Carla sah dem Kind in die Augen. Wenn man durch die Augen in die Seele eines Menschen sehen kann, dachte Carla, dann hat da drin jemand das Licht ausgeknipst.
    »Du hast von Männern erzählt, von Männern ohne Gesichter. Was waren das für Männer?« Sie versuchte ihre Stimme leicht klingen zu lassen, unbeschwert.
    »Diese Männer hatten doch nicht wirklich keine Gesichter, oder?« Ihr gelang sogar so etwas wie ein amüsiertes Lachen.
    »Das gibt’s doch nicht. Jeder hat ein Gesicht.«
    Ihr kam eine Idee.
    »Hatten die vielleicht etwas über ihre Gesichter gezogen? Hatten die Männer Masken auf, Anna?«
    Annas Blick blieb ausdruckslos, aber Carla schien es, als habe sie genickt. Sie wiederholte ihre Frage.
    »Haben die Männer Masken getragen, Anna?«
    Da hörte sie ein Geräusch. Das Knacken eines Zweiges. Carla fuhr herum. Wieder ein Knacken, das Rascheln von Laub. Jemand war im Wald. Ganz in ihrer Nähe. Er bewegte sich auf das Haus zu. Sie packte Anna und zog sie zur Mauerwand neben dem Eingang.
    »Pscht!«, zischte sie Anna zu und presste sich mit dem Rücken gegen das Mauerwerk. Links neben ihr, auf Augenhöhe, stand ein dreibeiniges Wesen mit verkrümmtem Rücken und einem riesigen Kopf. Jetzt hörte sie Schritte. Sie kamen näher. An der Mauer neben dem Eingang, keine fünfzig Zentimeter von ihr entfernt, lehnte ein Stock. Den hatte sie beim Eintreten nicht bemerkt. Es war ein Wanderstock mit einer Spitze aus Metall am unteren Ende. Carla packte den Stock und umklammerte ihn mit beiden Händen. Er fühlte sich massiv an. Der Unbekannte war jetzt vor dem Eingang angekommen. Sie konnte seinen Atem hören. Als er einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, holte Carla aus und stieß ihm den Stock mit aller Kraft in den Magen. Es gab ein schmatzendes Geräusch. Der Unbekannte brüllte auf vor Schmerz und kippte wie ein nasser Sack in den Raum. Er presste sich die Hände auf den blutenden Bauch und wand sich brüllend auf dem Boden.
    Sei still!
    Carla holte aus und begann auf den Mann einzuschlagen. Er heulte auf, schrie um Hilfe.
    Du sollst still sein!
    Sie sah nicht, wo sie hinschlug. Manchmal traf der Stock auf etwas Weiches. Manchmal auf etwas Hartes.

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