Terror: Thriller (German Edition)
die Treppe hinunter. Dann über den Innenhof. Seine Schritte knirschten im Kies, als er die Auffahrt zur Straße entlangging. Er war wie betäubt. Konnte es stimmen, was der Mann ihnen erzählt hatte? Oder steckte eine ganz andere Absicht dahinter? Noch hatten sie nicht über den Schnauzbart gesprochen – wollte der Mann sie mit seinen ungeheuerlichen Geschichten von ihm ablenken? War es überhaupt möglich, dass ein hoher Geheimdienstmann – denn das musste er sein, wenn er über solches Wissen verfügte – mit Journalisten plauderte und ihnen auch gleich noch Beweismaterial in die Hand drückte? Weil er es Deutschland gegenüber für seine Pflicht hielt? Das war doch völlig absurd.
Das Schlimme war, dass er mittlerweile einfach nicht mehr wusste, was er glauben sollte. Das Kreischen der Alarmanlage zerrte an seinen Nerven. Eine ältere Dame war aus dem Haus gegenüber getreten und sah sich verwirrt um. Marc gab ihr ein Zeichen, dass es sein Wagen war, der den Krawall veranstaltete. Sie nickte ihm zu und verschwand wieder im Haus. Marc stellte die Alarmanlage aus. Wohltuende Ruhe legte sich über die Straße. Es war immer noch hell, aber im Westen sorgten die untergehende Sonne und hoch aufgetürmte Wolkenberge für einen dramatischen Abendhimmel. Es war kühl. Viel zu kühl für Anfang Juni. Marc wandte sich um und ging wieder hinüber auf die andere Straßenseite. Er war sehr gespannt darauf, was der Mann ihnen gleich über den Schnauzbart erzählen würde. Das war es überhaupt! Anhand dessen, was der Mann über Ranieri und den Schnauzbart zu sagen hatte, würden sie sehr schnell feststellen können, ob er glaubwürdig war oder schlicht Unsinn erzählte.
Marc ging über den Innenhof und die Treppe nach oben. Er schob die angelehnte Haustür auf.
Als Marc ins Wohnzimmer kam, waren Kersting und der Mann verschwunden. Marc sah sich irritiert um: Der Stuhl, auf dem der Mann gesessen hatte, war zurückgeschoben worden. Er stand jetzt vor dem Kamin. Zwei Erdnussflips und ein paar Krümel lagen auf dem Tisch. Die Gläser, die Schale mit Knabberzeug, alles wie eben. Waren sie in einen anderen Raum gegangen?
»Hallo?«, rief Marc.
Nichts. Jetzt fiel ihm auf, dass die Papiere verschwunden waren, und die Aktenmappe des Mannes ebenfalls. Die Papiere hatten zuletzt an Kerstings Platz gelegen. Kersting hatte mit dem Rücken zum Bücherregal gesessen. Auch sein Stuhl war zurückgeschoben.
Marc machte zwei Schritte um den Tisch herum – und jetzt sah er Kersting. Er lag auf dem Boden vor dem Bücherregal. Er hatte eine klaffende Wunde in der Brust. Der Boden war voller Blut. Er war erstochen worden.
Oh Gott!
Marcs Beine waren plötzlich wie aus Gummi. Er hatte das Bedürfnis, sich zu setzen.
Und wenn der Mörder noch hier ist? Hier im Haus?
Er lauschte. Kein Geräusch. Nur das heftige Pochen seines Herzens.
Du musst raus hier, schnell!
Er wandte sich um und wollte schon losstürmen, als ihm das Handy einfiel. Er hastete zum Regal und achtete darauf, nicht in die Blutlache zu treten. Das Handy war noch da. Er schnappte es sich und riss dabei die Kopffüßler vom Regal. Sie fielen in die Blutlache auf dem Boden.
Marc rannte los.
Aus dem Haus.
Die Treppe hinunter.
Über den Innenhof.
Die Auffahrt entlang.
Zum Auto. Es war unverschlossen. Er war sicher, das Auto abgeschlossen zu haben, aber er hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern. Er riss die Tür auf – und erstarrte. Auf dem Fahrersitz lag ein Jagdmesser. Seine Klinge war voller Blut. Vom Mexikoplatz her näherten sich Martinshörner.
Du musst hier weg!
Er warf die Tür des Wagens zu und rannte los.
Lenzari, Freitag, 4. Juni 2010, 21:15 Uhr
»Eins«, zählte Cesare. Er hatte die Waffe noch immer auf den jungen Mann gerichtet.
»Ce, bist du wahnsinnig? Hör auf damit!«
»Du sollst den Jungen retten! Drück endlich ab!«
»Nimm die Waffe runter!«
»Zwei.«
Der Junge wimmerte, seine Hände befanden sich auf Schulterhöhe, er schien nicht mehr die Kraft zu haben, sie über den Kopf zu halten.
»Ce«, Fabrizio versuchte seine Stimme ruhig klingen zu lassen, »wir legen jetzt beide die Waffen aus der Hand, ganz langsam …«
»Schieß endlich!«, brüllte Cesare.
»Ich weiß, dass du das nicht …«
»Drei!«
Der Schuss knallte, und der Junge brach zusammen.
Fabrizio hielt die Waffe noch immer auf Cesare gerichtet. Aber seine Hände zitterten. Das Zittern war unkontrollierbar. Wie Schüttelfrost.
Cesare wandte sich zu ihm um. Die
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