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Tessa

Tessa

Titel: Tessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Karlsson
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bevor sie sie einfach fallen lässt. Beim krachenden Aufprall zuckt sie zusammen. Sie steigt hinein. Nimmt ihre Tasche. Strumpfhose und Unterhose liegen noch auf dem Boden, aber sie hat keine Kraft, sie auf­zu­heben. Langsam geht sie zur Tür, die Whis­key­flasche greift sie beim Vorbeigehen vom Tisch. Sie bleibt kurz stehen, trinkt, der Whiskey brennt in der Kehle. Die Augen tränen. Im Bauch breitet sich sofort Wärme aus. Sie nimmt noch einen kräftigen Schluck. Sammelt Kraft. Wenige Schritte bis zur Tür, sie öffnet sie, lugt durch den Spalt. Ein unbeleuchteter Flur. Sie nimmt noch einen Schluck aus der Flasche und schleicht hinaus. Mit einer Hand streicht sie an der Wand lang. Das gibt ihr Halt. Es ist dunkel.
    Mit einem Schlag öffnet sich eine weitere Tür, helles Licht erleuchtet den Gang. Erschrocken bleibt sie stehen. Eine weiße Schürze schiebt einen großen Müll­beutel vor sich her. Tessa quetscht sich an die Wand. Die Gestalt kommt auf sie zu, bleibt vor ihr stehen. Und scheint genauso erschro­cken wie sie. Sie starren sich in die Augen.
    »Alles in Ordnung?«, fragt der Mann. Seine Haut ist so dunkel, dass sie nur das Weiß in seinen großen Augen erken­nen kann.
    »Wie komme ich hier raus?«
    Der Mann dreht sich, zeigt mit dem Finger in die entgegengesetzte Richtung. »Das Gang runter, Treppe hoch, und du bist wieder in der Restaurant.«
    »Nein, ich will gleich raus. Nicht durch das Restaurant.«
    »Über den Hof kannst du gehen.«
    »Wo ist der Hof?«, fragt sie angespannt.
    »Komm.« Er hebt den Müllbeutel wieder an. »Ich muss da raus, du kannst mitkommen.«
    Tessa folgt ihm. Er öffnet eine Tür, und kalte, feuchte Luft schlägt ihr entgegen. Eine flackernde Lampe erleuchtet schwach den Hof. Aus der Ferne hört man den Verkehr. Tessa hebt den Kopf, versucht auszumachen, von wo die Motorengeräusche kommen. Der Mann geht zu den Tonnen. Elegant landet der blaue Sack im Müll. Tessa sieht sich in dem Hof um. Mehrere Türen stehen zur Auswahl. »Wo komm ich hier raus?« Panik in ihrer Stimme.
    Der Schwarze dreht sich um. Seine Augen weiten sich. »Oh, shit. Wie siehst du aus? Wer hat das getan?«
    Sie dreht sich weg, geht zu einer Tür. Der Mann rennt ihr hinterher, er packt sie beim Arm. Sie schubst ihn grob weg.
    »Fass mich nicht an!«, kreischt sie.
    Er sieht sie an. »Madchen, was ist passiert?« Ent­setzen in seinen Augen.
    Tessa versucht sich wegzuwinden. »Lass mich.«
    Er hält sie weiter fest. »Ich kann dich zum Krankenhaus fahren.«
    »Ich brauche keine verdammte Hilfe. Ich suche den scheiß Ausgang.«
    Traurig sieht er sie an. Warum ist er traurig, fragt sie sich verstört. Er deutet auf eine Tür in der entgegengesetzten Richtung. Sie reißt sich von ihm los und hastet zur Tür.
    Vorsichtig geht sie durch den dunklen Hausflur. Rot, wie bedrohliche Augen, leuchtet der Lichtschalter, sie wagt es nicht, das Licht anzumachen. Vor der Eingangstür bleibt sie stehen. Sie kann die Autos hören, die auf der anderen Seite vorbeirauschen. Sie legt ihren schmerzenden, pochenden Kopf an die schwere Tür. Leise fängt sie an zu schluchzen. Alle Kraft verlässt sie. Ihre Tasche rutscht ihr von der Schulter und bleibt am Handgelenk hängen, ehe sie kraftlos die Hand einknicken lässt. Die Tasche fällt. Sie hört den dumpfen Aufprall. Sie bückt sich, ein ungeheuerlicher Schmerz im Anus durchzuckt sie, japsend holt sie Luft. Lautes Rauschen in den Ohren, sie bückt sich nach vorne. Ihre Hände stützen sich auf dem Boden ab. Übelkeit steigt in ihr auf, und sie kotzt auf den Boden. Sie spürt die Spritzer an den Armen. Sie knickt um. Verdrehter Knöchel. Alles schmerzt. Sie spürt, wie ihr das Blut die Beine hinabläuft. In den Schuh. Sie schlüpft hinaus. Ihr Herz schlägt rasend. Sie kriegt kaum Luft, atmet gierig tiefer und schneller. Sie muss hier raus. Weg aus dem stickigen Hausflur. Mit der Hand tastet sie nach ihrer Tasche. Der kratzende Sisal unter den Händen und unter den nackten Füßen erinnert sie an aufgeschabte Knie in Kindertagen. Der Boden ist feucht. Sie ekelt sich. Endlich spürt sie das glatte Leder ihrer Tasche. Sie tastet nach der Flasche. Ihre Fingernägel klopfen dumpf an das Glas. Sie schraubt die Flasche auf. Versucht, Kraft zu sammeln. Der Whiskey läuft warm ihre Kehle hinab. Der Schmerz tritt in den Hintergrund. Messerscharfe Gedanken. Sie muss auch ihre Schuhe mitnehmen. Sie tastet nach ihnen. Es ist zu dunkel. Ihr Magen krampft sich zusammen. Ihr ist zu kalt,

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