Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars
Auskunft. Und übrigens: Das Essen war lecker.“
„Freut mich.“
Sie spendierte ihm ein ordentliches Trinkgeld, machte sich einige Notizen und brach dann auf. Das Handy klingelte, als sie gerade wieder im Sattel saß. Sie zog es hervor. Kerstin.
„Mein Gott, warum meldest du dich denn nicht?“
„Weil ich noch keine Gelegenheit dazu hatte.“
„Ach, und wo bist du jetzt?“
„Auf dem Heimweg.“
„Na, dann erzähl doch erst mal schnell, was du in Erfahrung bringen konntest.“
Tessy fuhr rechts ran und stieg ab. „Ich kann dir noch nicht viel berichten“, sagte sie nach kurzem Überlegen. „Ich brauche zunächst mal eine kleine Auszeit und muss dann alles in Ruhe sortieren.“
„Das ist mir klar, aber du wirst doch wohl wenigstens mal eine Andeutung machen können“, drängte Kerstin.
Tessy atmete tief durch. „Na schön. Also, bislang stellt sich alles genauso dar wie gehabt.“
„Tatsächlich?“
„Ja. Mit der Wildorn ist sicherlich nicht gut Kirschen essen, aber sie hat sich Zeit für ein Gespräch genommen, war sehr auskunftsfreudig und hat sich um eine sachliche Einschätzung bemüht. Da gibt es nichts zu meckern.“
„Wow. Dann hab ich sie wohl ganz falsch eingeschätzt – sie ist wohl doch eher der Mutter-Theresa-Typ, oder wie?“
Tessy hatte nicht erwartet, dass Kerstin gelassen bleiben würde. Wahrscheinlich wusste sie gar nicht, was das war – schon gar nicht in dieser Situation.
„Ich werde an verschiedenen Stellen nachhaken“, überging sie Kerstins Zynismus. „Zum Beispiel, was Moritz Sigfeld angeht, und vielleicht gelingt es mir auch noch, Kontakt zu anderen Leuten in der Firma aufzunehmen.“
„Das klingt schon besser.“ Kerstin seufzte. „Ich dachte schon, du wolltest einen Maren-Wildorn-Stiftungsfond gründen.“
„Sag mal, hattest du in letzter Zeit mal einen Lover?“
Die Stille am anderen Ende hatte was. Tessy griente. „Hallo, bist du noch da?“
„Wie kommst du denn da drauf?“, fragte Kerstin, und ihre Verblüffung war unüberhörbar.
„Ja oder nein?“
„Erzähl mir nicht, dass die Wildorn so was angedeutet hat!“
Tessy schwieg.
Kerstin sagte: „Heh, was ist los? Hörst du mich noch?“
„Na klar, aber du hast doch gesagt, dass ich dir nicht erzählen soll …“
„Sehr witzig!“, unterbrach Kerstin. „Hat die Wildorn das wirklich angedeutet?“
„Hat sie. Also, stimmt das? Ich will es nur wissen und nicht etwa bewerten oder gar tadeln. Du kennst ja meine Meinung zu Treue und diesem ganzen Kram.“
„Kenne ich, ja. Und um deine Frage zu beantworten: Während der Trennung gab es in der Tat mal einen Kollegen von Patrick, der … nun ja, Interesse hatte“, gab Kerstin zu. „Da ist aber nichts gelaufen, ich fand ihn lediglich sehr sympathisch, und wir haben einige Male telefoniert und gemailt, doch Patrick hat das mitbekommen. Ich bin allerdings ziemlich perplex, dass sich das in der Firma herumgesprochen hat. Wahrscheinlich lässt die Wildorn ihre Leute bespitzeln …“
„Vielleicht hat Patrick jemandem sein Herz ausgeschüttet.“
„Aber doch nicht der Wildorn!“, entrüstete Kerstin sich.
„Warum weiß ich von deiner ... Sympathie für diesen unbekannten Verehrer eigentlich nichts? Ich meine – so eine Geschichte gehört doch der Freundin erzählt?“ Tessy hörte selbst, dass ihre Stimme ein wenig verschnupft klang.
„Ja, ich wollte ja immer, aber …“
„Aber was?“
„Ach, meine Güte – weil nichts weiter passiert ist! Ich hätte nicht mal von einer heißen Liebesnacht berichten können, und als Patrick und ich uns wieder näher kamen, habe ich das Ganze schlicht ad acta gelegt.“
„Hm.“
„Lass uns das Thema abschließen – ich erzähle dir bei Gelegenheit mehr davon. Meldest du dich heute noch mal?“, fragte Kerstin.
„Kann sein.“
„Gut, bis dann erst mal. Ich muss mich beeilen – die Kinder kommen gleich.“
„Ja, ciao.“
Zuhause fütterte sie als erstes die Katzen. Pepper schien etwas irritiert, dass sie so lange unterwegs gewesen war, und Chili hatte – wie immer – offensichtlich Magenkrämpfe vor Hunger. Nach einer ausgiebigen Dusche versuchte Tessy, Kerstin zu erreichen, um nach einer Berliner Anschrift oder Telefonnummer von Moritz Sigfeld sowie einige grundlegende Informationen zu seiner Familie abzufragen. Doch die Freundin ging weder ans Festnetztelefon noch an ihr Handy. Glücklicherweise war Sigfeld kein Allerweltsname, und so wurde sie online schnell fündig. Nach
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