Teufel - Thriller
nicht.«
Die Bänke leerten sich langsam, ein Reisebus von Gläubigen zog weiter, und Cavoretto ließ sich auf eine der harten hölzernen Sitzflächen in einer Nebenkapelle fallen. Dann lud er Paul mit einer Handbewegung ein, sich neben ihn zu setzen. »Wenn jedoch Satan der Herr der Welt ist, wie Sie selbst sagen, und ihm die Güter dieser Erde gehören, dann sollten wir wohl eher ihn darum bitten, meinen Sie nicht? Wenn er der Herrscher des sogenannten Bösen ist, warum beten wir nicht gerade darum zu ihm, damit er uns verschont? Das ist doch viel schlüssiger, als einen gekreuzigten, toten Zimmermann anzujammern…«
Paul blickte sich um, während der Maler weitersprach. Mit einem Mal fiel ihm eine vertraute Silhouette auf. »Schwester Barbara!«, rief er aus und eilte auf die kniende Schwester zu.
Barbara hob den Kopf und blickte Wagner überrascht an.
»Schauen Sie nicht so entgeistert«, lächelte Paul. »Georg und ich haben Sie überall in der Stadt gesucht.«
»Ich habe Professor Sina doch eine SMS geschrieben…«, stammelte die Schwester und stand auf. »Dass ich in den Dom gehe, um vor dem Grabtuch zu beten.«
Cavoretto ließ ein heiseres Lachen hören und wandte sich dann angewidert ab.
»Aber leider bin ich zu spät gekommen. Das Santa Sindone war nur bis zum 23. Mai ausgestellt. Sogar der Heilige Vater war am 2. Mai hier, um es zu verehren…«
»Das wäre sicher großartig für Sie gewesen, das Grabtuch oder den Papst zu sehen, nicht wahr…«, nickte Wagner. Er sah die rot geweinten Augen der Nonne, hakte sich behutsam bei ihr unter und führte sie zum Ausgang. »Georg wartet draußen in einem Café auf uns. Er wird sich auch freuen, Sie zu sehen. Ich weiß ja nicht, was er immer mit seinem Telefon anstellt, aber die SMS ist im Äther verschwunden. Wir haben uns große Sorgen um Sie gemacht…« Er hielt Barbara die Türe auf und schubste sie ins Freie, dann schaute er sich nach Alessandro um.
Er stand direkt hinter ihm.
Nachdem Buchegger langsam die Stufen zum Platz hinunterschritt, wandte sich der Reporter um. »Ich denke, Signore Cavoretto, es ist an der Zeit, Ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen!«, sagte er entschieden. »Sie haben sehr viel geredet, aber gesagt haben Sie nichts. Und ich habe noch viel weniger gesehen, als ich gehört habe, wenn Sie mich verstehen…«
»Wenn es so ist und Sie das möchten, dann soll das kein Problem darstellen«, schmunzelte Cavoretto. »Aber sagen Sie Ihrem Freund, er soll seinen Hund lieber im Hotel lassen. Wo wir heute Abend zusammen hingehen werden, ist es besser, keine Tiere mitzunehmen, es sei denn als Geschenk für den Gastgeber…«
Unter dem Cortile della Pigna, Vatikanstadt, Rom/Italien
K ardinal Bertucci blieben die Worte seines Gebets im Hals stecken. War jetzt alles vorbei? War er bereits tot und hatte den Schuss nicht gehört? Wie fühlte es sich an, erschossen zu werden? Er riss die Augen auf, aber er sah überhaupt nichts. Endlose Schwärze umgab ihn, Stille und Kälte. Kälte? Spürte man als Sterbender noch den kalten Fußboden unter seinen Knien?
Plötzlich hörte Bertucci eine Bewegung hinter sich. Kleidung raschelte, jemand tuschelte aufgeregt.
Dann wurde es mit einem Schlag wieder hell. Der Gang vor ihm war noch immer leer, und der Kardinal spürte eine kalte Mündung an seinem Hinterkopf.
»Kurzer Stromausfall«, hörte er die zufriedene Stimme von Bertani. »Wir bedauern die Verzögerung. Übrigens, wenn Sie den Kopf nach rechts wenden, dann werden Sie sehen, dass Sie genau vor den Akten der Glaubenskongregation sterben. Die Inquisition lässt grüßen!«
»Sie ist bereits hier!«, donnerte eine Stimme aus dem Hintergrund. Der Mann in der roten Soutane schien aus dem Seitengang zu fliegen, niemand hätte ihm bei seiner Leibesfülle diese Schnelligkeit zugetraut. Mit wenigen Schritten stand er neben Bertani und Scaglietti. Der Colt 45 in seiner riesigen Hand sah aus wie ein gefährliches Spielzeug.
»Warum machen Sie nicht weiter, Bertani?« Damit richtete Kardinal Erzbischof John Frazer den Colt auf die Schläfe des Geheimdienstchefs. »Wie mal jemand in einem Film gesagt hat – make my day!«
Scaglietti stand wie vom Blitz getroffen, dann riss er verzweifelt seine Waffe hoch und zielte auf Frazer. »Dann sterben Sie auch!«, kreischte er.
»Hören Sie auf, Gott zu spielen«, ertönte eine weitere Stimme aus einem der Quergänge, »Sie widern mich an.«
Aus den Schatten der Regale trat eine Gestalt ganz in
Weitere Kostenlose Bücher