Teufelsflut
Gebot abgeben?«
»Nicht solange ich etwas mit der Sache zu tun habe. Weshalb sollten wir bei Goslars widerlichem Spiel mitmachen? Wie ich schon sagte: Wir müssen ihn finden und mitsamt seiner Erfindung zerstören. Das ist unsere Aufgabe.«
Als Tweed das Le Colibrì betrat, bemerkte er im linken Teil des Lokals einen sanft geschwungenen Tresen. An den runden Glastischen daneben saßen auf Korbstühlen mehrere Pärchen und nahmen ein spätes Frühstück mit Kaffee und Croissants zu sich. Nachdem er einen Blick auf seine Armbanduhr geworfen hatte, ging Tweed in den hinteren Teil der Brasserie, wo es noch viele leere Tische gab.
Tweed war ein paar Minuten zu früh dran. Bei einem Kellner, der eine lange Schürze trug, bestellte er einen Pernod. Kurz darauf sah er, wie Paula das Lokal betrat und sich an einen Tisch im vorderen Teil des Lokals setzte. Sie wählte einen Stuhl mit dem Rücken zur Wand. Tweed schürzte die Lippen. Wenigstens hatten sich die anderen irgendwo draußen verteilt.
Der Kellner brachte den Pernod, und Tweed nippte aus Gründen der Tarnung daran. Paula hatte die
Le Monde
aufgeschlagen und tat so, als würde sie darin lesen. Nicht ein einziges Mal blickte sie auch nur in Tweeds Richtung. Als der Kellner kam, gab sie eine Bestellung auf.
Vermutlich Kaffee, dachte Tweed. Er nahm seine Hornbrille ab und putzte sie mit einem frischen Taschentuch, bevor er sie sich wieder auf die Nase setzte.
Ein kleiner Mann mit exakt getrimmtem Schnurrbart betrat das Lokal.
Tweed brauchte ein Weile, bis er ihn als René Lasalle erkannte. Der Franzose sah in seinem schäbigen orangefarbenen Anorak, den er bis zum Hals geschlossen hatte, und den abgewetzten Jeans ganz anders aus als gewohnt. Auf dem Kopf trug er einen alten, fleckigen Hut mit herabgezogener Krempe und an den Füßen ausgelatschte alte Schuhe.
Auch sein Gang war anders. Lasalle, der sich normalerweise mit energischen Schritten fortbewegte, schlich gebeugt an den Tischen vorbei und wackelte dabei ständig mit dem Kopf. Tweed wusste, dass er sich alle Leute im Lokal genauestens ansah. Schließlich setzte er sich mit dem Rücken zur Wand auf einen Stuhl neben Tweed.
»Ich nehme auch so einen«, sagte er zu dem Kellner und deutete auf Tweeds Pernod.
»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Tweed mit ruhiger Stimme.
»Ich gehe damit ein großes Risiko ein, das ist Ihnen hoffentlich klar«, antwortete der Franzose auf Englisch. »Und warum sitzt Paula Grey da vorn?«
»Paula tut, was sie will. Ich habe ihr gesagt, dass sie nicht hierher kommen soll.«
»Sie will Sie beschützen. Das kann ich verstehen.« Der Kellner kam und brachte ihm den Pernod. »Vielen Dank. Ich zahle für beide.« Nachdem der Kellner gegangen war, wandte sich Lasalle wieder an Tweed.
»Schießen Sie los.«
»Ich wüsste gern, wo das Flugzeug, über das wir neulich am Telefon gesprochen haben, sich jetzt befindet.«
»Ich fand die Sache mit diesem Privatjet selber recht interessant und habe deshalb ein paar Erkundigungen darüber eingezogen«, sagte Lasalle. »Zuerst ist das Flugzeug wie gesagt von Exeter aus zum Charles de Gaulle geflogen, wo ein Krankenwagen einen Patienten auf einer Trage abgeholt hat. Aber das wissen Sie ja schon.«
»Der so genannte Patient war Paula. Sie wurde in Dartmoor gekidnappt, betäubt und hierher geflogen. Sie hat eine Menge durchgemacht. Goslars Gorillas haben ihr übel mitgespielt.«
»Glücklicherweise scheint sie es unbeschadet überstanden zu haben. Sie sieht so gut aus wie immer. Aber zurück zu unserem Flugzeug. Der Pilot gab vor dem Abflug vom Charles de Gaulle an, er wolle nach Genf, aber dann hat er sich in letzter Minute anders entschieden und ist zurück nach Heathrow geflogen.«
»Seltsam.«
»Das dachte ich auch. Vielleicht wollte er dort jemanden abholen – vielleicht hat er aber auch jemanden nach London gebracht. Wer weiß?« Lasalle trank in einem Zug den halben Pernod aus.
»Von Heathrow aus ist der Jet dann tatsächlich nach Genf geflogen, wie ich von Freunden in der Schweiz erfahren habe. Er steht jetzt auf einem Rollfeld für Privatflugzeuge auf dem Genfer Flughafen Cointrin.«
»Wissen Sie, wem das Flugzeug gehört?«
»Einer Firma namens Poulenc et Cie, die ihren Sitz in Vaduz hat. Mehr konnte ich nicht darüber herausfinden. Sie wissen ja selbst, wie schwierig es ist, in Liechtenstein Nachforschungen anzustellen.«
»Und der Jet steht immer noch in Genf?«
»Ja.« Lasalle nahm seinen Hut ab und legte ihn auf
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