Teufelsherz (German Edition)
Verkehrsverhältnissen anzupassen.
Diesmal gab es kein Zittern und kein fassungsloses Nach-Luft-Schnappen, als sie auf das Bild eines Unfallautos starrte, unter dem einige Hinweise zum richtigen Verhalten im Straßenverkehr standen. Die Klasse war begeistert, doch Emily war nur auf einzelne Worte des Zettels fixiert. » Vorsicht bei …, besondere Vorsicht gilt …, mehr Sicherheit im Straßenverkehr, …«
Hatte sie vorhin noch Zweifel an der Ursache all dieser Merkwürdigkeiten gehabt, waren diese jetzt endgültig verflogen. Sie fand das Ganze überhaupt nicht lustig.
»Wollen Sie nicht auch teilnehmen, Ms Norvell?«
Emily blickte auf und verkniff sich ein Seufzen. »Ich habe noch keinen Führerschein«, sagte sie mit zuckersüßer Stimme, denn schließlich konnte die arme Mrs Lennings nichts für die blöden Scherze eines Schutzengels. Ja, es war der Schutzengel, der sie verfolgte, und vielleicht hätte ihr das ein mulmiges Gefühl bescheren sollen, aber im Moment war sie bloß wütend auf ihn. Sie bildete sich das alles doch nicht nur ein. Mit Sicherheit nicht.
»Oh, der ist auch nicht nötig«, antwortete die Lehrerin mit nicht weniger Honig in der Stimme. »Es wird einen ganzen Tag unter dem Motto ›Sicherheit‹ geben. Wir werden Vertreter der Polizei einladen, und davon profitieren nicht nur Autofahrer. Ich würde es wirklich begrüßen, wenn Sie sich anmelden, Ms Norvell. Die Teilnehmer werden an diesem Tag natürlich vom Unterricht freigestellt.«
»Ich werde es mir überlegen.«
»Besonders nach den letzten Ereignissen, Ms Norvell, ist der Gedanke an Sicherheit nicht so verkehrt. Es ist nur vernünftig, sich um das eigene Wohl zu kümmern. Wieso melden Sie sich nicht einfach gleich an?«
Das bist du, du verfluchter Engel , dachte sie, du machst die arme Mrs Lennings zu deinem Spielzeug.
Und obwohl sie genau wusste, wer dahintersteckte, fand sie sich nur wenige Augenblicke später mit dem Stift in der Hand über der Anmeldeliste wieder und kritzelte ihren Namen darauf.
Zufrieden? Sie knallte den Stift auf den Tisch und lehnte sich zurück. Sie hatte einen Schutzengel. Das stand fest. Einen Schutzengel, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hatte, sie zu ärgern. Ein Zustand, den sie nicht länger dulden konnte. Auch das stand fest – spätestens, als sie in der Pause an den »Sicherheitsregeln« für das Schulschwimmbecken vorbeikam, die im Korridor nun wirklich nichts verloren hatten. Als sie dann auch noch die Schulschwester beim Pflasterverteilen beobachtete, änderte sie ihren Kurs und steuerte zielstrebig die Mädchentoiletten an. Das schrille Klingeln kündigte die nächste Stunde an, und so lag der quadratische Raum mit den Waschbecken und den von Neonröhren beleuchteten Spiegeln verlassen da.
»Also gut«, sagte sie, nachdem sie sichergestellt hatte, dass sich auch in den angrenzenden Kabinen niemand mehr aufhielt. »Du willst mich also auf die Palme bringen.« Sie sah sich um und wartete auf eine Antwort. Da jedoch außer dem leisen Knistern der Neonröhren nichts zu hören war, stützte sie sich auf den Rand eines Waschbeckens und blickte in den Spiegel – in der verrückten Erwartung, vielleicht dort ein Zeichen von ihm zu sehen. »Ich lasse mich nicht von dir herumschubsen«, sagte sie mit fester Stimme zu ihrem Spiegelbild. Natürlich wäre sie trotz Vorbereitung wie irre hochgesprungen, wäre tatsächlich sein Bild dort erschienen, aber es wäre immerhin eine Reaktion gewesen. »Hörst du mich? Du sollst mich in Ruhe lassen.«
Keine Regung, kein Zeichen, keine Stimme, noch nicht einmal ein vages Gefühl.
Emily richtete sich auf. »Ich freue mich, dass wir uns einig sind. Und noch was, mein Engel: Versuchst du noch einmal, die Leute in meiner Umgebung irgendwie zu manipulieren, werfe ich mich vor einen Zug. Hast du das verstanden? Ich mache keine Witze. Dann bist du deinen Job los.«
Auch jetzt ließ er sich zu keiner Antwort hinreißen.
Emily betrachtete sich noch einmal im Spiegel und kam sich plötzlich wahnsinnig dumm vor. Sie stand hier im Waschraum und redete mit sich selbst. Nein! Mit ihrem Schutzengel. Diesem Anfänger, der wohl nicht vorhatte, ihr zu antworten.
Sie schüttelte resigniert den Kopf und drehte den Wasserhahn auf. Ein Schwall kaltes Wasser würde sie wieder klarer denken lassen und die Wut vielleicht etwas abkühlen.
Vornübergebeugt öffnete sie ihre Handflächen, kreischte aber plötzlich erschrocken und fuhr entsetzt zurück. Prustend und schwer
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