Teufelsherz (German Edition)
mittags einfach etwas überreagiert.
Verwirrung war das Erste, das sie beim Aufwachen am nächsten Morgen empfand, auch wenn diese schnell in Schock umschlug. Sie brauchte einige Herzschläge, um zu begreifen, dass der schwere Arm auf ihr zu Will gehörte. Im nächsten Moment saß sie auch schon aufrecht auf dem Sofa und warf einen hektischen Blick zu der Wanduhr über dem Fernseher. Es war fast sechs Uhr morgens. Die Nacht war vorüber! Damian hatte sie nicht geholt!
»Oh verdammt!«, kam es nun auch von Will, der mit zusammengekniffenen Augen nach seiner Brille tastete. »Deine Mutter bringt mich um.«
»Da musst du dich hinten anstellen. Zuerst bin ich dran.« Sie sprangen beide auf, und während Will sich ins Bad aufmachte, versuchte Emily das Chaos aus Pizzaschachteln, Chipstüten und Gläsern zu beseitigen. Sie verzichtete darauf, ihre Mutter anzurufen, schließlich würde sie ohnehin gleich zu Hause sein. Ihre Gedanken kreisten einzig und allein um Damian. Wieso hatte er sie nicht geholt? Lag es an Will? Weil sie nicht alleine gewesen war? Er hatte doch Nachforschungen über Mandy anstellen wollen. Was war daraus geworden? Am Vortag hatte er ihr Zimmer noch mit Blumen geschmückt. Das hätte er doch nicht getan, hätte er nicht vorgehabt, sie wieder zu treffen. Das Rasierwasser! Nein! Das konnte nichts mit Damian zu tun haben. Wieso sollte er so etwas machen? Er war ihr Schutzengel, und auch wenn sie sich zu ihm hingezogen fühlte, war ihm schließlich egal, was sie trieb – solange sie nicht starb.
Emily packte ihre Sachen zusammen und machte sich abfahrbereit. Im ersten Stock hörte sie Will soeben aus dem Bad kommen, daher ging sie schon einmal zur Tür.
Ihre Hand wollte gerade die Türklinke fassen, da hörte sie von der anderen Seite einen Schlüssel, der ins Schloss gesteckt wurde. Ein kurzes Rütteln folgte, ehe die Tür langsam und vorsichtig geöffnet wurde.
»Emily!«
»Ähm … Guten Morgen, Mrs Starlington.«
Der Schreck hätte nicht größer sein können.
Die braunen Augen der Haushälterin musterten sie so durchdringend, als könnten sie allein mit ihrem Blick etwas Verwerfliches entdecken. Vermutlich war Emilys nervöses Zupfen an den Bändern ihres Schals auch nicht gerade förderlich zur Richtigstellung der wilden Fantasien, die sich in dem missbilligenden Ausdruck der Frau deutlich ablesen ließen.
»Was machst du denn schon so früh hier, Emily?«, fragte sie in einem Tonfall, der keinen Zweifel an ihrer Empörung ließ.
»Sie hat hier übernachtet.«
Emily fuhr mit vor Schreck aufgerissenen Augen herum und sah zu Will, der grinsend die Treppe herunterkam. »Hast du gut geschlafen, mein Schatz?« Er legte den Arm um ihre Taille und küsste sie auf den Scheitel, was Emily piepsend aufkeuchen und die Augenbrauen der armen Mrs Starlington in die Höhe schießen ließ.
»Guten Morgen, Liza«, sagte er dann an die Haushaltsfee gerichtet und schob die geschockte Frau ins Haus. »Ich muss Emily jetzt nach Hause bringen und fahr dann sofort zur Schule.«
»Aber William, Junge …« Die Frau sah den Jungen , der sie um mehrere Köpfe überragte, ungläubig an.
»Ich muss wirklich los.« Will packte Emilys Arm und zog sie hinaus.
»Mrs Starlington …«, versuchte Emily noch zu einer Erklärung anzusetzen, aber da wurde auch schon die Tür zugeschlagen. »Du bist so ein dummer Esel!«, regte sie sich auf und riss sich von Will los. »Wie kannst du sie nur in dem Glauben lassen …«
»Meine Güte, Emily. Lass mir doch ein bisschen Spaß.«
»Laut Mrs Starlington hattest du letzte Nacht genügend Spaß.«
Will kicherte und schloss das Auto auf. »Ich werde ihr nachher sagen, dass da nichts war. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Wie sie dich angesehen hat, als wärst du die Hure von Babylon.« Er brach in schallendes Gelächter aus, und auch Emily konnte nicht anders, sie musste mitlachen. Die Erleichterung darüber, dass zwischen ihnen alles wieder beim Alten war, überwog den flüchtigen Missmut über Wills blöden Kommentar. Und trotz des Unbehagens über die nahende Begegnung mit ihrer Mutter konnte sie ihrem einzigen Verbündeten nicht böse sein.
Diesmal ging Will mit ins Haus und wartete nicht wie üblich im Auto. Er hatte Mut, das musste sie ihm lassen.
Andererseits war es auch früher schon ein paarmal vorgekommen, dass sie bei Will eingeschlafen war, und ihre Mutter hatte ja gewusst, wo sie war. Dass bei solchen Übernachtungen immer auch Mandy dabei gewesen war,
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