Teufelsherz (German Edition)
spielte ja keine Rolle.
Mit schuldbewusster Miene betrat sie den Wohnraum. Sie versteckte sich nur ein ganz klein wenig hinter Will, der ohne jedes Zögern zur Küche hineinspazierte. Lag es vielleicht am Duft des frischen Brotes, das ihn in die Falle lockte?
»Ah.« Ihre Mutter stand hinter der frei stehenden Küchenzeile und sah von der Zeitung auf, die sie auf der Arbeitsplatte ausgebreitet hatte. »Wie schön, dass du mir meine Tochter persönlich zurückbringst.« In ihrem Gesicht lag ein gespielt strenger Blick, der durch das mühsam zurückgehaltene Schmunzeln jedoch nichts von seiner Intensität verlor, als sie ihre Tochter einer genauen Prüfung unterzog. Damit machte sie Mrs Starlington ordentlich Konkurrenz, und Emily spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.
Das war doch lächerlich! Sie hatte sich ja nichts zuschulden kommen lassen!
»’tschuldigung, Mary«, sagte Will nur, ging auf sie zu und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. »Wir sind irgendwann im dritten Teil eingeschlafen.«
»Und jetzt glaubst du, du bekommst ein Frühstück? Nach meiner qualvollen, von Sorge um mein Kind erfüllten Nacht?«
»Ich bin am Verhungern«, bettelte er. »Meine Frau macht mir nach meiner schlaflosen Nacht kein Frühstück.«
»Will!« Emily schnappte wie eine Ertrinkende nach Atem, beobachtete dann jedoch zufrieden den kleinen Klaps auf die Wange, den er sich von ihrer Mutter dafür einholte.
»Setz dich hin«, sagte diese. »Und rede in meiner Gegenwart besser nicht mehr von schlaflosen Nächten mit meiner Tochter, wenn du etwas zu essen haben willst, okay?«
»Ungern. Ich denke nur noch daran.«
»Oh mein Gott!« Emily presste sich die Hand an den Mund und hörte das Gelächter der beiden wie aus weiter Ferne. »Ich mache mich für die Schule fertig«, sagte sie keuchend und stürmte die Treppe hoch.
Der Anblick der Gänseblümchen in ihrem Zimmer traf sie völlig unvorbereitet. Sie hatte sie in dem Schreck völlig vergessen. Augenblicklich wurde sie dadurch schmerzlich an die traumlose Nacht erinnert. Sosehr sie sich auch anstrengte, sie fand einfach keine Erklärung für sein Fernbleiben. Oder wollte er sie nicht mit sich nehmen, wenn jemand anderes dabei war?
»Wo bist du nur?«, flüsterte sie und strich mit der Hand über den Blumenkranz, der an der Staffelei hing. Sie betrachtete das Bild der Schaukel und schluckte. Sie hatte einen Kloß im Hals, und ihr Magen schmerzte bei der Vorstellung, er könnte sie verlassen haben. Die Angst, er würde sie nie wieder zurückholen, war zu viel an diesem verrückten Morgen. Sie konnte nichts tun, um selbst Kontakt zu ihm aufzunehmen. Was war das nur für eine unfaire Welt?
Was, wenn ihm etwas passiert war? Wenn jemand hinter die heimlichen Treffen gekommen war? Sie würde es niemals erfahren.
»So, junge Dame … Oh mein Gott !«
Emily fuhr zu ihrer Mutter herum, die in diesem Moment aussah wie sie selbst, als sie am Vortag in ihr Zimmer gekommen war und die Veränderung entdeckt hatte. Mit weit aufgerissenen Augen drehte sie sich im Kreis. »Emily …«
»Es ist ein Projekt.« Schnell verdeckte sie mit ihrem Körper die Staffelei. »Zur Inspiration.«
»Wie … Woher?«
»Aus der Gärtnerei. Glashaus.« Kalter Schweiß brach ihr aus, und doch konnte dieser die Hitze von ihren Wangen nicht vertreiben. »Gänseblümchen gelten auch als Heilpflanzen, wusstest du das? Sie werden das ganze Jahr … also für Tees und solche Sachen.«
»Es ist … hübsch.« Sie ging an Emily vorbei und wollte sich offensichtlich auf das Bett setzen, blieb dann jedoch vor dem zwinkernden Gesicht stehen. »Muss ich das verstehen?«
»Ähm … nein. Es ist wie gesagt ein Projekt. Du wolltest mit mir sprechen?« Sie wollte das Gespräch auf einen zwar ebenfalls unangenehmen, aber doch weitaus harmloseren Bereich lenken. »Du weißt, dass Will nur Blödsinn redet.«
Ihre Mutter lachte auf und setzte sich – neben die Blumen – auf das Bett. »Natürlich weiß ich das.« Sie hielt einen Moment inne und blickte gedankenversunken ins Leere. Die tröstende Botschaft eines Engels schien sie zum Glück nicht mehr weiter zu beschäftigen. »Er ist so ein lieber Junge«, sagte sie schließlich und blickte mit einem etwas traurigen Lächeln hoch. »Er hat es nicht leicht.«
»Nein.« Das hatte der gestrige Abend sehr deutlich gezeigt. »Aber er kommt klar.«
»Und was war da jetzt wirklich letzte Nacht?« Sie klopfte neben sich auf das Bett, woraufhin sich Emily
Weitere Kostenlose Bücher