Teufelskreise (German Edition)
wenn wir aufhören zu wachsen und dazuzulernen, dann vergessen wir, wie es ist, mit Veränderungen zu leben.«
»Ich verstehe, was du damit sagen willst, Nana, aber Beverley hat ihre Mutter verloren. Es ist nicht so, als hätte sie einfach nur die Schule gewechselt oder als würde sich irgendein unwichtiger Umstand in ihrem Leben ändern. Für sie hat sich alles verändert.«
Nana hörte mit dem Tätscheln auf und zog langsam ihre Hand zurück. »Ich nehme an, du weißt, wie das ist.«
Ich sah sie mit festem Blick an. »Ja, das weiß ich.«
»Ich sehe in den Augen dieses jungen Mädchens sehr viel innere Stärke. Beverley wird klarkommen.«
»Das hoffe ich.«
»Es tut mir leid, dass ich die Stärke damals in deinen Augen nicht gesehen habe. Ich bin sicher, dass sie da war … Aber ich … ich habe nicht hingesehen.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Nana lächelte. »Ich fange jetzt wohl besser mit meinen eigenen Vorbereitungen an.«
Ich stellte mich an die rechte Bettseite, auf der ich auch während des Rituals stehen würde, und sah zu den Oberlichtern hinauf. Es war noch Zeit. Ich nahm Theos Hand. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht«, flüsterte ich.
Als Erik und Johnny zurück ins Zimmer kamen, fragte Erik: »Und du bist dir sicher, dass wir anderen uns nicht auch wandeln werden?«
»Ich bin mir sicher.« Meine Stimme klang müde.
»Ich frage nicht, weil ich dir nicht vertraue, Seph. Das tue ich. Wir alle, denn sonst würden wir längst nicht mehr hier sein. Wahrscheinlich frage ich nur, weil ich einfach nicht begreifen kann, wie das funktioniert, was ihr Hexen da immer anstellt.«
»Wenn ihr euch wandelt, dann ist das auch nichts anderes: Das Licht der Sonne bescheint die gesamte Oberfläche eines Himmelskörpers, der dieses Licht reflektiert und damit etwas in euch auslöst, sodass sich euer ganzer Körper ändert. Daran ist kein Jekyll-und-Hyde-Trank schuld und auch keine Technologie oder irgendein laut ausgesprochenes Machtwort. Es liegt einfach an der Stärke des Lichts, das vom Mond in die Dunkelheit reflektiert wird. Das ist die wirkliche Magie.«
»Das muss ich mir aufschreiben«, flüsterte Johnny. »Daraus könnte ich einen Songtext machen.«
»Aber warum löst der Mond bei uns dann keinen partiellen Wandel aus, wenn er scheint, aber nicht voll ist?«, fragte Erik.
»Weil die Sonne nicht seine gesamte Oberfläche bescheint – das wiederum ist keine Magie. Mondschein allein reicht nicht aus, um euch zu wandeln oder einen Wandel auch nur teilweise anzuregen. Es gibt nur eine einzige universelle, eine elementare und magische Reaktion, die aber nur dann in Kraft tritt, wenn die gesamte Oberfläche des Mondes angestrahlt wird. Der Mond wirkt wie eine hundertfache Verstärkung, weil sich in diesem Moment einfach alles am richtigen Platz befindet.«
»Wenn du es so ausdrückst, verstehe ich es auch«, sagte er.
»Persephone!«, rief Nana mich vom unteren Treppenabsatz.
»Ja?« Ich ging schnell in den Flur. Hoffentlich stieg sie mit ihren Knieproblemen nicht schon wieder die Treppe hinauf. Noch dazu so spät in der Nacht. Wir waren alle sehr müde.
»Wir haben ein Problem. Du solltest besser runterkommen.«
Ich war nicht überrascht, als Johnny mir folgte. Nana kehrte wieder zu der Essecke in der Küche zurück und ließ sich vor dem Codex nieder. Ihr Finger fuhr über einen Abschnitt, bevor sie sagte: »Ich wollte das Ritual noch mal durchgehen, um genau zu wissen, wer wo stehen muss. Die Positionen hängen davon ab, zu welchem Zweck der Wandel stattfinden soll – zur Verteidigung, einem Angriff oder zu etwas ganz anderem. Weil er in unserem Fall Theos Heilung dienen soll, dachte ich, dies hier«, sie folgte den Zeilen mit den Fingerspitzen, »würde heißen: ›Der, der mit der Situation vertraut ist, bittet darum, dass der Verletzung Gunst erwiesen wird.‹ Aber als ich vor mich hinmurmelte, kam euer Tierarzt herein und sagte, ich würde mich irren. Ich bat ihn, sich die Passage anzusehen, und er interpretiert sie folgendermaßen.« Sie bedeutete Dr. Lincoln, der neben ihr saß, weiterzumachen.
»Das Stammwort ist ›pecco‹, also heißt es hier ›einen Fehler machen‹. Das Wort ›venia‹ bedeutet ›Verzeihung‹ oder ›Vergebung‹ –«
»He, Doc, lassen Sie mal das Latein sein und versuchen Sie es lieber mit Umgangssprache«, sagte Johnny.
»Es bedeutet«, sagte der Arzt, »dass Goliath während des Rituals anwesend sein und Theo um Vergebung bitten
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