Teufelsstern
Dunkelheit. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer ein. Der Wagen holperte durch Spurrinnen.
»Sie werden uns verfolgen!«, rief Matt. Er stellte sich vor, wie Salamandas Männer in ihre Autos und Lastwagen sprangen.
»Das glaube ich kaum.« Der Mann versuchte, sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen, aber Matt konnte sehen, wie schwer er verletzt war. Das Blut hatte sich noch mehr ausgebreitet. Schon bald würde sein ganzes Hemd damit getränkt sein. Er murmelte etwas auf Spanisch. Pedro beugte sich nach vorn. Als er wieder hochkam, hatte er eine Hand voll Drähte und Sicherungen in der Hand. Matt lächelte. Irgendwie hatte der Mann die hacienda vor ihnen erreicht und alle Fahrzeuge unbrauchbar gemacht, die er finden konnte.
»Wer sind Sie?«, fragte Matt.
»Mein Name ist Micos.«
»Wie haben Sie uns gefunden? Wo ist Richard?« Es gab noch ein Dutzend Fragen, die Matt gern gestellt hätte.
»Nicht jetzt. Später.«
Matt verstummte. Ihm wurde klar, dass Micos nicht genug Kraft hatte, gleichzeitig zu reden und zu fahren.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich das Ende des Sandweges erreichten. Es war stockdunkel, und die Scheinwerfer leuchteten nur wenige Meter weit. Matt merkte erst am gleichmäßigeren Rollen der Räder, dass sie die asphaltierte Hauptstraße erreicht hatten. Wenige Augenblicke später fuhr Micos an den Straßenrand und hielt an.
»Hört mir zu«, sagte er, und Matt stellte erschrocken fest, dass der Mann viel schlimmer verletzt war, als er befürchtet hatte, und dass ihm nur noch wenige Minuten blieben. »Ihr müsst nach Cuzco gehen.« Micos hustete unter Schmerzen und schluckte verzweifelt. Blut benetzte seine Unterlippe. »Am Freitag… der Tempel von Coricancha. In Cuzco. Bei Sonnenuntergang.«
Er holte tief Luft – anscheinend wollte er noch etwas sagen. »Bitte richtet Atoc aus, dass – «, begann er. Doch dann verstummte Micos, und seine Augen waren auf etwas in weiter Ferne gerichtet. Matt begriff, dass der Mann soeben gestorben war.
Auf dem Rücksitz schluchzte Pedro auf.
»Wir können nicht hier bleiben«, sagte Matt. Es war ihm egal, ob Pedro ihn verstand oder nicht. »Diego Salamanda wird Verstärkung angefordert haben. Wir müssen weg.«
Die beiden stiegen aus. Das Auto parkte an einem Abhang, der mit Gestrüpp bewachsen war. Matt schaltete die Scheinwerfer aus und löste die Handbremse. Er gab Pedro ein Zeichen, und mit vereinten Kräften schoben sie das Auto von der Straße. Es rollte den Abhang hinunter und war nicht mehr zu sehen.
Die Leute von der hacienda würden denken, dass sie weiterhin mit dem Auto flohen. Sie konnten nicht ahnen, dass sie wieder zu Fuß unterwegs waren.
Der Mond war aufgegangen und spendete etwas Licht. Bis nach Ica konnte es nicht mehr weit sein.
»Bist du bereit?«, fragte Matt.
»Ja.« Pedro hatte ihn verstanden. Und er hatte auf Englisch geantwortet.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg.
DIE HEILIGE STADT
Wieder einmal standen sie auf dem Marktplatz von Ica, doch diesmal waren Matt und Pedro noch nervöser als beim ersten Mal. Es war kurz nach halb fünf am Morgen, dennoch waren schon viele Leute unterwegs. Offenbar begannen die Tage in Peru sehr früh. Trotzdem war es noch ziemlich ruhig. Die Touristen waren noch nicht wach, und auch die Geldwechsler waren noch nicht draußen. Wenn jemand nach Matt und Pedro suchte, würde es ihm leicht fallen, sie zu finden.
Matt war ziemlich sicher, dass Diego Salamanda nicht hier nach ihnen Ausschau hielt. Bestimmt nahm er an, dass sie schon ein paar hundert Kilometer auf der Panamericana zurückgelegt hatten – der Straße, die durch das ganze Land führte. Aber Matt wollte kein Risiko eingehen. Er hatte Pedro die Fahrkarten für den nächsten Teil ihrer Reise kaufen lassen und sich währenddessen unauffällig verhalten. Er hockte auf dem Bordstein, hatte die Arme um sich gelegt und tat so, als ob er schliefe. Das war nicht schwer, denn er war vollkommen erschöpft.
Pedro kam und setzte sich neben ihn.
»Cuzco«, sagte Matt.
»Cuzco«, bestätigte Pedro und zeigte ihm die beiden Papierstreifen.
Matt war nicht sicher gewesen, ob sein Freund sie tatsächlich kaufen würde. Er wusste, dass Pedro lieber weiter nach Süden gefahren wäre, nach Ayacucho, wo Sebastian und dessen Freunde auf ihn warteten. Als er seine Fahrkarte an sich nahm, warf Matt ihm einen Blick zu. Pedro schien nicht glücklich darüber zu sein, aber er hatte offensichtlich die Entscheidung getroffen, bei
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