Teufelstod: Band 2 (German Edition)
das sie eigentlich noch nicht bereit war. Er musste doch wiederkommen.
»Ist irgendetwas vorgefallen zwischen euch beiden? Hattet ihr Streit oder …?«
Emily setzte sich mit einem Ruck auf und blickte ihrer Mutter ins Gesicht. »Nein«, sagte sie ruhig und bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. Zumindest so lange, bis ihre Mutter wieder weg war. »Wir hatten keinen Streit, Damian trifft keine Schuld. Er musste zurück, er hatte keine Wahl. Er wollte nicht weg, aber da sind Dinge im Gange … Er hatte keine Wahl. Wenn er kann, wird er wiederkommen. Er wird wiederkommen. Sobald es geht, Mama. Er wird …«
»Wiederkommen.« Ihre Mutter nickte langsam und nicht sehr glücklich, dann ergriff sie Emilys eisige Hand. »Das alles gefällt mir nicht, Emily. Das mit euch beiden ging zu schnell und jetzt …«
»Es ist nicht seine Schuld«, beharrte Emily, denn sie hasste den Gedanken, dass ihre Eltern heimlich über Damian redeten, den bösen Jungen, der ihr das Herz gebrochen hatte, der sie erst benutzt und dann abserviert hatte. Sie wollte nicht hören, wie ihre Eltern davon redeten, um wie viel besser Will doch war. Sie verstanden es einfach nicht. Sie konnten es ja auch nicht verstehen.
»Ihr versteht das nicht«, sprach sie ihren Gedanken laut aus, obwohl sie das gar nicht vorgehabt hatte.
»Dann erklär es mir, Schatz. Hat Damian Probleme? Wenn er Probleme hat, können wir ihm vielleicht helfen. Rede mit uns, sag uns …«
»Nein.« Sie schüttelte langsam den Kopf und wünschte, Damian hätte Probleme, bei denen ihre Eltern ihm tatsächlich helfen konnten. Sie wünschte, sie könnte sich ihrer Mutter anvertrauen. Vielleicht würde sie ihr sogar glauben? Wenn Emily alles genau erklärte, würde sie ihr vielleicht glauben, aber das war nicht das Problem. Wie sollte Emily ihrer Mutter solch eine Bürde auferlegen? Dieses Wissen? Das wäre zu viel. So etwas würde sie ihr nicht antun. Niemals.
»Mama, er ist gut«, versuchte sie sie daher zu überzeugen. »Damian ist weg, weil er etwas Gutes macht und nichts Schlimmes.« Lieber Gott, bitte mach, dass ich meine Mutter nicht gerade anlüge. Mach etwas Gutes, Damian. Kämpfe dafür, gut zu sein! Komm zu mir zurück!
Sie schluckte, atmete tief ein und fuhr schließlich fort. »Das ist alles, was ich dir sagen kann. Er ist besser als die meisten.« Er hat sich geopfert, für mich. Erneut.
Ihre Mutter wirkte noch immer skeptisch, ließ sie dann aber endlich in Ruhe, und Emily sank erschöpft in die Kissen zurück, wo sie weiterweinte.
***
Die nächsten Tage zogen irgendwie an ihr vorüber. Abends wusste sie nie genau, was sie tagsüber überhaupt gemacht hatte. Will holte sie wie immer morgens ab, ergatterte sein Essenspaket und redete über Basketball. Dann kamen Schule, Mittagessen, belanglose Gespräche, Theaterproben, der Heimweg, Hausaufgaben, ein paar Zeichnungen und Ausflüchte bei ihrer Mutter. Es war fast, als hätten die letzten Monate nie stattgefunden.
Einen Nachmittag hatte sie in Wills neuer Wohnung auf der anderen Seite der Stadt verbracht. Lustlos hatten sie an ihrer Pizza gekaut und Horrorstreifen angeschaut, die sie schon hundert Mal zuvor gesehen hatten. Nach ihren Erlebnissen wirkten diese alten Schinken irgendwie lächerlich und konnten sie nicht mehr begeistern. Annie ging inzwischen wieder zur Schule, hatte sich aber wieder in das unsichtbare Mäuschen zurückverwandelt, das nur selten von ihren Büchern aufblickte und mit niemandem ein Wort redete. Emily hatte nicht versucht, sich ihr anzunähern. Sie wollte ja selbst keine Gespräche führen, und mit Will ließ es sich wunderbar schweigen. Nur Marita kapierte das nicht.
Es war Samstagabend, ein weiterer sonniger Tag ging zu Ende, und draußen vor ihrem Fenster wurde die Welt in rosa Licht getaucht. Emily war gerade dabei, ohne großen Enthusiasmus Farbkleckse mit einem Pinsel auf ein neues Blatt an ihrer Staffelei zu schleudern, da klingelte es an der Tür. Sie vernahm Stimmengemurmel, während sie die Schwarz-, Grau- und Blautöne auf ihrem Meisterwerk betrachtete, die genau ihre Stimmung widerspiegelten, und dann ertönten auch schon schnelle Schritte auf der Treppe. Im nächsten Moment flog die Tür zu ihrem Zimmer auf.
»Okay, Vampirella, raus aus deiner Gruft!« Marita riss Emily den Pinsel aus der Hand, bevor diese wusste, wie ihr geschah. »Dass ich mich hier bei dir blicken lasse, ist zwar kaum zu fassen, aber jetzt bin ich da. Es ist ein wunderschöner Abend, herrlich warm,
Weitere Kostenlose Bücher