Teufelstod: Band 2 (German Edition)
können? Was auch immer dahintersteckte, sie hatte nicht vor, es herauszufinden. Daher legte sie sich noch etwas mehr ins Zeug und umklammerte mit aller Kraft den Lenker, um nicht ins Rutschen zu kommen.
Die Erleichterung war groß, als sie die hochgewachsene Gestalt mitten auf dem Weg stehen sah, auch wenn sie durch ihr plötzliches Auftauchen kurz zusammengezuckt war. Manchmal fiel es ihr schwer zu glauben, dass Jophiel tatsächlich ein gewöhnlicher Mensch war – so gewöhnlich, wie man sein konnte, wenn man nicht auf Erden geboren, sondern einfach in die Dimension der Sterblichen geschickt worden war. So wie er dort stand, gleich einer Säule, die den Himmel am Einstürzen hinderte, wirkte er wahrhaftig wie ein Engel. Sein schlanker Körperbau wurde durch den dunklen Mantel noch unterstrichen und das blonde – nein, man musste sagen goldene – Haar schien selbst hier im Schatten zu leuchten. Emily wäre nicht verwundert gewesen, hätten sich auf einmal riesige Flügel hinter ihm ausgebreitet und das Bild perfektioniert.
»Alles gut gegangen?«, fragte der Ex-Engel, als sie schlitternd neben ihm zum Stehen kam. Er sah an ihr vorbei den Pfad entlang. »Keine Höllenhunde?«
Emily stieß die Luft aus. »Tja, wie du siehst, weile ich jedenfalls noch unter den Lebenden und bin nicht wahnsinnig geworden.«
»Dann lass uns sehen, dass das auch so bleibt.« Mit einer eleganten Handbewegung forderte er sie auf, mitzukommen, und so stieg Emily von ihrem Fahrrad ab und ging neben ihm her.
»Was hast du eigentlich vor, wenn diese Biester auftauchen? Oder was hättest du gemacht, wenn dir in der Nacht eins untergekommen wäre?«
Jophiel warf ihr von der Seite einen Blick zu, dann öffnete er wortlos seinen Mantel und gab den Blick frei auf eine Halskette. Als Emily das Amulett genauer betrachtete, stellten sich ihr sofort die Härchen im Nacken auf. Solch ein Amulett hatte sie damals in die Hölle geführt – und auch wieder heraus. Sie kannte diese Art von Schmuck und wollte lieber nichts mehr damit zu tun haben.
»Na ja«, brummte sie nur schulterzuckend. »Solange das Ding uns nützt …«
»Das tut es.« Jophiel ließ das Amulett wieder unter seinem Gewand verschwinden. »Die Höllenhunde meiden es.« Er grinste, was bei dem stets so ernsten Gesicht irgendwie merkwürdig aussah. »Auch wenn das Amulett bei gewöhnlichen Menschen seine Kraft verliert.«
»Und du bist kein gewöhnlicher Mensch?«
Jophiel sah zu ihr hinab, und das Lächeln, das seine vollen Lippen umspielte, war ihr ganz und gar nicht geheuer. »Nun«, sagte er und blickte abermals in Richtung Haus. »Wer ist schon gewöhnlich?«
Emily blinzelte verwirrt, wollte jedoch lieber nicht nachhaken. »Aber Luzifers Amulett hat bei mir gewirkt. Er brachte mich damit in die Hölle. Und Damians Amulett ließ mich zurückkehren. Obwohl ich nur ein gewöhnlicher Mensch bin.«
»Ja, aber es hatte eine Verbindung mit Luzifer und Damian. Sie trugen die andere Hälfte, es war gebrochen, das ist etwas anderes. Das Amulett muss immer mit demjenigen in Verbindung stehen, dem es verliehen wurde.«
»Dann muss ich mich wohl weiterhin auf den Kreuzanhänger verlassen.«
Jophiel nickte. »Ja, das Kreuz scheint seinen Nutzen zu haben, schließlich haben die Höllenhunde dich bisher noch nicht angegriffen.«
»Na, hoffentlich bleibt das auch so.«
Der restliche Weg wurde von Schweigen beherrscht, das schwer an Emilys Nerven zehrte. Wann hörte das alles endlich auf? Sie wollte mit den ganzen Himmel- und Höllenangelegenheiten nichts mehr zu tun haben. Sie wollte einfach nur normal sein, normal leben, normal empfinden. Was war daran bloß so schwer?
Normal war zumindest dieses unerträgliche Bauchflattern, das sie quälte, als sie durch die Eingangstür in das wohlig beheizte Haus eintrat und sich sogleich wie eine Fremde vorkam. Dabei war doch alles wie immer. Sie war schon so oft hier gewesen. Früher, um mit Mandy zusammen zu sein, dann mit Will, doch jetzt, wo sie von ihrem Freund erwartet wurde, schienen die Wände Augen und Ohren bekommen zu haben, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten.
Es fiel ihr schwer, sich die Anspannung nicht anmerken zu lassen, also warf sie ihren Rucksack neben der Treppe auf den Boden und ging besonders lässig ins Wohnzimmer.
»So«, erklärte sie und ließ sich in den Fernsehsessel fallen, in sicherer Entfernung von Will und Damian. »Wie ihr seht: Ich lebe noch.«
Will ließ seinen prüfenden Blick über sie gleiten und
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