Teufelswasser
wieder streng logisch und daher etwas kaltschnäuzig: «Ein Täter wäre nur so lang damit beschäftigt, bis sich das Mehrheitsverhältnis zu seinen Gunsten neigt.»
«Aber Margarete hat ja für den Verkauf gestimmt! Und wenn wir sie zur Leiterin gewählt hätten, hätte sie mit ihrem Veto-Recht eine den Verkauf ablehnende Entscheidung blockieren können. Mit ihrem Tod hat sich also, nach Ihrer Theorie, Herr Laubmann, die Lage keineswegs zugunsten des Täters gewendet. Außerdem: Warum wurde dann Margaretes Bruder umgebracht? Er hatte gar kein Stimmrecht bei uns.»
Philipp Laubmann tat so, als müsste er Gabrielas Argumente gedanklich verarbeiten. Er schwieg jedoch, weil ihm eines klar geworden war: Sie wusste nicht, dass die Getöteten keine Zwillinge waren. ‹Oder verstellt sie sich etwa? Und wenn ja, wieso?› – Philipp zog es vor, Gabriela Schauberg noch nicht zu informieren.
Hinsichtlich seiner Mutmaßungen gab er allerdings nicht nach, selbst wenn sie ihr nicht gefielen. «Ich meine, es könnte sehr wohl so etwas wie ein interner Machtkampf dahinterstecken.»
«Niemals! Sie kennen eben unsere Gemeinschaft nicht wirklich, was ich sehr bedauere. Wir fühlen uns, egal wie eine Entscheidung ausfällt, zur Zusammengehörigkeit verpflichtet. Und wir haben Gehorsam gelobt. Im Übrigen, Herr Laubmann, wir sind nur Frauen im Säkularinstitut; und das war ein Mann, der mich mit dem Messer angegriffen hat. Das führt Ihre Neid- oder Machtkampf-Theorie ad absurdum.»
«Ich habe eine Unterstützung von außerhalb, die ein Täter oder eine Täterin gehabt haben könnte, in meinen Erwägungen nie ausgeschlossen.»
Gabriela wollte die unergiebige Diskussion beenden und machte darum innerlich einen Schritt auf Laubmann zu. «Mir ist vorhin auf meinem Weg hierher auch etwas eingefallen: Margarete und Reinhold Müller hatten einen sehr engen Freund, der ab und zu sogar im Säkularinstitut war. Der müsste in der Nähe von Bamberg wohnen. Den Namen und die Adresse finde ich heraus. Mag doch sein, dass er Antworten auf die eine oder andere unserer Fragen hat.»
Philipp Laubmann horchte auf. «Das könnte ein neuer Ansatzpunkt sein.»
«Ich möchte», sagte Gabriela vertraulich, «nach dem, was heute Nacht passiert ist, sowieso liebend gerne weg von hier. Wenn Sie mich begleiten mögen, könnten wir ihn zusammen besuchen.»
«Das würde ich gerne. In der nächsten Woche mal. Ich hab allerdings am Montag eine Verabredung mit Herrn Lürmann. Aber bald danach bestimmt; von Bamberg aus, oder auch von hier aus. Falls Sie's noch so lange in Bad Kissingen aushalten.»
Und da Gabriela Schauberg nach wie vor sehr blass aussah, drängte Laubmann sie, gleich heute einen Arzt aufzusuchen; «damit sich Ihre Herzbeschwerden nicht verschlimmern.»
Sie stellten ihre Gläser ab, aus denen sie kaum getrunken hatten. Die Brunnen- und die Wandelhalle waren jetzt geöffnet worden, und einige Kurgäste, denen eine Trinkkur verordnet war, kamen herein. Sie interpretierten die annähernd vollen Gläser, die Laubmann und Schauberg stehengelassen hatten, im Sinne der Unbekömmlichkeit, weshalb sie sich nur sehr zögerlich an die Wasserausgabe herantrauten.
XXV
AM HEUTIGEN MONTAG HATTE LÜRMANN zwei Dienstfahrten zu absolvieren: nach Frankfurt am Main und nach Oberbirnenbach im Steigerwald. In Frankfurt war der Bauunternehmer Friedolin Engel, in Oberbirnenbach die Mineralwasserproduzentin Elli Hartlieb zu befragen. Am selben Tag wollten Glaser und Vogt in Bamberg bei Dr. Anselm Walther und dessen Kompagnon Peter Weisinger eine Befragung zu den Mordfällen durchführen. So sollten die Aussagen aller am Kauf des ehemaligen Wasserschlosses Interessierten aktenkundig werden.
Glaser hatte bereits am gestrigen Sonntag bei Lürmann in Bad Kissingen angefragt, ob es ihm etwas ausmache, alleine unterwegs zu sein, was Lürmann verneint hatte. Doch der hatte, ohne Glaser oder Vogt zu informieren, wieder mal Philipp Laubmann mitgenommen. Und das nicht nur zur Unterhaltung. Die akademisch-kriminalistische Sichtweise seines theologischen Bekannten war nun mal in früheren Fällen so förderlich gewesen, dass er ungern darauf verzichten wollte.
Philipp seinerseits hatte sich Kommissar Ernst Lürmann natürlich gern angeschlossen. Wie immer plagte ihn die Neugier. Das Verhalten der Verdächtigen, ihre Ausreden und Rechtfertigungen, das beschäftigte ihn bei solch schweren Kriminalfällen andauernd, denn er glaubte, dar in am besten die Moral der Menschen
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