Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
Nummernschild fehlte; das vordere wahrscheinlich auch. Lee hatte offenbar daran gedacht, sie abzumontieren, bevor er Ig aus dem Hochofen gezerrt und den Gremlin in Brand gesteckt hatte. Die Polizei wusste nicht, was sie da gefunden hatte - noch nicht.
    Ig bahnte sich einen Weg zwischen den Bäumen hindurch und ließ sich schließlich auf den Felsen oberhalb einer steilen Böschung nieder, um die Sandbank durch die Kiefern aus einer Entfernung von vielleicht zehn Metern zu beobachten. Erst als er direkt unter sich ein leises Lachen vernahm, warf er einen beiläufigen Blick über den Rand und
sah Sturtz und Posada in voller Uniform nebeneinanderstehen; sie pissten in die Büsche, wobei jeder den Schwanz des anderen hielt. Als sie sich dann küssten, musste sich Ig an einem Ast festklammern, um nicht von den Felsen hinunter auf sie draufzufallen. Er schob sich ein Stück weit zurück, so dass er die beiden nicht mehr sehen konnte.
    Jemand rief: »Sturtz! Posada! Verdammte Scheiße, wo steckt ihr denn? Jemand muss auf die Brücke hoch!« Ig hörte ein Flüstern und ein Rascheln, während die beiden Männer ihre Kleider in Ordnung brachten. Posada lachte, und dann hasteten sie davon. Ig spähte ihnen über den Felsrand nach, bis sie verschwunden waren. Er hatte sie aufeinanderhetzen wollen und nicht einander in die Arme, aber überrascht war er eigentlich nicht. Vielleicht war es einfach so, dass jede Sünde die wahren Gefühle eines Menschen ans Licht brachte, manchmal zum Guten, manchmal zum Schlechten, und selbst der Teufel konnte daran nichts ändern.
    Ig kletterte ein Stück den Hang hinauf, von wo er eine bessere Sicht auf die Sandbank und die Brücke hatte, und in dem Moment entdeckte er Dale Williams. Merrins Vater stand am Geländer unter den Schaulustigen, ein Mann mit teigigem Gesicht und einem Bürstenhaarschnitt. Wie immer trug er ein kurzärmeliges gestreiftes Hemd.
    Der Anblick des verkohlten Wagens schien Dale völlig in Beschlag zu nehmen. Er lehnte auf dem verrosteten Geländer, die Wurstfinger ineinander verhakt, und starrte ihn mit ausdrucksloser Miene an. Die Bullen mochten noch nicht wissen, was sie da an Land gezogen hatten, aber Dale wusste es ganz bestimmt. Dale kannte sich mit Autos aus, kaufte und verkaufte sie seit zwanzig Jahren, und diesen Wagen kannte er gut. Er hatte ihn Ig nicht nur verkauft, er hatte
ihm auch geholfen, ihn herzurichten, und er hatte ihn sechs Jahre lang fast jeden Abend in seiner Einfahrt stehen sehen. Ig hatte keine Ahnung, was Dale denken mochte, während er von der Brücke herunter den vom Feuer verkohlten Gremlin anstarrte, in dem seine Tochter, wie er glaubte, unmittelbar vor ihrem Tod gesessen hatte.
    Auf der ganzen Länge der Brücke waren Autos geparkt. Dale stand an ihrem östlichen Ende. Ig machte sich daran, den Hügel zu überqueren und lief zwischen den Bäumen hindurch in Richtung Straße.
    Auch Dale hatte sich in Bewegung gesetzt. Eine ganze Weile hatte er nur dagestanden und das ausgebrannte Gerippe des Gremlin angestarrt, aus dem noch immer das Wasser lief. Der Anblick eines Polizisten hatte ihn schließlich aus seiner Trance gerissen - Sturtz war offenbar abkommandiert worden, um die Schaulustigen zu vertreiben. Dale drängte sich an den anderen Leuten vorbei und stapfte behäbig von der Brücke herunter.
    Als Ig den Straßenrand erreichte, entdeckte er Dales Wagen - ein blauer BMW. Er parkte auf der Standspur im Schatten einiger Tannen. Ig trat entschlossen aus dem Wald, kletterte auf den Rücksitz und schloss die Tür. Da saß er nun mit der Mistgabel auf dem Schoß.
    Die Heckfenster waren getönt, aber das spielte kaum eine Rolle. Dale hatte es eilig und schaute nicht auf den Rücksitz. Ig konnte nachvollziehen, dass er nicht gesehen werden wollte. Auf einer Liste der Leute in Gideon, die Ig Perrish den Tod an den Hals wünschten, stand Dale ganz weit oben. Der Autoverkäufer öffnete die Tür und ließ sich hinters Steuer fallen.
    Mit einer Hand nahm er die Brille ab, mit der anderen bedeckte er die Augen. Für eine Weile saß er einfach nur da,
und sein Atem ging flach und stoßweise. Ig wartete - er wollte ihn nicht stören.
    Auf dem Armaturenbrett klebten Bilder; eines von Jesus, ein Ölgemälde des Heilands mit goldenem Bart, die goldenen Haare nach hinten gekämmt, wie er beseelt himmelwärts blickte, während goldene Lichtstrahlen hinter ihm durch die Wolken brachen. Selig sind die Trauernden, stand darunter, denn sie werden getröstet werden .

Weitere Kostenlose Bücher