Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
hörte er stromabwärts plötzlich Stimmen. Nach einer Weile heulte in der Ferne kurz eine Polizeisirene.
    Ig kletterte wieder den Hügel hinauf, um sich anzuziehen. Alles, was er zur Gießerei mitgenommen hatte, war in seinem Gremlin verbrannt. Aber er erinnerte sich an die modrigen alten Kleider, die in den Ästen der Eiche am oberen Ende des Evel-Knievel-Hangs hingen: ein fleckiger schwarzer Mantel mit zerschlissenem Futter, eine einzelne schwarze Socke und ein blauer Rüschenrock, der einem Madonna-Video aus den frühen Achtzigern entsprungen sein musste. Ig zerrte die schmutzigen Kleider von den Ästen und zog sich den Rock bis zu den Hüften hoch. Dabei musste er an das Verbot im Fünften Buch Mose denken - einem Mann sei es nicht gestattet, Frauenkleider zu tragen, hieß es da, denn jeder, der das tue, sei dem Herrn ein Gräuel. Ig nahm seine Pflichten als aufstrebender junger Höllenfürst sehr ernst. Wer A sagt, muss auch B sagen, dachte er bei sich. Allerdings zog er sich unter dem Rock die Socke über, denn es war ein kurzer Rock, und er schämte sich. Als Letztes schlüpfte er in den schwarzen Mantel aus steifem Öltuch.
    Dann machte sich Ig auf den Weg. Das blaue Kleid umspielte seine Oberschenkel und fächelte seinem nackten roten Hintern Luft zu; die Mistgabel schleifte er mit den Zinken nach unten hinter sich her. Er hatte den Waldrand noch nicht erreicht, als er zu seiner Rechten etwas Goldenes im Gras blitzen sah. Er wandte sich um und suchte nach dem Ursprung, und es blinkte und blinkte immer wieder, ein heißer Funke im Unkraut, der ihm eine dringliche, sehr einfache
Botschaft schickte: Hier drüben, du Trottel, hier drüben! Er bückte sich und hob Merrins Kreuz auf. Es hatte den ganzen Morgen in der Sonne gelegen und fühlte sich warm an; die Oberfläche war mit Tausenden von winzigen Kratzern übersät. Ig hielt es sich an Mund und Nase, stellte sich vor, dass es noch immer ihren Geruch verströmte, aber es roch nach rein gar nichts. Die Schließe war kaputt. Er hauchte sie an und bog den zierlichen goldenen Reif wieder gerade. Einen Moment lang betrachtete er die Kette und legte sie sich dann um den Hals. Halb erwartete er, dass sich das Kreuz in die rote Haut auf seiner Brust einbrennen würde, aber nichts dergleichen geschah. Natürlich - nichts, was einmal ihr gehört hatte, konnte ihm Schaden zufügen. Ig atmete tief die frische Morgenluft ein und setzte seinen Weg fort.
    Sie hatten den Wagen gefunden. Die Strömung hatte ihn durch das Sumpfgebiet hindurchgetragen, und er war auf der anderen Seite auf der Sandbank unterhalb der Old Fair Road Bridge hängen geblieben, wo die Kids wie jedes Jahr demnächst ein riesiges Lagerfeuer anzünden würden, um das Ende des Sommers zu feiern. Der Gremlin sah aus, als hätte er versucht, sich aus dem Fluss hinauszukatapultieren - seine Vorderräder hatten sich in den weichen Sand gegraben, das Heck befand sich noch unter Wasser. Ein paar Streifenwagen und ein Abschleppfahrzeug waren ein Stück weit auf die Sandbank gefahren. An der Schotterböschung unterhalb der Brücke parkten weitere Autos - noch mehr Polizisten, aber auch Schaulustige aus der Gegend. Auf der Brücke selbst war der Verkehr zum Stillstand gekommen, und die Leute standen am Geländer und starrten hinunter. Das Knistern und Brabbeln des Polizeifunks erfüllte die Luft.

    Der Gremlin hatte sich völlig verwandelt. Die Farbe war abgeplatzt, und die Karosserie darunter war schwarz. Ein Polizist in hüfthohen Gummistiefeln öffnete die Beifahrertür, und Wasser strömte heraus. Ein Zwergschwarzbarsch wurde von der Sturzflut mitgerissen und landete mit lautem Klatschen im nassen Sand; seine Schuppen schimmerten in der spätmorgendlichen Sonne. Der Polizist beförderte ihn mit einem Tritt in den Fluss zurück, wo er davonflitzte.
    Ein paar Uniformierte standen in einem Grüppchen beieinander, tranken Kaffee und lachten. Dem Wagen schenkten sie weiter keine Beachtung. Gesprächsfetzen hallten, von der klaren Morgenluft getragen, zu Ig herüber.
    »… Scheißkarre ist das? Ein Civic vielleicht?«
    »… Ahnung. Irgend so ein altes Mistding.«
    »… als hätte jemand beschlossen, das Feuer ein paar Tage vorzuziehen.«
    Ihr ganzes Auftreten strahlte sommerlich gute Laune und maskuline Gleichgültigkeit aus. Als der Abschleppwagen den Gang einlegte und langsam vorwärtsrollte, um den Gremlin aus dem Fluss zu ziehen, strömte Wasser aus den zertrümmerten Heckfenstern. Ig sah, dass das hintere

Weitere Kostenlose Bücher